Montag, Januar 27

Der Signa-Gründer wurde diese Woche überraschend festgenommen. Die Behörden gehen von einem dringenden Tatverdacht aus. Für ihre Erkenntnisse haben sie auch die Kommunikation von Benko überwacht.

Lange schien René Benko unantastbar. Doch plötzlich geht alles Schlag auf Schlag: Der insolvente Immobilienunternehmer sitzt im Gefängnis. Am Donnerstagmorgen wurde er in seiner Villa nahe Innsbruck festgenommen, und bereits am Freitagnachmittag bestätigte das Wiener Landesgericht die Untersuchungshaft gegen ihn. Bei der Einvernahme machte der Signa-Gründer keine Angaben zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen.

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Wieso erst jetzt?, fragen sich nicht nur in Österreich viele. Dass in Fällen von Wirtschaftsdelikten Untersuchungshaft verhängt wird, ist nach Ansicht von Rechtsexperten ungewöhnlich. Dies deutet jedoch darauf hin, dass die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) stichhaltige Beweise gegen Benko gesammelt hat. Ermittelt hat sie schon länger, so fanden etwa im Sommer 2024 in der Innsbrucker Villa und an anderen Orten Hausdurchsuchungen statt.

Sollten weitere Vermögenswerte verschoben werden?

Die konkreten Gründe, weshalb die Österreicher gerade jetzt zugeschlagen haben, sind bislang nicht bekannt. Die Festnahme erfolgte wegen «Tatbegehungsgefahr wie auch Verdunklungsgefahr». Die Ermittler gehen also davon aus, dass Benko weitere Straftaten begehen könnte, solange er auf freiem Fuss bleibt. Laut der Staatsanwaltschaft wurde in den letzten Monaten Benkos Telefon überwacht, zudem wurde sein Nachrichtenverkehr ausgewertet. Die Ergebnisse der Überwachungen dürften laut Beobachtern der Auslöser für die plötzliche Festnahme gewesen sein.

Das überrascht insofern, als es in Innsbruck zumindest teilweise bekannt war, dass die Kommunikation des Signa-Gründers abgehört wurde. In einem Podcast hat der ehemalige Tiroler Vizelandeshauptmann Georg Dornauer, der mit Benko bei einem Jagdausflug fotografiert wurde, vor kurzem gesagt, dessen Kommunikation werde abgehört. Daraus könnten sich etwa Hinweise ergeben haben, dass Pläne vorlagen, um Vermögen aus Benkos Stiftungen auf die Seite zu schaffen.

Benko soll nach seiner Privatinsolvenz sein Vermögen vor Gläubigern und Behörden versteckt haben. Die Ermittler werfen ihm unter anderem Untreue und Betrug vor. Auf Anfrage der «NZZ am Sonntag» schickt sein Anwalt ein knappes Statement zu der gegen Benko verhängten Untersuchungshaft: «Wir haben die Gerichtsentscheidung zur Kenntnis zu nehmen, möchten diese aber öffentlich nicht weiter kommentieren.» Die Verhaftung erfolgt mehr als ein Jahr nach der Insolvenz von Benkos Signa-Gruppe und fast ein Dreivierteljahr nach seiner Privatinsolvenz. Der Zusammenbruch der Signa ist eine der grössten Pleiten Europas. Die Schulden der undurchsichtigen Handels- und Immobiliengruppe aus mehr als tausend einzelnen Gesellschaften gehen in die Milliarden. Alleine gegenüber der Signa Prime, in der Benko seine wichtigsten Luxusimmobilien parkiert hatte, sind Forderungen von über zwölf Milliarden Euro angemeldet. Von Benko persönlich forderten seine Gläubiger zweieinhalb Milliarden Euro.

Mutter finanzierte den luxuriösen Lebenswandel

Offiziell lebt der Signa-Gründer seit seiner Insolvenz zwar von 3700 Euro pro Monat, die er als angestellter Vermögensverwalter in einer seiner Gesellschaften verdient. Sein Lebenswandel entsprach aber dem einer deutlich anderen Gehaltsklasse. Bis zu seiner Festnahme residierte Benko weiterhin in seiner teuren Villa, genoss Bootsfahrten auf dem Comersee und unternahm Jagdausflüge.

Finanziert wurde dies von seiner Mutter Ingeborg, die von Stiftungen profitiert, die René Benko einst gegründet hat. Er selbst ist offiziell nicht beziehungsweise nicht mehr der Begünstigte. 2013 hat er nach einer Verurteilung wegen Korruption seine Ämter bei der Signa zurückgelegt. Seit damals kommen die Ausschüttungen der Stiftungen anderen Mitgliedern seiner Familie zugute.

