Samstag, November 23

Fintech-Pionier Revolut will den Vorsprung auf Schweizer Neobanken ausbauen. Ein Lohnkonto ist jedoch noch immer nicht zu haben.

Das Angebot an Finanz-Apps ist mittlerweile gross. Schweizer Anbieter wie Neon, Yuh oder Zak bieten Kunden nutzerfreundliche und kostengünstige Bankdienstleistungen an. Per App kann man so auf dem Handy fast alle täglichen Bankgeschäfte erledigen.

Die bis dato erfolgreichste App ist aber eine ausländische: Revolut. Diese war ab Ende 2017 als erste Finanz-App einer Neobank in der Schweiz erhältlich. Sie hat ihren Spitzenplatz bis heute gehalten. 900 000 Leute nutzen in der Schweiz die App nach Angaben des Unternehmens. Keine andere Neobank ist bekannter.

Das erstaunt wenig, Revolut gilt als Pionierin unter den Finanz-Apps. Seit der Gründung 2015 durch den russischen Banker Nikolay Storonsky und den ukrainischen Software-Entwickler Vlad Yatsenko hat Revolut 45 Millionen Privatkunden weltweit gewonnen. Schweizer Anbieter zählen jeweils nur einige hunderttausend Kunden.

Immer noch kein Lohnkonto erhältlich

Nun will Revolut die starke Marktstellung in der Schweiz mit einem stark erweiterten Produktangebot ausbauen. Für die einheimischen Neobanken könnte es ungemütlich werden, denn Revolut ist mit einem Marktanteil von rund 17 Prozent bereits die meistgenutzte Finanz-App – vor Yuh, Neon, CSX und Zak.

«Wir wollen Revolut zur Hauptbank ausbauen. Es soll nicht nur eine Karte sein, um in die Ferien zu fahren», sagt Wiktor Stopa, der Verkaufsleiter für Westeuropa bei dem Fintech-Unternehmen. Bislang war Revolut vor allem als kostengünstige Debitkarte bekannt, die gerne im Ausland für Zahlungen in Fremdwährungen eingesetzt wird.

Im Inland war das Angebot aber eingeschränkt. Revolut bot keine Schweizer Konti an, alles lief über die britische Muttergesellschaft. Ein Lohnkonto konnte man bei der Neobank nicht halten, Zahlungen müssen über den Partner Postfinance abgewickelt werden. Zudem kostet das Einzahlen auf ein ausländisches Revolut-Konto Gebühren, was Kunden verärgert. Das gab der Schweizer Konkurrenz einen Vorteil.

Revolut-Nutzer werden zu Kunden einer litauischen Bank

Revolut will das nun ändern. Damit die Fintech-Firma aber zu einer Hausbank werden kann, über die gezahlt, gespart und angelegt werden kann, hat sie sich neu aufgestellt. Dafür müssen bestehende Nutzer zu Kunden der in Litauen zugelassenen Revolut Bank UAB werden. Diese hat wiederum in der Schweiz eine Niederlassung in Zürich gegründet, mit Bewilligung der Finanzmarktaufsicht (Finma).

Revolut Bank UAB ihrerseits wird durch die Europäische Zentralbank und die litauischen Behörden überwacht. Es gelten die Bestimmungen der dortigen Einlagensicherung. Diese decken Anlagen aber nur bis zu 22 000 Euro ab. Einlagen bei Schweizer Banken sind bis zu einem Betrag von 100 000 Franken abgesichert.

Revolut ist seit 2017 in der Schweiz aktiv, doch erst seit vergangenem Dezember sind Angestellte hier. Bis Ende Jahr sollen es zehn sein. Dank der bekannten Marke wuchs die Fintech-Firma trotzdem schnell. Die Nachfrage ist gemäss Unternehmen immer noch hoch, täglich kommen 700 neue Nutzer dazu – und auch Unternehmen nutzen die App, mittlerweile sind es 10 000.

In den vergangenen Wochen haben Schweizer Anbieter wie Swissquote oder Yuh ihre Angebote ausgeweitet, etwa mit bisher kaum erhältlichen ETF-Sparplänen. Diese Bemühungen seien für Revolut jedoch nicht ausschlaggebend für die Produktoffensive gewesen: «Was die Konkurrenz macht, ist uns nicht so wichtig», sagt Stopa, der das Wachstum in Europa vorantreiben soll. Bei den Download-Rankings sei Revolut bereits top, starkes organisches Wachstum sei vorhanden.

Endlich Wettbewerb bei ETF-Sparplänen

Das Investmentangebot sei einfach der nächste Hebel, der in der Schweiz Wachstum bringen werde, so Stopa. Revolut will in einem ersten Schritt Zugang zu 3000 europäischen und amerikanischen Aktien sowie ETF gewähren. Schweizer Aktien sollen erst später dazukommen.

Aber bei Alltagsgeschäften kann Revolut noch nicht mit den Schweizer Finanz-Apps mithalten. Zwar sind Inlandzahlungen möglich, aber das wichtige Lohnkonto ist noch immer nicht zu haben. Auch etablierte Banking-Dienste wie e-Bill oder Twint gibt es noch nicht. Gespräche seien am Laufen, um das Angebot für die Schweiz zu «lokalisieren».

«Revolut will in allen Ländern das gleiche Produkt anbieten», sagt Stopa. Dazu gehört auch ein Robo-Advisor – das ist automatisierte, digitale Vermögensverwaltung. Zusätzlich soll «zeitnah» ein kostenfreies Angebot mit ETF-Sparplänen folgen. Diese seien in Deutschland schon lange etabliert und schwappen nun in die Schweiz und nach Österreich hinüber. Die ETF-Sparpläne werden kostenfrei sein, man sehe eine Marktlücke. «Wir haben keine Bestandsprodukte, die wir schützen müssen», sagt Stopa.

Tatsächlich ist in jüngster Zeit in der Schweiz Bewegung in den Markt für ETF-Sparpläne gekommen. So haben Neon, Yuh, Saxo Bank, Swissquote und jüngst auch Postfinance neue ETF-basierte Sparplanangebote lanciert. Das Fonds-Angebot und die Gebühren dieser «kostenfreien» Sparpläne unterscheiden sich aber wesentlich. Revolut dürfte den Wettbewerb weiter befeuern.

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