Donnerstag, November 28

Die SRG feiert die Rückkehr der Champions League auf ihre Kanäle. Ist es wirklich ihr Auftrag, europäischen Profifussball zu übertragen? Das Engagement könnte im Abstimmungskampf um die Halbierungsinitiative zum Bumerang werden.

Der erste Showdown der neuen Champions-League-Saison fand bereits vor ihrem Beginn statt. In der Schweiz lieferten sich der Privatanbieter Blue und die öffentlichrechtliche Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) einen Zweikampf um die Publikumsgunst. Der Swisscom-Sender warb am Sonntagabend vor dem «Sportpanorama» auf SRF zwei mit dem Spot: «So viel Champions League wie noch nie: noch mehr Teams, noch mehr Spiele und noch mehr Spannung. Und nur Blue Sport zeigt alle Spiele live.»

Gleichzeitig feierte die SRG auf demselben Kanal die Rückkehr der Champions League auf ihre Kanäle mit verschiedenen Trailern.

Der Fussball ist ein Milliardengeschäft. Die Uefa geht davon aus, dass der Umsatz durch das neue Format der Königsklasse und die Erweiterung der Liga von 32 auf 36 Teams von 3,5 auf 4,4 Milliarden Euro steigen wird.

Davon wollen auch die Medien profitieren. Die involvierten TV-Stationen überbieten sich beim Erwerb der Rechte an diesem Filetstück im Sportangebot mit ihren finanziellen Angeboten. Sie wollen mit dem Fussball Kunden anlocken und an sich binden. Doch zu welchem Preis? Über Jahre war klar, dass man den sogenannten Premium-Sport auf den Kanälen der SRG findet: die Welt- und Europameisterschaften im Fussball, die olympischen Sommer- und Winterspiele, die Zusammenfassungen der nationalen Fussball- und Eishockeymeisterschaften.

Der Einstieg der Swisscom hat die TV-Landschaft verändert

Doch die Zeiten, als die SRG den Markt dominierte und die Bedingungen diktierte, sind längst Vergangenheit. Der Einstieg der Swisscom-Tochter Cinetrade veränderte die Schweizer Medienlandschaft 2005 nachhaltig. Heute sind die privaten Anbieter Blue TV oder MySports finanziell mindestens so potent wie die SRG. Die Eishockey- und die Fussballmeisterschaft finden nicht oder kaum mehr auf den Kanälen der SRG statt.

Besonders schmerzhaft war für diese aber der Verlust der prestigeträchtigen Champions League. Auf die Saison 2020/2021 hatte die CH-Medien-Gruppe mit den Sendern 3+ und TV24 von Blue TV die Sublizenz für einen Teil der Champions-League-Partien übernommen. Die SRG schaute in die Röhre.

Roland Mägerle, der Sportchef der SRG-Sender, sagte der NZZ damals, man wisse, dass für die Live-Rechte im europäischen Fussball «unverhältnismässig hohe Geldbeträge» geboten würden. «Die geforderten Preise können und wollen wir nicht mehr bezahlen.» Doch nun ist die SRG Mägerles Beteuerung zum Trotz zurück im Geschäft. Seit dem vergangenen Mittwoch sendet sie pro Champions-League-Runde wieder eine Live-Partie.

Zu welchem Preis, bleibt ihr Geheimnis. In der Szene kursiert ein Betrag von 11 Millionen Franken, welche die SRG für die Sublizenz an den Rechtehalter Blue überwiesen haben soll. Dazu kommt eine zusätzliche Million für das Recht, am Ende der Saison den Final aus München live zeigen zu dürfen. Insgesamt wären das 12 Millionen plus die Kosten für die Umsetzung der Rechte. Die Investition dürfte für die SRG gegen 15 Millionen Franken pro Saison betragen.

Die SRG beantwortet entsprechende Anfragen jeweils mit demselben Stereotyp. «Zu vertraglichen Details kann die SRG aus Gründen der Vertraulichkeit keine Auskunft erteilen.» Man habe der Uefa und Blue-Sport ein faires Angebot unterbreitet, antwortet ihre Medienstelle.

Doch es ist nicht nur die Verschwiegenheitsklausel im Vertrag, es ist auch das politische Klima, das der SRG bei der Kommunikation von Zahlen Zurückhaltung auferlegt. Das politische Umfeld ist heikel. Die Halbierungsinitiative der SVP und des Gewerbeverbandes steht im Raum und wird irgendwann in den kommenden zwei Jahren zur Abstimmung gelangen. Sie will die Konzessionsgebühren von aktuell 335 auf 200 Franken senken.