Besonderes Augenmerk legen die Ermittler auf die Laura-Privatstiftung, in der sie einen grossen Teil von Benkos Vermögen vermuten. Laut WKStA soll Benko «faktischer Machthaber und wirtschaftlicher Berechtigter» der Stiftung sein, wie sie in einer Aussendung schreibt. Das hätten die intensiven Ermittlungen in den vergangenen Monaten ergeben. Neben der Überwachung von Benkos Telefon und seiner elektronischen Kommunikation wurden auch Geschäftspartner und Mitarbeiter von ihm vernommen.

Beobachter vermuten schon lange, dass Benko das Geschehen in den Stiftungen kontrolliert. So hat etwa Wolfgang Peschorn, der Präsident der österreichischen Finanzprokuratur, im Interview mit der NZZ davor gewarnt, dass Benko mit seinen Stiftungen eine «Signa 2» aufbaue.

Vermögen aus der Stiftung beiseite geschafft

Der Stiftung, die Benko nach seiner ältesten Tochter benannt hat, gehören mehr als fünfzig Firmen an, darunter diverse Immobiliengesellschaften. Wie hoch das Vermögen ist, das sich zu diesem Zeitpunkt in der Laura-Privatstiftung befindet, ist unklar. Neben Mietshäusern in Innsbruck und Ostdeutschland gehören dazu etwa auch Prestigeobjekte, wie Benkos Villa in Igls, das Chalet N im Vorarlberger Skiort Lech am Arlberg, aber auch eine Kunst- und Autosammlung.

Viele dieser Unternehmen werden von Vertrauten Benkos geleitet, unter ihnen Manuel Pirolt, der ehemalige Finanzchef der Signa-Immobiliengesellschaften. Sie sorgen dafür, dass Benkos Geld auch in der Stiftung für ihn arbeitet, ohne dass er formal etwas zu sagen hat. Seit Benko im Frühling 2024 Privatinsolvenz angemeldet hat, gab es bereits verschiedene Verkäufe von Stiftungsvermögen, wie etwa die Luxusjacht «Roma», die gegen 25 Millionen Euro einbrachte.

Der Verdacht besteht, dass diese unter ihrem Wert verkauft und die Gläubiger damit geschädigt werden. Mitte Januar hat eine Gesellschaft, die zur Laura-Stiftung gehört, einen Picasso bei Sotheby’s für 11 Millionen Euro versteigert. Benko wollte dafür eigentlich 20 Millionen Euro haben, wie die österreichische Tageszeitung «Der Standard» berichtete.

Auch im Ausland wird gegen den Signa-Gründer ermittelt

Möglicherweise führte aber auch Druck aus dem Ausland zur Festnahme des Signa-Gründers. Anfang Dezember erliess die Staatsanwaltschaft der italienischen Region Trient einen europäischen Haftbefehl gegen den Immobilienmogul. Einer seiner Vertrauten, Heinz Peter Hager, der als Benkos Statthalter in Italien gilt, wurde sogar festgenommen.

Die italienischen Behörden werfen Benko vor, der Kopf einer kriminellen Vereinigung zu sein, die den Immobilienmarkt in Südtirol manipulierte. Damit war klar, dass auch die Italiener einiges in der Hand hatten gegen Benko, der nur deshalb auf freiem Fuss blieb, weil er in Österreich war und Österreich seine Staatsbürger nicht ausliefert. Mit dem Vorgehen der Italiener war Benko auch nochmals gewarnt, dass er überwacht wird.

Ermittelt wird aber auch in Deutschland. Wie es in der Aussendung der WKStA heisst, kooperieren die Staatsanwaltschaften von München, Berlin und Wien seit kurzem enger. Die Staatsanwaltschaft München hatte schon Ende 2023 ein Geldwäsche-Ermittlungsverfahren gegen den Signa-Gründer René Benko eingeleitet.

Vorerst verbleibt René Benko in Untersuchungshaft in Wien. Diese wird regelmässig überprüft, das erste Mal in zwei Wochen am 7. Februar. Das Gericht geht laut einer Aussendung von dringendem Tatverdacht aus und bestätigt den Antrag der Staatsanwaltschaft wegen Verdunkelungs- und Tatbegehungesgefahr. Da das Strafmass in Österreich für Untreue und Gläubigerschädigung bei mehr als fünf Jahren liegt, könnte die U-Haft auf maximal zwei Jahre ausgedehnt werden. Spätestens dann muss eine Anklage erfolgen.

Wie diese am Ende aussieht, ist unklar. Gelingt es den Ermittlern, nachzuweisen, dass es in den Stiftungen tatsächlich zu widerrechtlichen Vermögensverschiebungen gekommen ist, könnte es auch für andere aus dem Umkreis der Stiftungen, wie etwa Benkos Mutter, eng werden. Zum Beispiel wegen Beihilfe. Aber für die Gläubiger ist allein die Tatsache, dass die Behörden ihre Untersuchungen auf die Stiftungen ausweiten, eine gute Neuigkeit. Denn in diesen Stiftungen steckt sehr viel Geld.

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