Der Parteirebell Hans Peter Doskozil hat bei der Wahl im östlichsten Bundesland Österreichs überraschend gut abgeschnitten – und stellt damit den Linkskurs der nationalen SPÖ infrage.
Sein Ziel hat Hans Peter Doskozil verpasst, und trotzdem ist er der Sieger der Wahl im Burgenland. Seine Sozialdemokraten verloren zwar mehr als drei Prozent und damit die absolute Mehrheit im Landtag des kleinsten österreichischen Bundeslandes. Weil die Grünen entgegen einigen Prognosen den Einzug in den Landtag schafften, haben FPÖ und ÖVP aber keine Mehrheit. Eine Koalition der beiden Parteien, wie sie mittlerweile in fünf der neun Bundesländer besteht, ist somit nicht möglich. Der Landeshauptmann kann sich stattdessen den Bündnispartner aussuchen. An seiner Macht dürfte sich damit wenig ändern.
Auch in den österreichischen Bundesländern ist ein Resultat von über 46 Prozent der Wählerstimmen mittlerweile ein Anachronismus. Doskozil erreichte es noch dazu in einer «schwierigen Situation» seiner Partei und trotz «starkem Gegenwind aus Wien», wie er am Wahlabend selber sagte. Er spielte damit zum einen auf das historisch schlechteste Ergebnis an, das die SPÖ bei der nationalen Wahl Ende September hatte hinnehmen müssen, sowie auf die zu Jahresbeginn gescheiterten Koalitionsgespräche mit der ÖVP und den Liberalen. Damit platzte die Hoffnung der einst staatstragenden Partei, nach sieben langen Jahren in der Opposition wieder an die Macht zu kommen.
Doskozil kann FPÖ-Wähler für sich gewinnen
Bei den letzten Urnengängen mussten die Regierungsparteien teilweise krachende Niederlagen hinnehmen, während die rechtspopulistische FPÖ Sieg an Sieg reihte. Das gilt zwar auch für das Burgenland, aber Doskozil konnte die Verluste in Grenzen halten. Die Freiheitlichen erhielten trotz dem prominenten Spitzenkandidaten Norbert Hofer nur halb so viele Stimmen wie die SPÖ. Von den burgenländischen FPÖ-Wählern bei der Nationalratswahl vor knapp vier Monaten konnte Doskozils Partei nun sogar mehr als einen Viertel für sich gewinnen.
Das zeigt zum einen Probleme auf, die die SPÖ auf Bundesebene hat: Der Linkskurs, auf den der seit anderthalb Jahren amtierende Vorsitzende Andreas Babler die Partei eingeschworen hat, funktioniert offenkundig nicht in der Breite. Obwohl die Regierungsparteien im September einbrachen, stagnierte die SPÖ. Bablers fehlende Kompromissfähigkeit in den Koalitionsverhandlungen kostete die Partei zudem die Regierungsbeteiligung, wenn man den Vorwürfen von ÖVP und Liberalen glaubt.
Zum anderen ist das Ergebnis aber auch ein ganz persönlicher Erfolg Doskozils, der sich als Anführer des pragmatischen Flügels der Partei positioniert hat. Der ehemalige Polizeichef des Burgenlands fiel in der Flüchtlingskrise von 2015 erstmals national auf, als er den Zustrom über die ungarische Grenze in sein Bundesland empathisch und effizient bewältigte. Kurz darauf wurde er Verteidigungsminister, wechselte 2018 aber als Nachfolger des scheidenden Landeshauptmanns zurück ins Burgenland, wo er bei der Wahl 2020 die absolute Mehrheit gewann.
Mit seiner Prägung im Bereich der Sicherheit ist Doskozil ein Verfechter von Law and Order und einer restriktiven Migrationspolitik. Seit Jahren kritisiert er die Bundespartei für ihren seiner Ansicht nach zu laschen Kurs. Zermürbt davon, forderte ihn die damalige Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner 2023 zu einem Duell um die Führung heraus – aus dem nach einem chaotischen Prozess letztlich Babler als lachender Dritter hervorging. Dass Doskozil wegen einer Excel-Panne zunächst als Sieger ausgerufen wurde und zwei Tage lang als Parteichef galt, half nicht, das gespannte Verhältnis mit Wien zu verbessern.
Seit dieser Niederlage betont Doskozil, keine bundespolitischen Ambitionen mehr zu haben, gibt aber gleichzeitig immer wieder zu verstehen, dass er es besser machen würde. Verbreitet herrscht die Einschätzung, dass mit dem Burgenländer rasch eine Einigung auf eine Dreierkoalition möglich gewesen wäre. Mit Blick auf die Bereiche Sicherheit, Migration und Integration mag das stimmen, allerdings hat die SPÖ da in den letzten Jahren insgesamt einen Schwenk gemacht und war dem Vernehmen nach auch in den Regierungsverhandlungen zu mehr Restriktionen bereit.
Im Burgenland mischt der Staat fleissig mit
In der Wirtschafts- und Sozialpolitik verfolgt dagegen auch Doskozil einen pointiert linkspopulistischen Kurs, der mittlerweile als «Doskonomics» bezeichnet wird. Das Bundesland kauft dafür Grundstücke und Liegenschaften, steigt bei privaten Unternehmen ein, betreibt eine Buslinie und eine Plattform für Hochzeitsplanung. Pflegende Angehörige können sich anstellen lassen, und das Land zahlt seinen Bediensteten einen hohen Mindestlohn von fast 2300 Euro. Der Preis für diesen Etatismus sind laut der Opposition hohe Schulden und Intransparenz.
Sind Härte bei der Migration und eine linke Wirtschaftspolitik auch auf Bundesebene ein Erfolgsrezept? Ganz so einfach ist es wohl nicht. In städtischen Milieus, die es im Burgenland nicht gibt, schnitt Babler im September gut ab. Was man Doskozil aber nicht absprechen kann, sind ein klares Profil, Gestaltungswille und «aktive Führung», wie es ein bekannter Wahlforscher formulierte. Das fehlt der nationalen SPÖ derzeit – wobei Doskozil mit seinen Störfeuern dafür eine Mitverantwortung trägt.
Bis Ende April wird die Führungsfrage gleichwohl vertagt: Dann wählt mit Wien das für die SPÖ mit Abstand wichtigste Bundesland. Danach wird die Partei aber rasch klären müssen, ob Babler noch der richtige Mann an der Spitze ist oder ob jemand aus dem Doskozil-Lager mehr Erfolg verspricht.