Sonntag, September 8

Die Mitte-Partei, ehemals enge politische Verbündete der SRG, distanziert sich von den Wünschen des Medienkonzerns.

Als Bundesrat Albert Rösti im vergangenen Herbst seine Pläne vorstellte, die Gebühren für die SRG von 335 auf 300 Franken pro Jahr zu senken und zugleich die Firmen zu entlasten, war man an der SRG-Spitze erwartungsgemäss nicht erfreut. Der Noch-Generaldirektor Gilles Marchand verwarf die Hände und sagte, mit weniger Gebührengeldern könne die SRG ihren Auftrag nicht mehr erfüllen. Auch der SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina, Mitte-Politiker aus dem Wallis, zeigte sich besorgt: «Eine Demokratie lebt davon, dass die Bürgerinnen und Bürger gut informiert sind. In einer Zeit, in der Medien mit wachsenden Finanzierungsproblemen kämpfen und Stellen abgebaut werden, ist es falsch, die SRG massiv zu schwächen», meinte er staatstragend.

Nun aber sieht es danach aus, als ob sich die SRG mit den neuen finanziellen Aussichten anfreunden müsste. Soeben ist die Vernehmlassung über die Änderung der Radio- und Fernsehverordnung zu Ende gegangen, mit der die Gebühren in zwei Schritten bis 2029 auf 300 Franken gesenkt werden sollen. Dabei zeigt sich, dass der politische Rückhalt für die SRG schwächelt und sie eine treue Stütze verliert: die Mitte-Partei.

Zeichen der Entfremdung

Als die Mitte noch CVP hiess, pflegte sie sehr enge Bande zur SRG und machte sich die Wünsche des Medienhauses regelmässig zu eigen. Umgekehrt galt die SRG während Jahrzehnten als Domäne, als «Spielwiese» von CVP-Politikern, die für die Übernahme von Spitzenjobs gesetzt waren; das Parteibuch schien häufig wichtiger zu sein als die Kompetenz.

Doch Beziehungen ändern sich. Und das gilt offensichtlich auch für jene zwischen der CVP/Mitte und der SRG. Mitte-Präsident Gerhard Pfister äusserte sich in der Vergangenheit wiederholt kritisch über die SRG und zeigte sich über die Nähe seiner Partei zum Medienhaus nur beschränkt glücklich. Die Entfremdung manifestiert sich nun auch in der Vernehmlassungsantwort der Partei. Die Mitte erklärt sich mit der von Rösti vorgeschlagenen Reduktion der Haushaltabgabe und der Entlastung der Firmen im Grundsatz einverstanden.

Selbstverständlich stehe man hinter einem qualitativ hochstehenden öffentlichen Rundfunk. Doch sehe man in der Gebührensenkung ein Instrument, um der «gefährlichen» Halbierungsinitiative («200 Franken sind genug!») entgegenzutreten, schreibt Die Mitte. Sie bedauert einzig, dass der Bundesrat die Änderung auf dem Verordnungsweg beschliessen will und nicht in Form eines richtigen Gegenvorschlags, der vom Parlament diskutiert wird.

In den Reihen der Mitte gibt es auch andere Stimmen, etwa jene des Bündner Nationalrats Martin Candinas, SRG-Freund und Kämpfer für einen umfassenden Service public, der um die Vielfalt der Schweiz fürchtet, wenn die Gebühren für das Zwangsabonnement reduziert werden. Doch die offizielle Linie der Mitte ist eine andere: Das Sparprogramm wird akzeptiert, die SRG muss mit weniger Geld auskommen.

Auch das Wallis sagt nicht Nein

Unter den Kantonen gehen die Meinungen zum SRG-Sparauftrag auseinander. Während man in Basel und Graubünden Nein sagt, sagt man in Bern und Luzern Ja. Interessant ist, dass der Kanton von SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina, das Wallis, die Pläne von Rösti nicht rundweg ablehnt. Die Walliser Regierung ist von der Idee zwar keineswegs begeistert, stellt sich dem Vorhaben aber auch nicht entgegen, sofern die Berichterstattung aus dem Kanton wie bisher gewährleistet ist und die SRG regelmässig über regionale Angelegenheiten berichtet. In der Ostschweiz dagegen scheint man zu befürchten, im journalistischen Niemandsland zu enden, wenn die SRG sparen muss.

Bis im Sommer will Albert Rösti die Botschaft zur Halbierungsinitiative dem Parlament zuleiten. Dort werden die Parteien die Gelegenheit haben, über die SRG, ihren Leistungsauftrag und die Gebührenhöhe zu diskutieren. Neben der Mitte heisst auch die FDP die Senkung auf 300 Franken gut, während die SP und die Grünen das Vorhaben mit Vehemenz ablehnen. Widerstand gegen Röstis Gebührensenkung kommt im Übrigen auch von der SVP: Sie sieht darin bloss ein Manöver ihres Bundesrats, um die Chancen der Halbierungsinitiative zu schwächen.

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