Samstag, September 28

Bernard Arnault hält privat einen kleinen Anteil am Schweizer Luxusgüterkonzern. Unabhängig davon, was seine Pläne sind – und ob sie aufgehen – spiegelt die Neuigkeit die Kräfteverhältnisse im Sektor.

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Es ist ein offenes Geheimnis: Bernard Arnault mag Richemont.

Der CEO des französischen Luxusgüterkonzern LVMH mag Richemont dermassen, dass er – angeblich rein privat – eine Beteiligung am Schweizer Unternehmen und Mitbewerber gekauft hat. Dies sagte er gegenüber Bloomberg in einem Porträt über ihn.

Die Aktien von Richemont reagierten prompt mit einem kräftigen Gewinn.

Ebenfalls ein offenes Geheimnis ist: Johann Rupert will keine Einflussnahme von aussen.

Der 74-Jährige hat in den vergangenen Jahren erfolgreich jegliche Avance abgewendet. Als exekutiver Verwaltungsratspräsident ist er weiterhin der starke Mann an der Spitze von Richemont. Dabei helfen ihm die Besitzverhältnisse respektive Aktionärsrechte. Rupert hält zwar nur rund 10% des Kapitals, kontrolliert aber über alle Aktienklassen hinweg 51% der Stimmen.

Der letzte Versuch liegt knapp zwei Jahre zurück. Im Sommer 2022 hatte Bluebell Capital einen Angriff auf den Schweizer Konzern lanciert und eine neue Zusammensetzung des Verwaltungsrats gefordert. Der aktivistische Investor selbst portierte Francesco Trapani, einst Chef der zweitgrössten LVMH-Schmuckmarke Bulgari, als neues VR-Mitglied. Schon damals war für Rupert klar, dass Arnault hinter dem Vorhaben stand. Das Vorhaben scheiterte kläglich.

Cartier im Fokus

Von besonderem Interesse für die nach Umsatz rund viermal grössere LVMH ist die Schmuckmarke Cartier. Tatsächlich ist sie der entscheidende Treiber hinter dem Erfolg Richemonts in den vergangenen Jahren. Der Umsatz dürfte mittlerweile etwa die Hälfte des Gesamterlöses von knapp 21 Mrd. € (2023/24) ausmachen. Kein anderes Maison übt eine derartige Strahlkraft aus, nicht einmal Tiffany & Co. von LVMH – das weiss auch Arnault.

Und für den ebenfalls schon 75-jährigen Franzosen ist privat immer auch geschäftlich. Zumal LVMH und der Name Arnault untrennbar miteinander verbunden sind; die Arnault-Gruppe hält laut Angaben vom Mai dieses Jahres 48,6% des Kapitals und 64,3% der Stimmen des Konzerns. Ein Coup wie die Übernahme von Cartier würde sich in den Memoiren der Familie gut machen.

Dazu wird es aufgrund der neuen Beteiligung Arnaults aber nicht unmittelbar kommen. Ich gehe mit den Beobachtern einig, die mir sagen: An Rupert wird sich Arnault weiterhin die Zähne ausbeissen. Selbst wenn der Patron dereinst tatsächlich kürzertreten sollte, die familiäre Kontrolle über Richemont wird er zu Lebzeiten kaum aufgeben wollen. Bisher ist ausserdem nicht bekannt, wie gross der Anteil Arnaults an Richemont ist und seit wann er die Aktien hält.

Keine irrationale Schwärmerei

Für Anlegerinnen und Anleger ist die jüngste Entwicklung dennoch interessant. Kaum jemand kennt die Luxusbranche so gut wie Bernard Arnault. Seine Liebe zu Cartier – und Richemont – ist keine irrationale Schwärmerei. Sie spiegelt die Verhältnisse im Luxusgütersegment: Neben Branchenprimus LVMH gibt es zwei starke Player, Hermès und Richemont. An einer Übernahme ersterer ist LVMH bereits einmal gescheitert. Und Arnault wusste genau, dass das Bekanntmachen seiner Beteiligung an Richemont Wellen schlagen wird.

In den vergangenen Monaten hat sich Richemont an der Börse besser geschlagen als die Konkurrenz aus Frankreich.

Angesichts diverser Unsicherheitsfaktoren wie dem schwachen Chinageschäft und der eingetrübten Konsumentenstimmung in den USA dürfte auch der Schweizer Luxusgüterkonzern in den kommenden Monaten zwar mit mehr Gegenwind zu kämpfen haben als in den Jahren 2021 bis 2023. Die Spielregeln im Luxusgütermarkt haben sich aber nicht geändert: Attraktive Marken wie Cartier sind der Schlüssel zum Erfolg, das weiss niemand besser als Arnault.

Freundlich grüsst im Namen von Mrs Market

Gabriella Hunter

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