Dienstag, April 22

Ein russisches Gericht verurteilt den Schweizer Rohstoffkonzern zu einer Zahlung an die Sberbank. Sie soll in Form von Beteiligungen an einem Erdölkonzern und einem Aluminiumhersteller erfolgen.

Die Zeiten haben sich geändert: Im Jahr 2017 hat Ivan Glasenberg, der damalige Chef des Schweizer Rohstoffkonzerns Glencore, noch den Freundschaftsorden des Kremlherrschers Wladimir Putin überreicht bekommen. Heute klagt die russische, staatlich kontrollierte Sberbank, die unter westlichen Sanktionen steht, gegen den Rohstoffriesen.

Ein russisches Schiedsgericht hat nun Glencore angewiesen, 11,4 Milliarden Rubel, umgerechnet gut 110 Millionen Franken, an die Sberbank zu bezahlen. Bezahlt werden soll mithilfe der restlichen Unternehmensbeteiligungen von Glencore an russischen Rohstofffirmen.

Mehrere Klagen in Russland

Bei dem Fall handelt es sich um nicht bezahlte Lieferungen von Treibstoffen der schweizerischen Rohstoffhandelstochter der Sberbank an Glencore. Wegen der westlichen Sanktionen konnte offenbar das Geschäft nicht mehr abgewickelt werden. Es ist bereits die zweite Klage, die die russische Grossbank gegen den Schweizer Konzern eingereicht hat. Im vergangenen Jahr hatte das Gericht Glencore bereits zu einer Zahlung in ähnlicher Höhe verurteilt.

Die Sberbank möchte dabei, dass die Summe in Form von Aktien beglichen wird. Glencore hält weiterhin 0,57 Prozent an dem russischen staatlichen Erdölkonzern Rosneft und 10,55 Prozent an der russischen Holding EN+, zu der der Aluminiumkonzern Rusal gehört. Die Sberbank hatte bereits versucht, Aktienpakete einfrieren zu lassen, was von einem Gericht aber abgewiesen wurde.

Die russische Grossbank hatte auch versucht, eine Beteiligung am russischen Ableger des Agrargüterhändlers Viterra zu erhalten. Viterra war vor dem Zusammenschluss mit dem Agrarrohstoffriesen Bunge im vergangenen Jahr eine Tochter von Glencore. Laut Medienberichten kaufte jedoch ein früherer russischer Viterra-Manager mit Partnern teilweise das Geschäft in Russland. Die Beteiligung am kleineren Erdölunternehmen Russneft konnte Glencore bereits 2022 veräussern.

Wie kommt man aus Russland raus?

Der Fall zeigt auch die Probleme westlicher Unternehmen auf, die Beteiligungen in Russland verkaufen wollen, um das Land zu verlassen. Bereits kurz nach der russischen Grossinvasion in der Ukraine im Februar 2022 hatte Glencore erklärt, keine neuen Verträge zum Kauf russischer Rohstoffe einzugehen. Der Schweizer Konzern sagte aber, er komme seinen gesetzlichen Verpflichtungen aus bereits bestehenden Verträgen nach, sofern alle geltenden Sanktionen eingehalten würden.

Im März 2022 räumte Glencore bereits ein, zu dem Schluss gekommen zu sein, dass es im aktuellen Umfeld keinen realistischen Weg gebe, aus den Beteiligungen auszusteigen. Die Aktien wurden einfach gehalten. Seitdem gab es aber auch abschreckende Beispiele anderer westlicher Unternehmen.

So waren im vergangenen Jahr neben Energieunternehmen auch die Töchter europäischer Konsumgüterkonzerne wie Danone oder Carlsberg unter staatliche Verwaltung gestellt worden. Beide Unternehmen wollten ihre russischen Tochterfirmen verkaufen. Jetzt werden sie von Günstlingen des Kremls kontrolliert.

Die Beteiligungen von Glencore am Erdölkonzern Rosneft und am Aluminiumhersteller Rusal sind derzeit laut Marktkapitalisierung insgesamt 700 Millionen Franken wert. Der Schweizer Rohstoffkonzern ist wohl nicht abgeneigt, die Anteile zu verkaufen. Sicherlich möchte Glencore für diese aber auch den Marktwert erhalten. Das Unternehmen wollte sich zur Gerichtsentscheidung nicht äussern.

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