Das Rosengartentram fährt durch den Wipkingertunnel, und der 4er überquert in Altstetten auf einer neuen Brücke die Bahngleise. Die städtischen Verkehrsbetriebe haben die Entwicklung ihres Netzes bis zur Mitte des Jahrhunderts geschärft.
Ein innerer und ein äusserer Ring für das Züri-Tram: Seit 2021 entwickeln die städtischen Verkehrsbetriebe (VBZ) den Schienenverkehr der Zukunft auf der Grundlage dieses Konzepts. Jetzt sind sie mit ihrer Netzentwicklungsstrategie einen Schritt weiter.
Die Probleme und die Grundidee sind unverändert: Die Stadt Zürich wächst bis 2040 um 25 Prozent, nämlich die Anzahl Einwohner um etwa 100 000 und jene der Arbeitsplätze um 40 000. Um den Mehrverkehr aufzufangen und auch noch klimaneutral bewältigen zu können, muss der öffentliche Verkehr seine Kapazität um etwa 40 Prozent erhöhen.
Die Engpässe vor allem beim Tram sind bekannt. Alle Linien führen heute durch das Stadtzentrum, entweder via Hauptbahnhof beziehungsweise Central oder via Bellevue. Diese Knoten lassen sich nicht ohne weiteres entwirren. Nötig sind deshalb Tangentialverbindungen, um die City auf zwei Ringen zu entlasten.
Das dauert seine Zeit, teilweise bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts. Stadtrat Michael Baumer (FDP), der die Strategie am Dienstag zusammen mit dem VBZ-Direktor Marco Lüthi vorgestellt hat, sprach denn auch mehrfach von einem Generationenprojekt. Umso wichtiger sei es, die Planung voranzutreiben, um bereit zu sein, wenn es ernst gelte.
Mehr Trams am Bahnhof Altstetten
In der ersten Etappe bis 2040 steht Zürich Nord im Vordergrund. Dazu gehört das Tram nach Affoltern, für das beim Bund bereits um die Plangenehmigung (Baubewilligung) ersucht wurde. Hinzu kommt die Tramtangente Nord von Oerlikon nach Stettbach. Darüber haben die VBZ im Sommer ausführlich informiert. Die Linienführung durch Schwamendingen ist noch offen. Eine Option ist später die Verlängerung des Trams von der Haltestelle Altried über Zürich hinaus nach Dübendorf oder Wallisellen.
Neben punktuellen Anpassungen und dem Ausbau des Trolleybusangebots fällt in die erste Etappe aber bereits ein Element des äusseren Rings. Vorgesehen ist, beim Bahnhof Altstetten eine Tramverbindung zwischen den Kreisen 5 und 9 zu schaffen. Angedacht ist neben der Europabrücke eine zweite Brücke über die Bahngleise für das Tram 4. Von einer Haltestelle auf dieser neuen Querung gibt es einen direkten Zugang zu den Perrons.
Dazu kommt die sogenannte Tramspange Hardturm. Sie erlaubt es, die Tramlinie 8 bis zum Vulkanplatz und zur Nordseite des Bahnhofs Altstetten zu verlängern. Dieser wird so über die Limmattalbahn hinaus mit dem Tram besser erschlossen.
Mit der zweiten Etappe von 2040 bis 2050 soll der innere Ring in Angriff genommen werden. Ursprünglich war geplant, mit einer Verlegung der Rosengartenstrasse durch Wipkingen in einen Tunnel Platz auf diesem Abschnitt für ein Tram zu schaffen. Dieses Vorhaben ist mit der Ablehnung des Strassentunnels im Februar 2020 gescheitert.
Nun soll das Tram unter den Boden. Der Wipkingertunnel, wie er nun heisst, führt unter der Rosengartenstrasse zur Hardbrücke und über diese weiter zum Albisriederplatz. Alternativ ist eine Route unter dem Schaffhauserplatz durch und über den Bahnhof Wipkingen möglich.
Zum inneren Ring gehört auch die Weiterführung der Tramgleise vom Albisriederplatz über Hubertus bis zum Triemli. Auch diese Etappe enthält noch ein Element des künftigen äusseren Rings, nämlich eine Verbindung zwischen der Birmensdorferstrasse und dem Bahnhof Altstetten.
Südtangente auf Eis gelegt
Die dritte Etappe zieht sich bis über 2050 hinaus. Zentrales Element ist ein Tramtunnel durch den Hönggerberg, der auch die gleichnamige ETH direkt an das Tramnetz anschliessen soll. Nördlich führen die Gleise einmal bis nach Oerlikon weiter. Im Blick ist auch hier eine Verlängerung der Tramlinie über die Stadtgrenze hinaus, konkret von Seebach nach Kloten.
Das alles ist schon ein sehr umfangreiches Programm, enthält aber keineswegs alles, worüber in der Vergangenheit bereits nachgedacht wurde. Das gilt insbesondere für die Wiederauferstehung der einstigen Tramlinie 1 vom Hauptbahnhof südlich entlang den Gleisanlagen bis nach Altstetten. Diese Verbindung bleibe langfristig eine Option, sagte Baumer vor den Medien.
Dies trifft ebenso auf den Süden der Stadt zu. Hier war schon eine Südtangente von Albisrieden zum Bahnhof Wiedikon und weiter zur Binz im Gespräch. Auch von einem Tramtunnel unter dem Seebecken, um den inneren Ring im Osten zu schliessen, ist derzeit keine Rede mehr. Das müsse man später genau anschauen, hiess es. Selbst der Hinweis auf ein Tram vom Klusplatz nach Witikon findet sich in den Unterlagen.
Zu tun gibt es genug. So müssen zahlreiche Linienführungen erst noch in die Richtpläne eingetragen werden. Die Verantwortlichen der VBZ betonten ausserdem, dass ein solcher Ausbau des Tramnetzes mehr Fahrzeuge erfordere. Das wiederum schafft einen zusätzlichen Bedarf an Depots, Unterhaltsanlagen und Bereitstellungsflächen, vor allem in Zürich Nord. Die Suche nach geeigneten Standorten wird jedoch immer schwieriger.
Auf die Nachfrage abgestimmt
Die Entscheidungsfindung liegt nicht allein in den Händen der Stadt. Die Netzstrategie wurde in Absprache mit den städtischen Ämtern für Städtebau und Tiefbau sowie dem Zürcher Verkehrsverbund entwickelt. Zeitlich wichtig ist es, bereit zu sein, um die Projekte rechtzeitig in die Agglomerationsprogramme des Bundes einzuspeisen und sich so die Mitfinanzierung zu sichern.
Das alles hat schliesslich ein Preisschild, auch wenn noch ungewiss ist, wie hoch die Zahl darauf ausfällt. Die Kosten für die Tramtangente Nord etwa werden auf 210 bis 370 Millionen Franken geschätzt. Das ganze Menu dürfte deutlich mehr als 2 Milliarden kosten. Das sei viel Geld, räumte Michael Baumer ein, doch die Realisierung erstrecke sich über einen Zeitraum von mindestens 25 Jahren.
Das führt zum Wachstum von Stadt und Agglomeration Zürich zurück. Wichtig ist, dass der Ausbau des Schienennetzes gut auf die steigende Nachfrage abgestimmt ist. Die Erweiterung des Angebots erhöht die Betriebskosten, was mit Mehrerträgen kompensiert werden soll. Ziel der VBZ ist es, auch 2040 den hohen Kostendeckungsgrad von heute rund 80 Prozent auszuweisen.