Sonntag, Oktober 6

Mit einfacheren Mitteln als abends etwas Gutes zu schaffen, ist nicht einfach, aber möglich. Der Luzerner «Schlüssel» schafft dies – nicht zuletzt deshalb, weil das Gemüse mehr als anderswo überzeugt.

Der Franziskanerplatz befindet sich im Zentrum von Luzern, nur ein paar hundert Meter vom Bahnhof, vom KKL und vom dortigen sehr empfehlenswerten Restaurant «Lucide» entfernt. Hier müsste, wenn alles seinen logischen Gang ginge, ebenso viel Trubel herrschen wie an vielen anderen Orten der Stadt. Doch aus unerfindlichen Gründen biegen viele Besucher vorher ab, überlassen den Platz den Einheimischen und jenen Kennern, die abseits der Trampelpfade zu schauen wissen.

Den «Schlüssel» in Luzern haben wir bereits im Hotel-Rating der NZZ als eines der schönsten historischen Gasthäuser mit Zimmern der Schweiz gewürdigt. Es besitzt auf mehreren Ebenen zwar nicht viel Platz, aber jede Menge Charme. Seit kurzem steht es unter neuer Führung und tut gut daran, nicht nur weiter auf hübsche Übernachtungsgelegenheiten, zehn an der Zahl, sondern auch auf gute Gastronomie zu setzen. «Familia supra omnia» lautet der Zusatz zum Namen des Hauses, und was der bedeutet, kann man bei der Lektüre der Speisekarte erahnen.

Mittags steht die Unkompliziertheit im Vordergrund

Abends gibt es beispielsweise vier familiäre Gänge zu 78 Franken pro Person, stets nach Marktangebot zusammengestellt. Wir waren allerdings am Mittag da, genossen die zwar kleine, aber völlig ausreichende Lunch-Offerte, fanden das Preis-Leistungs-Verhältnis sehr stimmig. Für einen schön abgestimmten Salatteller mit Mangowürfeln, allerlei Kernen und gutem Dressing, ein perfekt gebratenes Flank-Steak mit Pommes frites und ungewöhnlich aromatischem und gut gegartem Gemüse (Erbsen und Erbsenpüree sowie Kohlräbli) sowie eine erfrischende, nur leicht süsse Erdbeercrème zahlten wir inklusive Wasser und Espresso nette 49 Franken.

So geht Mittagessen, dachten wir uns, und sind dann noch ein zweites Mal hingegangen, einfach nur, um eine Bratwurst zu geniessen. Wir fanden sie weit besser zubereitet als sonst üblich in Luzern, geschmacklich überzeugend, konnten ausserdem erneut die Qualität der Gemüsebeilage würdigen. Ein paar Ideen und gute Ausführung sowie ein sorgfältiger Einkauf der Grundprodukte genügen tatsächlich schon, um Gäste zufriedenzustellen.

Eine Weinkarte, die klug zusammengestellt wurde

Faire Preise weist auch die Weinkarte auf; sie ist nicht riesig, aber viel klüger als anderswo zusammengestellt. Keine Flasche wirkt so, als stände sie zufällig auf der Karte. Weder der Gutedel von Schlipf aus Baden noch der Alte-Reben-Riesling des Moselwinzers Roman Niewodniczanski. Für unter 100 Franken bekämen Kenner den herausragenden Grünen Veltliner von Christian Tschida aus dem Burgenland oder, falls Rotes gewünscht wäre, den Château d’Armailhac aus dem Bordelais. Glasweise gibt es ebenfalls einiges, auch das Bier ist gut ausgewählt.

Bleibt eigentlich nur die Frage, ob man nach dem Essen wieder aufbrechen oder sich vorsichtshalber nach einem Zimmer erkundigen sollte. Weil wir hier schon einmal übernachtet haben, garantieren wir, dass die letztere Entscheidung die beste ist. Abends ist der Franziskanerplatz noch idyllischer als tagsüber. Der Bahnhof und die anderen belebten Örtlichkeiten der Stadt wirken dann nochmals weiter entfernt.

Auf einen Blick

Adresse

Hotel und Restaurant Schlüssel, Franziskanerplatz 12, 6003 Luzern

Kosten

Hauptgerichte kosten mittags ab zirka 22 Franken, abends ab 36 Franken.

Bewertung

Küche: 6,5/10 (Mittagsangebot), Gastkultur: 7/10

Anmerkung: Die Bewertungen orientieren sich an der denkbaren Höchstnote von 10 Punkten. Die Note für die Küche betrifft ausschliesslich die Qualität der Speisen, jene für Gastkultur umfasst sämtliche übrigen Aspekte eines Restaurantbesuchs.

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