Der deutsche Wirtschaftsminister muss bei seinen Gesprächen in Peking sich widersprechende Interessen unter einen Hut bringen – eine fast unmögliche Mission.
Am späten Freitagnachmittag (Ortszeit) ist der deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck zu einem dreitägigen Besuch in China eingetroffen. Es ist Habecks erste Reise ins Reich der Mitte als Bundesminister. Zuvor hatte er Südkorea besucht.
Habeck wird im Rahmen seiner politischen Gespräche mehrere Minister treffen. Einfach dürften die Zusammenkünfte nicht werden. Zum einen muss der deutsche Minister offen Kritikpunkte ansprechen, die den deutschen Unternehmen und der Bundesregierung unter den Nägeln brennen.
Dazu gehören Benachteiligungen beim Marktzugang, angebliche Überkapazitäten in der chinesischen Industrie und Chinas Politik der nationalen Sicherheit, die den Firmen das Geschäften erschwert. Ausserdem dürfte Habeck kaum mit Kritik an Chinas Hilfen für Russland bei dessen Krieg in der Ukraine sparen.
Andererseits darf Habeck die chinesische Regierung nicht zu sehr vor den Kopf stossen, denn kaum ein Land ist wirtschaftlich so sehr von China abhängig wie Deutschland. Nicht einfacher wird Habecks China-Mission dadurch, dass sein Chef, Bundeskanzler Olaf Scholz, einen gemässigten Kurs gegenüber China verfolgt. Habecks Partei, die Grünen, fahren dagegen einen deutlich kritischeren Kurs.
Baerbock ist in Peking Persona non grata
Die China-Reise des Vizekanzlers stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Unvergessen ist in Peking, dass die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock, die wie Habeck der Partei der Grünen angehört, im September Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping als Diktator bezeichnet hatte. Das Aussenministerium bestellte daraufhin die deutsche Botschafterin ein. Baerbock ist seit ihrer Attacke gegen Xi in Peking Persona non grata.
Die Vorbereitung des Habeck-Besuchs war denn auch mehr als knifflig. Das Wirtschaftsministerium soll zunächst erwogen haben, die China-Reise abzusagen, weil sich kein chinesischer Minister zu einem Treffen mit Deutschlands Vizekanzler bereitgefunden haben soll. Berlin stellte schliesslich die Reisepläne um. Habeck besuchte zuerst Südkorea und flog erst dann nach Peking. Ein geplantes Treffen mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang war bis Freitagnachmittag nicht bestätigt.
Gemäss protokollarischen Usancen darf davon ausgegangen werden, dass Habeck seinen chinesischen Amtskollegen Wang Wentao treffen wird. Dieser dürfte Habeck ohne viel Umschweife auf die kürzlich von der EU angekündigten Sonderzölle auf in die EU exportierte Elektroautos aus China ansprechen. Am Freitag erklärte das Handelsministerium in Peking, die EU «eskaliere die Spannungen beim Handel.» Dies könne zu einem Handelskrieg führen.
China sieht Deutschland als Verbündeten
China sieht Deutschland als Verbündeten und hofft darauf, dass sich die Bundesregierung in Brüssel dafür einsetzt, eine Einführung der Zölle noch zu verhindern. Der deutsche Bundeskanzler hatte sich gegen die von Brüssel erwogenen Abgaben auf chinesische E-Autos ausgesprochen. Für die deutschen Autohersteller ist China einer der bedeutendsten Märkte.
«Wir hoffen sehr, mit Deutschland bei der Energiewende und der Transformation der Autoindustrie zu kooperieren», sagt Wang Wen vom Institute for Financial Studies der Pekinger Renmin University. China, so Wen weiter, habe Deutschlands Sorgen mit Blick auf mögliche Strafzölle sehr wohl wahrgenommen.
Keine Verhandlungen über Zölle in Peking
Habeck hat Verhandlungen in Peking über eine Rücknahme einer eventuellen Einführung von Zöllen aber bereits eine Absage erteilt. «Ich kann nicht im Namen der EU verhandeln», sagte der deutsche Vizekanzler gemäss der Nachrichtenagentur Reuters in Südkorea.
Chinas Regierung hat auf die von Brüssel erwogenen Strafzölle bereits reagiert. Am Montag kündigte Peking eine Anti-Dumping-Prüfung für Schweinefleisch aus der EU an.
Doch das dürfte nicht alles sein. Die chinesische Regierung wird mit grosser Wahrscheinlichkeit den Zollsatz für Autos der Oberklasse aus dem Ausland anheben. Der Einfuhrzoll für Pkw mit einer Motorgrösse ab 2,5 Litern soll von 15 auf 25 Prozent steigen.
Das dürfte vor allem die Deutschen treffen. Der Volkswagen-Konzern etwa verkauft fast ein Viertel seiner Porsche-Fahrzeuge in China. Bei der zum VW-Konzern gehörenden Marke Bentley beträgt der China-Anteil gut 20 Prozent, bei Lamborghini 8 Prozent.

