Mittwoch, März 12

Der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern hat das Geschäftsjahr 2024 mit Bravour abgeschlossen. Auch für das laufende Jahr erwartet die Geschäftsleitung ein rasantes Wachstum. Sogar das Image hat sich stark verändert.

Noch vor wenigen Jahren hatten Rüstungsunternehmen bei vielen Menschen und Anlegern einen eher anrüchigen Ruf. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und das Gebaren von US-Präsident Donald Trump haben das fundamental geändert. Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender von Rheinmetall, des grössten deutschen Rüstungskonzerns, illustrierte das am Mittwoch an der Jahrespressekonferenz mit einer Anekdote: Beim Besuch eines Fussballspiels sei er am Dienstag von anderen Zuschauern, die ihn erkannt hätten, angesprochen worden: «Gut, dass es Sie gibt.» Das wäre vor fünf Jahren undenkbar gewesen, fügte der Rüstungsmanager an.

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Von Rekord zu Rekord

Dem in Düsseldorf ansässigen Konzern beschert diese Entwicklung einen Rekord nach dem andern. 2024 ist der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 36 Prozent auf 9,75 Milliarden Euro gestiegen. Zu verdanken war die Umsatzsteigerung den Divisionen des militärischen Geschäfts, das mittlerweile rund 80 Prozent des Konzernumsatzes umfasst und im Berichtsjahr um 50 Prozent zulegte. Dabei geht es vor allem um Panzer, Militär-Lastwagen, Munition, Flugabwehr, Drohnen und Verteidigungselektronik. Der nationale Anteil am gesamten Umsatz wuchs infolge steigender Geschäftsvolumen mit der Bundeswehr auf 30 Prozent.

Das zivile Geschäft hingegen, das in der Division Power Systems zusammengefasst ist und vor allem Zulieferungen für die Automobilindustrie umfasst, litt unter der Schwäche der Autobranche und verzeichnete einen leichten Umsatzrückgang. Es wird von Papperger nicht mehr zum Kerngeschäft gezählt. Fände sich der richtige Käufer, könnte sich Rheinmetall von der Sparte trennen, deutete der Konzernchef an. Derzeit gebe es jedoch keinen solchen.

Das operative Ergebnis des Gesamtkonzerns stieg im Berichtsjahr um satte 61 Prozent auf 1,45 Milliarden Euro, was eine operative Marge von 15,2 Prozent ergibt. Im Vorjahr hatte diese Marge 12,8 Prozent betragen. Der Reingewinn nach Steuern legte um 38 Prozent auf 808 Millionen Euro zu. Der Hauptversammlung im Mai wird vorgeschlagen, die Dividende für das Geschäftsjahr 2024 gegenüber dem Vorjahr um 42 Prozent auf Euro 8,10 je Aktie zu erhöhen.

Höhenflug der Aktie

Wer früh in Rheinmetall investiert hat, profitiert zudem von einer fast beispiellosen Kursentwicklung. Schon der Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 hat den Kurs in die Höhe getrieben. Doch vor allem die jüngsten geopolitischen Entwicklungen und die damit verbundenen Aussichten auf eine massive Steigerung der deutschen und europäischen Rüstungsausgaben haben einen schwindelerregenden Höhenflug ausgelöst.

In den letzten zehn Jahren sei der Aktienkurs um über 2000 Prozent gestiegen, vermerkte Papperger nicht ohne Stolz. Auch die Jahresergebnisse quittierten die Anleger positiv: Bis Mitte Nachmittag legte die Rheinmetall-Aktie gegenüber dem Vortag um rund 7 Prozent zu.

Auf Rekordhöhe sind auch die Auftragsbücher des Rüstungskonzerns: Der Auftragsbestand per Ende Jahr, bestehend aus verbindlichen Rüstungsaufträgen, militärischen Rahmenverträgen für mehrere Jahre sowie Aufträgen aus dem Autozulieferer-Geschäft, betrug 55 Milliarden Euro, 45 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Für das laufende Jahr erwartet Rheinmetall eine weitere Umsatzsteigerung von 25 Prozent bis 30 Prozent im Gesamtkonzern und von 35 Prozent bis 40 Prozent im militärischen Geschäft. Auf dieser Basis stellt das Unternehmen einen Anstieg der operativen Ergebnisrendite von 15,2 Prozent im letzten Jahr auf rund 15,5 Prozent im laufenden Jahr in Aussicht.

«Zeitenwende 2.0»

Dieser Ausblick berücksichtige noch nicht die Verbesserung des Marktpotenzials, die sich insbesondere in den für Rheinmetall besonders relevanten Märkten in Europa, Deutschland und der Ukraine aufgrund der geopolitischen Entwicklungen in den zurückliegenden Wochen voraussichtlich ergeben werde, betonte der Konzern.

Papperger sprach von einer «Zeitenwende 2.0». Rheinmetall sei darauf gut vorbereitet, man habe die Kapazitäten bereits massiv erhöht und werde dies weiter tun. «Eine Epoche der Aufrüstung in Europa hat begonnen, die uns allen viel abverlangen wird.» Sie bringe Rheinmetall für die kommenden Jahre aber auch noch nie erlebte Wachstumsperspektiven.

Schweizer Standortnachteil

In den letzten beiden Jahren hat der Konzern laut Papperger fast 8 Milliarden Euro investiert, um neue Werke aufzubauen, Zukäufe zu tätigen und Lieferketten abzusichern. Gemessen an Vollzeitstellen hat Rheinmetall über 28 000 Mitarbeiter an 171 Standorten im In- und Ausland, einschliesslich den USA. Der Rüstungskonzern ist auch in der Schweiz präsent. Dort investiere man aber «nicht so viel», weil man die bekannten Probleme mit dem Export habe, sagte der Konzernchef.

Würden die europäischen Nato-Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht, würde dies einen Anstieg von 440 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf fast 1ooo Milliarden Euro im Jahr 2030 entsprechen, erklärte der Papperger unter Verweis auf Simulationsrechnungen.

Konkreter wird es im Herbst

Um die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Waffenschmiede zu beziffern, müssen zunächst die Ankündigungen konkretisiert werden. Pappberger erläuterte dies am Beispiel Deutschland: Falls nächste Woche die von Union und SPD geplanten Beschlüsse zur Erhöhung Verteidigungsausgaben unter Lockerung der Schuldenbremse getätigt würden, werde man sich mit dem Verteidigungsministerium zusammensetzen und sehen, was man wann liefern könne und wo man Kapazitäten aufbauen müsse.

Dieser Prozess werde Monate dauern. Dann brauche man Verträge und müsse diese umsetzen. Deshalb gehe er davon aus, dass der Einfluss auf die Zahlen in diesem Jahr noch nicht so hoch sein werde. Man könne davon ausgehen, dass Rheinmetall beim Kapitalmarkttag im Herbst den Ausblick anpassen könne.

Sie können dem Berliner Wirtschaftskorrespondenten René Höltschi auf den Plattformen X und Linkedin folgen.

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