Die USA und China nähern sich im Handelsdisput an und senken die gegenseitigen Zölle substanziell. Das Risk Barometer von The Market klettert nochmals leicht nach oben.
Die Finanzmärkte befinden sich weiterhin im Banne des Handelskrieges, den die USA vom Zaun gebrochen haben, wobei sich ermutigende und weniger erfreuliche Nachrichten abwechseln. Sorgten zum Beginn der vergangenen Woche die in Aussicht gestellten Zölle auf ausserhalb der USA produzierte Spielfilme für Verunsicherung, glätteten sich die Wogen mit dem Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA sowie insbesondere mit den Gesprächen zwischen den USA und China am Wochenende.
Denn die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt haben bei ihren Zollverhandlungen in Genf nach Angaben beider Seiten «substanzielle Fortschritte» erzielt. Wie die Parteien heute mitteilen, senken die USA die Importzölle für chinesische Güter für neunzig Tage von bisher 145 auf neu 30%. China senkt die Zölle im Gegenzug von 125 auf 10%. Das ist erfreulich und nährt die Hoffnung, dass die Weltwirtschaft weniger Schaden nehmen wird, als noch vor kurzem zu befürchten gewesen war.
Derweil hat das Fed die Geldpolitik am vergangenen Mittwoch unverändert belassen, wie vom Gros der Marktbeobachter erwartet worden war. Das Zielband für die Leitzinsen verharrt bei 4,25 bis 4,5%. Die Bank of England hat jedoch reagiert und den Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,25% gesenkt.
Lustloser Weltaktienindex
In der abgelaufenen Woche bewegte sich der Weltaktienindex nur unwesentlich. Im Wochenvergleich verzeichnete er einen marginalen Rückgang um 0,3%. Auf Länderebene waren allerdings grössere Bewegungen auszumachen.
Der stärkste Index war der Nikkei 225, der um 1,8% vorrückte. Der Dax (+1,8%) folgte ihm dicht auf den Fersen – trotz Misstönen bei der Kanzlerwahl –, während es der MSCI China (+0,9%) ebenfalls auf das Podest schaffte. Einen Zuwachs verzeichneten auch der Euro Stoxx 50 (+0,5%) sowie der breite Schwellenländerindex (+0,5%).
Enttäuschend hat sich indes der Swiss Market Index entwickelt, der mit einem Verlust von 1,4% das Schlusslicht bildete. Insbesondere die beiden Pharmaschwergewichte Roche (–5,4%) und Novartis (–3,5%) belasteten den hiesigen Leitindex. Und die Aussichten für den Gesundheitssektor bleiben schwierig: US-Präsident Donald Trump hat für heute Montag ein präsidiales Dekret angekündigt, das verlangt, dass in den USA für bestimmte verschreibungspflichtige Medikamente keine höheren Preise gezahlt werden als in anderen Staaten.
Donald Trumps Politik belastet den Gesundheitssektor
Vor diesem Hintergrund überrascht die Schwäche des MSCI World Health Care Index wenig (–4,2%). Auch andere Branchen wie Kommunikation (–1,9%), Basiskonsum (–0,9%) und Immobilien (–0,6%) tendierten schwächer.
Besser erging es gewissen zyklischen Sektoren: Industrietitel vermochten im Wochenvergleich um 0,7% zuzulegen und auch Finanzwerte (+0,6%) sowie Aktien des zyklischen Konsums (+0,5%) verzeichneten Kursavancen.
Wenig verändertes Risk Barometer
Das Risk Barometer veränderte sich im Wochenvergleich nur unwesentlich – es kletterte um 1 auf derzeit 43 Punkte. Und das, obwohl die Mehrheit der Sentiment-Indikatoren nach oben zeigte.
Zu den positiven Faktoren zählten einmal mehr die zyklischen Valoren, die klar besser abschnitten als ihre defensiven Pendants. Endlich sendeten auch kleinkapitalisierte Unternehmen Lebenszeichen, während der Pessimismus unter den US-Privatanlegern abzuklingen scheint.
Als Gegengewicht fungierten die Hedge Funds, die ihre Positionen abbauten. So reduzierten sie einerseits ihr Exposure gegenüber dem Nasdaq 100 und erhöhten zudem ihre Short-Position im US-Leitindex S&P 500. Netto resultierte der geringfügige Anstieg des Risk Barometers.
Wie bereits vor einer Woche bemerkt, verschiebt sich angesichts der neutralen Grundstimmung das Augenmerk verstärkt auf die Fundamentaldaten. Für weitere Kursavancen sollte es den Unternehmen gelingen, mit soliden Ergebnissen zu überzeugen. Fortschritte im Handelskonflikt könnten ebenfalls Kursimpulse liefern. Diesbezüglich stimmt die jüngste Annäherung zwischen China und den USA zuversichtlich.
Unternehmensergebnisse und US-Inflation
Nachdem zuletzt die Sorgen vor einer Stagflation (definiert als Kombination schwachen Wachstums und steigender Konsumentenpreise) in den USA zugenommen haben, stehen in dieser Woche aus makroökonomischer Sicht die US-Inflationszahlen im Fokus, die morgen Dienstag publiziert werden. Ebenfalls von Bedeutung sind die US-Detailhandelszahlen am Donnerstag. Sie dürften wichtige Anhaltspunkte zur Konsumfreude der Amerikaner liefern.
Auch in der laufenden Woche legen diverse wichtige Unternehmen ihr Ergebnis vor. Heute Montag präsentieren unter anderem Archer, Hertz und Petrobras ihre Zahlen, am Dienstag folgen Honda, JD.com, On und Under Armor.
Am Mittwoch wird das Resultat von Cisco, Sony und Tencent erwartet. Am Donnerstag folgen Alibaba, John Deere sowie Walmart. Am Freitag veröffentlicht schliesslich Swiss Re das Ergebnis für das erste Quartal.