Das hätte einen markanten Einfluss auf die gesamte SRG und ihr Sportangebot. Seit 2016 ist der Aufwand für die Sportrechte, die sich die SRG weiterhin leistet, bereits von 51 auf 46 Millionen Franken gesenkt worden. Sollte das Volksbegehren eine Mehrheit finden, dürfte der Kostendruck weiter steigen. Der SVP-Bundesrat Albert Rösti lehnt die Initiative seiner Partei zwar ab, hat als Medienminister von 2027 bis 2029 aber bereits eine Kürzung der Gebühren von 335 auf 300 Franken angekündigt.

Seit mehreren Monaten veranstaltet die SRG auf ihren Kanälen eine Propagandaschlacht. Sie überträgt Live-Sport à discrétion. Gerade Sportarten wie Schwingen, Ski, Handball oder Unihockey werden gepusht. Die SRG versucht so, ihre traditionell ältere und konservative Kundschaft im Abstimmungskampf zu mobilisieren.

Doch bei der Rückkehr der Champions League auf ihre Kanäle hat die SRG einen Fehlstart hingelegt. Das Rückspiel der Play-off-Begegnungen zwischen Galatasary Istanbul und den Young Boys konnte sie ebenso wenig übertragen wie den ersten Heimmatch der Berner gegen Aston Villa. Beide fanden jeweils an einem Dienstag statt, für den die SRG keine Rechte besitzt. Auf SRF war am Mittwoch die Begegnung zwischen dem FC Brügge und Borussia Dortmund zu sehen. Das provoziert umgehend die Frage: Ist das wirklich Teil des Service public?

Ein Verstoss gegen die Konzession des Bundesrats

Da gehen die Meinungen je nach politischer Position weit auseinander. Gregor Rutz (SVP), der Vater der Halbierungsinitiative, sieht sich in seinem Anliegen bekräftigt. Gleichzeitig findet es sein Nationalratskollege Jon Pult (SP) sinnvoll, «dass die Champions League wieder auf den Sendern der SRG gezeigt wird. Fussball ist ein Volkssport, und er gehört deshalb ins Free-TV.» Pult ist ein passionierter Hobbyfussballer im FC Nationalrat, gleichzeitig ist er mit einer SRG-Mitarbeiterin liiert.

Die Argumentation der Gegenseite lautet genau umgekehrt, zumal der Spardruck auf die SRG schon jetzt offensichtlich ist. Das Deutschschweizer Fernsehen hat im Sommer einen Abbau von 70 Stellen bis Ende dieses Jahres angekündigt, das Westschweizer Fernsehen RTS zog in der vergangenen Woche nach und gab den Abbau von 55 Stellen bekannt.

Der Sport wird davon auch betroffen sein. Mehr als andere Bereiche des Fernsehens spürt er den Kostendruck. Die SRG und speziell ihre Sportabteilung werden sich früher oder später der Frage stellen müssen: Was gehört wirklich zum vielzitierten Service public? Ist die Fussball-Champions-League ohne Schweizer Beteiligung ein Teil davon? Auf die entsprechende Frage antwortet die Medienstelle der SRG: «Gemäss der gültigen SRG-Konzession ist der Sport heute explizit Teil des Leistungsauftrages der SRG. Nur die SRG offeriert im frei empfangbaren Fernsehen und Radio sowie auf ihren Online-Plattformen selbst hergestellte, massgeschneiderte Programme für alle Sprachregionen.»

Diese Argumentation ist nicht ohne Brisanz und teilweise auch falsch. Das Beispiel der Schweizer Eishockeymeisterschaft, bei der sich private Anbieter aus allen drei Sprachregionen die Rechte teilen, zeigt: Es geht durchaus ohne die SRG.

Der Bundesrat hatte bei der Verlängerung der Konzession im Herbst 2022 in seiner Medienmitteilung geschrieben: «In den Bereichen Unterhaltung und Sport soll die SRG auf jene Bereiche fokussieren, die von anderen Anbietern nicht abgedeckt werden.» Beim Erwerb der Sublizenz für die Champions League hat sie aber explizit gegen diese Auflage verstossen. In den vergangenen vier Jahren hatten die Sender der CH-Gruppe die Zweitverwertungsrechte erworben und bei der Neuausschreibung der Rechte auch erneut ein Angebot zu ihrer Verlängerung platziert, das von der SRG überboten worden ist. Die Angelegenheit blieb in der Politik ohne grösseres Echo, zumindest bisher. Noch hat der Abstimmungskampf nicht begonnen.

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