Sonntag, Oktober 6

Innert weniger Jahre hat sich Apple zur weltgrössten Uhrenmarke entwickelt. Doch 2024 könnte Rolex gemäss Schätzungen die Führung zurückerobern.

Es ist zwar nur eine Zahlenspielerei, und erst noch eine, die auf Schätzungen basiert. Aber der Gedanke ist trotzdem interessant: Laut dem Branchenkenner Oliver Müller könnte Rolex dieses Jahr Apple als grössten Uhrenhersteller wieder überholen. So könnte der Umsatz des Schweizer Primus 2024 erstmals seit Jahren wieder denjenigen übertreffen, den Apple mit seinen Smartwatches erzielt.

Spektakulärer Aufstieg der Apple Watch

Es wäre ein «symbolischer Triumph der traditionellen Uhrmacherei», wie Müller es nennt. Symbolisch insofern, als der Aufstieg der Apple Watch im Uhrenmarkt unbestrittenermassen spektakulär ist. Nach der Lancierung im Jahr 2015 hat sie sich praktisch aus dem Stand zur meistverkauften Smartwatch der Welt entwickelt – oder, wenn man sie als solche betrachtet, zur meistverkauften Uhr überhaupt.

Innerhalb von zwei Jahren überflügelte der Technologiekonzern in Stückzahlen nicht nur die grössten traditionellen Uhrenmarken, sondern die Schweizer Uhrenindustrie als Ganzes. 2017 lag der Output der Apple Watch bei 33 Millionen Stück, während die Schweizer Industrie rund 25 Millionen Stück produzierte.

Doch das ist nicht alles. Auch umsatzmässig setzte sich Apple rasch an die Spitze. Dort überholte sie zwar nicht die Schweizer Uhrenindustrie insgesamt, aber die einzelnen Marken – inklusive Rolex, der Nummer eins.

Nun könnte sich laut Müller dieser Umstand wieder umkehren und Rolex den ersten Platz im Umsatz zurückerobern. Es wäre ein Bestätigung dafür, dass die Prognosen von Nick Hayek und anderen Vertretern der Schweizer Uhrenindustrie nicht ganz falsch waren: Die Smartwatch wird die klassische Uhr nicht ersetzen, sondern ergänzen. Und allenfalls den traditionellen Herstellern sogar helfen, weil sich junge Menschen, die vor der Ära der Apple Watch keine Uhr trugen, daran gewöhnen, etwas am Handgelenk zu haben.

Rolex profitiert von Bucherer-Übernahme

Der Rollentausch zwischen Rolex und Apple wäre wohl nur von kurzer Dauer. Er verdankt sich unter anderem dem Umstand, dass es bei den Apple-Smartwatches derzeit nicht rund läuft: 2023 verzeichneten sie einen Umsatzrückgang von 12 Prozent, im ersten Quartal 2024 vergrösserte sich dieser Rückgang auf minus 23 Prozent – nicht zuletzt aufgrund eines Patentstreits, der den Verkauf jener Modelle, die den Blutsauerstoff messen können, verhindert. Schon im Herbst könnten neue Modelle die Verkäufe wieder dynamisieren.

Rolex hingegen kann dieses Jahr einen Umsatzsprung verzeichnen: Die Stückzahlen von geschätzt 1,2 Millionen sind zwar kaum gestiegen, doch die Uhren werden jedes Jahr teurer, einerseits durch den starken Franken und steigende Rohstoffpreise, anderseits durch die Aufwertung der Produktpalette. Mehr Uhren aus Edelmetallen statt aus Stahl, mehr Edelsteinbesatz – all das treibt den Durchschnittspreis in die Höhe. Zudem hat die Genfer Uhrenmarke im August 2023 mit Bucherer ihren grössten Fachhändler übernommen und verdient nun auch an den Verkäufen an die Endkonsumenten.

Müller kommt jedenfalls zu dem Schluss, dass sich die beiden Giganten im laufenden Jahr umsatzmässig irgendwo im Bereich von 15 Milliarden Franken annähern könnten – oder sogar die Positionen in der Rangliste tauschen. Ob dem tatsächlich so sein wird, werden wir nie erfahren. Dafür ist Rolex viel zu verschwiegen.

Apple bleibt Leader bei den Stückzahlen

Sicher ist, dass sich punkto Stückzahlen an den Dimensionen nichts ändern wird. Bis heute gilt: Keine Uhr verkauft sich weltweit so gut wie die Apple Watch. Der Abstand zu den Schweizer Uhrenmarken hat sich über die Jahre sogar noch vergrössert. Denn während Apple seine Stückzahlen (von der gegenwärtigen Delle abgesehen) stetig erhöht, nehmen die Produktionszahlen in der Schweizer Uhrenindustrie langfristig ab.

Die Swatch Group vermag den Trend mit ihrer MoonSwatch momentan zu bremsen. Aber es wäre nicht verkehrt, wenn auch andere Marken ihren Fokus nicht allein darauf legen würden, ihre Uhren teurer zu verkaufen. Um relevant zu bleiben, braucht es eine gewisse Menge – und Produkte, die sich auch eine jüngere, weniger wohlhabende Klientel leisten kann.

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