Der Pharmariese Roche wächst nur geringfügig – und auch dies nur in Lokalwährungen. In der Forschung ist er breit aufgestellt. Aber die meisten potenziellen neuen Produkte sind noch nicht marktreif.
Die Neubauten am Basler Hauptsitz von Roche sind nun so gut wie alle fertiggestellt. In allen Stockwerken brennt Licht, und auch der Aussenraum rund um die Gebäude wurde frisch gestaltet. Der Pharmakonzern hat sich herausgeputzt und wäre parat, um durchzustarten.
Nur die eigenen Erwartungen übertroffen
Doch der grösste europäische Medikamentenhersteller will weiterhin nicht in die Gänge kommen. Der Umsatz wurde im vergangenen Jahr durch die Frankenstärke beeinträchtigt und fiel um 7 Prozent auf 58,7 Milliarden Franken.
In Lokalwährungen blieb immerhin ein kleines Plus von 1 Prozent übrig. Der Konzern übertraf damit die eigenen Erwartungen, denn er war von einem Rückgang im tiefen einstelligen Prozentbereich ausgegangen. Doch ist Roche bekannt dafür, konservativ zu budgetieren. Insofern stellte das Abschneiden über der Prognose für den Markt keine Überraschung dar.
Investoren hatten sich im Gegenteil mehr versprochen. Roche verfehlte die durchschnittliche Umsatzerwartung von Finanzanalytikern um rund eine halbe Milliarde Franken. Die Helvetische Bank sprach denn auch von «eher enttäuschenden» Zahlen. Heftig fiel die Marktreaktion aus. Der Kurs der Genussscheine von Roche verlor am Donnerstag um 5,5 Prozent auf 233.50 Franken.
Damit verflüchtigte sich der Aufwärtstrend bereits wieder, in den die Papiere zuvor seit Anfang Jahr geraten waren. Im bisherigen Jahresverlauf ist die Notierung nun um über 7 Prozent gefallen. Und über die zurückliegenden zwölf Monate gerechnet, ergibt sich ein Verlust von 15 Prozent.
Das Management von Roche bemühte sich an der Bilanzmedienkonferenz gleichwohl nach Kräften, Zuversicht auszustrahlen. Thomas Schinecker, der im März 2023 die Geschäftsführung vom langjährigen CEO Severin Schwan übernommen hatte, wies darauf hin, dass der Konzern trotz starkem Gegenwind gewachsen sei. Roche musste primär hohe Einnahmen aus der Vermarktung von Corona-Tests und Medikamenten gegen Covid-19, die nicht wiederkehrten, kompensieren. Im Vorjahr waren dem Unternehmen in diesem Geschäft noch über 4 Milliarden Franken zugeflossen. 2023 beschränkten sich die Erlöse auf 900 Millionen Franken.
Umsatzeinbussen wegen Nachahmerprodukten
Hinzu kamen über 2 Milliarden Franken an Einnahmen, die das Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr bei nicht mehr patentgeschützten Produkten an Anbieter von Generika sowie vor allem an solche von Biosimilars verlor. Biosimilars bezeichnen Nachahmerprodukte, die auf biotechnologisch hergestellten Medikamenten beruhen.
Nach Einschätzung des Firmenchefs sollte sich der negative Effekt, den Roche seit Jahren vor allem wegen Mindereinnahmen bei drei älteren, aber einst überaus umsatzstarken Biotech-Präparaten gegen Krebs spürt, künftig kaum noch bemerkbar machen. Das Trio bestehend aus Avastin, Herceptin und Mabthera, das Roche vor wenigen Jahren noch über 20 Milliarden Franken Umsatz eingebracht hatte, verzeichnete 2023 Einnahmen von zusammengerechnet unter 5 Milliarden Franken.
Für 2024 beziffert Schinecker den Einnahmenrückgang wegen Biosimilars auf 1,6 Milliarden Franken. Dieser Effekt werde sich danach aber weiter abschwächen, versicherte der CEO. «Wir stehen damit im Branchenvergleich gut da», fügte er hinzu und deutete damit an, dass andere grosse Medikamentenhersteller in den kommenden Jahren stärker unter Nachahmerprodukten leiden dürften.
Auch der Ausblick enttäuscht die Anleger
Mit dieser relativen Position der Stärke wollen sich Anleger indes nicht zufriedengeben. Auch überzeugte sie am Donnerstag nicht, dass der Pharmakonzern für das laufende Jahr ein Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich in Aussicht stellt. Der Ausblick sei nicht inspirierend, sagten Analytiker der Bank Vontobel und kanzelten damit die Roche-Führung ab.
Roche ist in der Forschung und Entwicklung breit aufgestellt. Doch der Konzern kämpft seit längerem damit, dass sich vergleichsweise wenige der potenziellen neuen Produkte im abschliessenden Stadium der klinischen Entwicklung befinden. Pharmafirmen erhalten dann vom Markt am meisten Beifall, wenn sie überzeugende Daten zu Medikamenten präsentieren, deren Erforschung weit fortgeschritten ist. Von Roche sei diesbezüglich leider auch 2024 wenig zu erwarten, schreiben Branchenbeobachter der UBS.
Schinecker drängt auf Tempo. Besonders aussichtsreiche Projekte würden nun priorisiert, sagte er. Er räumte damit aber auch ein, dass sich Roche in der Vergangenheit wohl verzettelt hat und nun den Preis dafür bezahlt. Es fehlt dem Unternehmen an Wirkstoffen, die eine rasche Marktreife und damit einen baldigen Umsatzschub versprechen.