Mittwoch, März 12

Trumps Aussenminister Marco Rubio und sein russischer Kollege Sergei Lawrow einigen sich in Riad darauf, über ein Ende des Ukraine-Krieges zu verhandeln. Während die Europäer konsterniert sind, feiert das gastgebende Saudiarabien einen Prestigeerfolg.

Juri Uschakow schien zufrieden. Die Gespräche seien gut verlaufen, sagte der aussenpolitische Berater von Russlands Präsidenten Wladimir Putin am Dienstagnachmittag in Riad. Zuvor hatte Uschakow gemeinsam mit Russlands Aussenminister Sergei Lawrow einer amerikanischen Delegation gegenübergesessen. Aus Washington waren der neue Aussenminister Marco Rubio, Trumps Nahostberater Steve Witkoff und der amerikanische Sicherheitsberater Mike Waltz in die saudische Hauptstadt geflogen.

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Man habe über alle Themen gesprochen, verkündete Uschakow – und meinte damit vor allem eines: den Krieg in der Ukraine. Der neue amerikanische Präsident Donald Trump will den blutigen Waffengang, der 2022 mit Putins Überfall auf das Nachbarland begonnen hatte, so schnell wie möglich zu Ende bringen. Dafür ist er bereit, mit der bisherigen amerikanischen Politik zu brechen – und sich mit den zuletzt geächteten Russen an einen Tisch zu setzen.

Weder die Europäer noch Selenski sind mit von der Partie

Das hochrangige Treffen in Riad diente dabei der Vorbereitung eines weitaus wichtigeren Gipfels. In Kürze will der amerikanische Präsident höchstpersönlich mit Putin in Riad zusammenkommen. Bereits jetzt deutet sich an, was die beiden mächtigen Männer im Alleingang aushandeln wollen. Man erhoffe sich ein rasches Ende der Sanktionen, heisst es vonseiten der Russen, die auch den Chef ihres Investmentfonds in die arabische Wüste geschickt haben.

Weder die mit den USA verbündeten Europäer noch der in einem blutigen Abwehrkampf befindliche ukrainische Präsident Wolodimir Selenski waren in Riad mit von der Partie. Selenski weilte zwar zur gleichen Zeit in den benachbarten Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Schicksal seines Landes jedoch wird offenbar über seinen Kopf hinweg zwischen Moskau und Washington in Eigenregie verhandelt.

Konkrete Ergebnisse wurden aus den Vorgesprächen noch nicht bekannt. Man habe beschlossen, Verhandlungsteams zu bilden, meldete das State Department. Dabei solle auf die Bedürfnisse aller Beteiligten eingegangen werden. Das Treffen in Riad zeigt jedoch, dass sich vor allem die Europäer in Zukunft warm anziehen müssen. Unter Trump wird Washington kaum Rücksicht auf europäische Befindlichkeiten nehmen. Stattdessen setzt er fortan auf den direkten Kontakt mit Moskau.

Für Saudiarabien ist das ein enormer Prestigegewinn

In den Hauptstädten der traditionellen Verbündeten Washingtons dürfte aber noch ein weiterer Umstand für grosse Verunsicherung sorgen. War der damalige Präsident Joe Biden am Vorabend der russischen Invasion mit Putin in der traditionellen Diplomatenstadt Genf zusammengekommen, wird nun ausgerechnet in Riad Weltpolitik gemacht.

Für Saudiarabien, welches seit Jahren nach Weltgeltung strebt, bedeutet der Gipfel zwischen den beiden Grossmächten einen enormen Prestigegewinn. In letzter Zeit hatte sich dessen mächtiger Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) immer wieder als ehrlicher Makler im Ukraine-Krieg aufgedrängt. Der Prinz, der über gute Beziehungen zu Russland verfügt, mit dem er im Erdölkartell Opec plus über Fördermengen verhandelt, hatte unter anderem einen Gefangenenaustausch zwischen den Kriegsparteien erwirkt.

Doch sein jetziger Coup übertrifft alles bisher Dagewesene. Sollten sich Putin und Trump tatsächlich in seinem Königreich treffen, dürfte MBS der grosse Gewinner sein – ganz gleichgültig, was bei den Verhandlungen am Ende herauskommen sollte.

Droht bald Streit wegen Gaza?

Zu verdanken hat MBS das seinen guten Beziehungen zu Trump. 2016 war der damals neu gewählte US-Präsident in Riad wie ein König empfangen worden. Auch nach dessen Abwahl bestanden weiterhin Geschäftsbeziehungen zwischen den Saudi und dem engen Familienkreis Trumps. Nun kann MBS – der mit Trumps Vorgänger Joe Biden nie warm wurde – wieder auf seinen alten Bekannten zählen.

Ob die neuerlichen Flitterwochen allerdings von Dauer sein werden, ist eine andere Frage. Denn während sich Saudiarabien im Ukraine-Krieg als perfekter Vermittler in Szene setzen kann, droht MBS bei einem anderen Thema möglicherweise mit der Trump-Administration aneinanderzugeraten. Erst vor kurzem hatte der amerikanische Präsident mit dem Vorschlag, den ausgebombten Gazastreifen zu entvölkern und komplett neu aufzubauen, im Nahen Osten für Entsetzen gesorgt.

Anrainerstaaten wie Ägypten und Jordanien stemmen sich mit aller Kraft dagegen, Palästinenser aufnehmen zu müssen. Saudiarabien, welches seinem selbsternannten Anspruch als arabische Führungsmacht gerecht werden muss, steckt mit einem Mal in einem Dilemma: Einerseits will das Land zwar am Tisch mit den Mächtigen sitzen und bei globalen Themen wie dem Ukraine-Krieg mitreden. Andererseits versucht MBS jedoch alles, um sich am heissen Eisen Gaza bloss nicht die Finger zu verbrennen.

In der neuen Weltordnung ist niemand sicher

So hatte der Kronprinz die eigentlich schon als ausgemacht geltende Normalisierung mit Israel infolge des Gaza-Krieges auf die lange Bank geschoben. Ohne einen Palästinenserstaat sei die nicht zu haben, hiess es jüngst aus Riad. Doch Trump gilt – im Gegensatz zu der als langmütig geltenden Biden-Administration – nicht gerade als geduldig, wenn es um seine Herzensprojekte, wie etwa die israelisch-arabische Aussöhnung ohne Palästinenser, geht.

Riad will dem nun mit einem eigenen Vorschlag zu Gaza entgegenwirken – und hat für Freitag daher einen arabischen Mini-Gipfel einberufen. Ob es den oftmals zerstrittenen und angesichts der Gaza-Krise furchtsamen Araberstaaten dort gelingen wird, mehr als nur vage Ideen zu produzieren, ist fraglich.

Saudiarabien sonnt sich daher lieber in seinem derzeitigen Ruhm als Ukraine-Vermittler. Doch die neue Weltordnung, die Trump und Putin bei ihrem möglichen Treffen in Riad wohl zelebrieren werden, betrifft am Ende nicht nur die geschockten Europäer. Auch Mittelmächte wie Saudiarabien könnten in Zukunft schnell ins Fadenkreuz der neuen, imperial auftretenden Amerikaner geraten, sollten sie nicht spuren.

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