Donnerstag, Oktober 24

Der deutsche Wirtschaftsminister schlägt einen schuldenfinanzierten Deutschlandfonds vor, aus dem unter anderem eine temporäre Investitionsprämie für alle Unternehmen finanziert werden soll. Nachhaltige Wirtschaftspolitik sieht anders aus.

Je düsterer die deutsche Wirtschaftslage wird, desto hektischer und unkoordinierter reagieren die Ampelpolitiker. Eben noch hat der sozialdemokratische Bundeskanzler Olaf Scholz seine Minister mit der Ankündigung eines Industriegipfels für nächste Woche überrascht. Am Mittwoch folgte der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck – ebenfalls nicht abgesprochen – mit einem 14-seitigen Papier unter dem Titel «Update für die Wirtschaft – Impuls für eine Modernisierungsagenda».

Die 10-Prozent-Prämie

Darin enthalten sind auch sinnvolle Ansätze zur angebotsseitigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, darunter eine Senkung der Stromsteuer und ein Anlauf zur Entbürokratisierung.

Das Kernstück des Papiers allerdings ist höchst problematisch: Habeck regt die Schaffung eines «Deutschlandfonds von Bund und Ländern» an. Daraus sollen zum einen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur wie Verkehr, Bildung und Digitalisierung gefördert werden. Zum andern sollen die Investitionen (mit Ausnahme von Gebäudeinvestitionen) sämtlicher Unternehmen mit einer «Investitionsprämie» von 10 Prozent gefördert werden. Investiert ein Betrieb 100 000 Euro, würde er vom Staat 10 000 Euro erhalten, entweder in Form eines Steuerabzugs oder, wenn er keine Gewinne macht und deshalb keine Gewinnsteuer anfällt, in Form einer Auszahlung.

Chipwerke als Fanal

Das wäre zwar besser als selektive Subventionen für einzelne Unternehmen, mit denen die Ampelregierung derzeit einen Schiffbruch nach dem anderen erleidet. So soll nach dem Aufschub des geplanten Chipwerks von Intel in Magdeburg auch ein weiteres solches Projekt, das Wolfspeed und ZF Friedrichshafen im Saarland geplant haben, laut Medienberichten vorerst auf Eis gelegt werden. Beide sollten mit Milliardensubventionen unterstützt werden, könnten aber nun endgültig scheitern. Der Staat war noch nie gut darin, künftige Gewinner zu identifizieren.

Doch auch die nun vorgeschlagene Investitionsprämie hat Pferdefüsse. Sie soll nur während fünf Jahren gelten. Absehbar ist deshalb, dass Unternehmen Investitionen vor Inkraftsetzung der Prämie aufschieben und vor ihrem Ende vorziehen würden. Es droht ein ähnliches Strohfeuer wie bei Kaufprämien für E-Autos. Und soll der Staat Geld in Verlustbetriebe stecken?

Schwerer noch wiegt die ungeklärte Finanzierung. Immerhin geht es um Milliardensummen, die Habeck wohlweislich nicht beziffert. Neben Strukturreformen brauche Deutschland eine Lockerung der Fiskalpolitik, da die Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Form auch eine Investitions- und Wachstumsbremse sei, argumentiert der Minister. Was er meint: Der Deutschlandfonds soll – ähnlich wie das «Sondervermögen» Bundeswehr – durch die Aufnahme von Schulden ausserhalb des Kernhaushalts und ohne Anrechnung an die Schuldenbremse finanziert werden.

Nicht nachhaltig

Doch auch solche Kredite müssen aus dem laufenden Haushalt verzinst und dereinst mit Steuergeldern zurückbezahlt werden. Dass sich das Ganze selbst finanziert, weil die geförderten Investitionen künftiges Wachstum und damit zusätzliche Steuereinnahmen in ausreichender Höhe generieren würden, ist angesichts der strukturellen Schwächen des Landes eine riskante Wette.

Investierende Unternehmen würden somit temporär mit Milliardensubventionen auf Kredit entlastet, während zugleich ihre reguläre Belastung mit Steuern und Abgaben langfristig auf einem im internationalen Vergleich hohen Niveau bliebe. Das macht den Standort kaum nachhaltig attraktiver. Nachhaltiger wäre es, endlich wirklich Ernst zu machen mit Strukturreformen à la Bürokratieabbau, auf teure Wohltaten wie das Rentenpaket II zu verzichten und den üppigen Kernhaushalt beherzt auszumisten, um auf Dauer Platz zu schaffen für öffentliche Infrastrukturinvestitionen und mittelfristig vielleicht sogar für dauerhafte Steuerentlastungen für alle. Deutschland braucht nicht mehr, sondern weniger Subventionen.

Sie können dem Berliner Wirtschaftskorrespondenten René Höltschi auf den Plattformen X und Linkedin folgen.

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