Freitag, Februar 7

Die niederländische Firma Mosa entwickelt einen Hamburger, für den keine Rinder mehr geschlachtet werden müssen. Das Vorhaben braucht Zeit. In der Schweiz und in der EU hat das Zulassungsprozedere aber begonnen.

Manche Marketing-Geschichten tönen zu gut, um einfach nur wahr zu sein. Fleisch aus dem Labor gehört in diese Kategorie. Es geht um die Technik, wie man aus Muskelfasern in Nährlösungen künstlich Fleisch herstellt. Tiere müssen dafür nicht geschlachtet werden, und die Landwirtschaft stiesse viel weniger klimaschädigendes Methan aus, wenn es gelänge, Fleisch so zu fertigen.

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Dutzende von Unternehmen forschen daran, der Durchbruch gelang bisher aber keinem. Sie kommen nur in Etappen voran, so die niederländische Firma Mosa Meat, an der die Basler Bell Food Group beteiligt ist.

Gestern hat sie beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen einen Zulassungsantrag für Fett aus dem Labor eingereicht. Wenige Wochen zuvor hatte sie das auch bei der EU getan. Fett soll dereinst ein wichtiger Bestandteil eines In-vitro-Burgers sein.

Um Jahre hinter dem Zeitplan

Wenn alles wie gewünscht läuft, könnte Mosa in rund eineinhalb bis zwei Jahren zumindest eine Art Labor-Hamburger auf den Markt bringen. Er enthielte 15 bis 20 Prozent Fett, bestünde aber immer noch hauptsächlich aus pflanzlichen Zutaten wie Soja oder Erbsen.

Durch die Zugabe von Fett werde das Produkt aber mehr wie ein Burger schmecken und sich von den pflanzlichen Fleischersatzprodukten abheben, sagt Tim van de Rijdt, der Marketing-Chef von Mosa.

Von einem im Labor geschaffenen Rindfleisch-Hamburger ist die Firma mit ihren rund hundert Angestellten damit aber noch weit entfernt. Ein solcher Klops besteht nicht nur aus Fett, sondern auch aus Muskelfleisch – und auch dafür wird Mosa einen Zulassungsantrag stellen müssen.

Dabei war der Fahrplan von Mosa ehrgeizig gewesen. Im Jahr 2013 hatte die Firma den ersten Hamburger-Prototyp präsentiert. Er kostete sage und schreibe 250 000 Euro, wobei die Aufwendungen für die Nährlösung besonders stark zu Buche schlugen.

Dem Prototyp fehlte das Fett

Trotzdem schmeckte der Burger etwas trocken, weil ihm das Fett fehlte. Finanziert wurde dieser Ur-Hamburger von Sergey Brin, dem Mitgründer von Google. Seither sind ausser ihm und Bell weitere Investoren hinzugekommen, so der Schauspieler Leonardo DiCaprio und PHW, Deutschlands grösster Geflügelproduzent.

Insgesamt hat Mosa bei Investoren 120 Millionen Euro aufgenommen. Ihnen hatte Mosa einst in Aussicht gestellt, dass bis 2021 Rinds-Hamburger aus dem Labor auf dem Markt sein würden.

Aber nun werden noch Jahre vergehen. «Prognosen zu Produkten, in denen viel Wissenschaft steckt, sind schwierig», sagt van de Rijdt. Am Ziel, eines Tages einen «richtigen» Labor-Hamburger zu lancieren, hält Mosa aber fest.

Dann wird man diesen zuerst an Gastrofirmen verkaufen. Für den Detailhandel wird das Produkt auch dann noch zu teuer sein. Erst hohe Stückzahlen werden die Herstellungskosten senken.

Widerstand von Lobbyisten

Konkurrenten von Mosa sind nur scheinbar viel weiter. Das Unternehmen Good Meal behauptet etwa, dass es als erstes Unternehmen Fleisch aus dem Labor verkauft habe, und zwar in den USA und in Singapur. Aber auch seine Chicken-Nuggets enthalten nur wenig In-vitro-Fleisch und sind mit Pflanzen gleichsam gestreckt. Das ist auch bei den Produkten anderer Firmen der Fall, die ihre Neuheiten aufwendig bewerben.

Auffallen ist in dieser Branche eben fast alles. Van de Rijdt schätzt, dass 170 Unternehmen, die im Labor tierische Gewebe nachbilden, um die Aufmerksamkeit von Investoren und Geschäftspartnern wetteifern. Das führt zu Übertreibungen und Ankündigungen, die sich im Nachhinein als zu optimistisch herausstellen.

Gleichzeitig stossen die Firmen auf mächtige Gegner. Im Mai 2024 hat Florida den Verkauf von Laborfleisch verboten. Die Massnahme begründete der Gouverneur Ron DeSantis mit Gesundheitsrisiken. Das Good-Meat-Management reagierte heftig. «Big Ag» und deren Lobbyisten, also die agrarische Grossindustrie, hätten gewonnen, meinte es.

Die In-vitro-Fleisch-Hersteller werden mit den etablierten Firmen noch manchen Kampf führen. Mosa will ihr Produkt dereinst als «Burger» vermarkten. Ob das aber in jedem Land möglich sein wird, weiss die Gesellschaft nicht. Vielleicht «grätschen» Nahrungsmittellobbyisten dazwischen.

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