Laut einem Bericht des Senders CNN haben amerikanische Geheimdienste einen Mordanschlag auf den CEO von Rheinmetall vereitelt. Auch andere Manager aus der Rüstungsindustrie sollen auf einer russischen Abschussliste stehen.
Deutsche und amerikanische Nachrichtendienste haben offenbar einen Mordanschlag auf den Vorstandschef des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall vereitelt. Wie der Nachrichtensender CNN am Donnerstag berichtete, hatte die russische Regierung einen Anschlag auf Armin Papperger geplant. Der 61-Jährige ist seit Januar 2013 Vorstandsvorsitzender des börsennotierten Düsseldorfer Unternehmens.
Laut den Recherchen von CNN erfuhr einer der amerikanischen Nachrichten- oder Geheimdienste Anfang des Jahres von den russischen Plänen für ein Mordkomplott und warnte die deutsche Regierung. Um welchen amerikanischen Dienst es sich handelt, geht aus dem Bericht nicht hervor.
Das Komplott sei Teil einer ganzen Reihe russischer Mordpläne gegen Führungskräfte europäischer Rüstungsunternehmen gewesen, berichtet CNN. Der Anschlag auf Papperger soll dabei am ausgereiftesten gewesen sein. Zu den Umständen, unter denen der Anschlag auf Papperger vereitelt werden konnte, ist bei CNN und darüber hinaus bis jetzt nichts zu erfahren. Bei CNN heisst es lediglich, die deutschen Sicherheitskräfte seien in der Lage gewesen, den Rheinmetall-Chef zu schützen und den Plan zu vereiteln.
Rheinmetall wollte sich auf Anfrage der NZZ nicht zu dem Plan äussern. Zu Fragen der Konzernsicherheit könne man sich grundsätzlich «nicht äussern», hiess es. In Abstimmung mit Sicherheitsbehörden treffe man stets «die erforderlichen Massnahmen».
Der Ukraine-Krieg brachte Rheinmetall Rekordzahlen
Rheinmetall hat seit dem russischen Überfall auf die Ukraine seinen Umsatz und seinen Gewinn deutlich gesteigert. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei einem Rekordwert von 7,2 Milliarden Euro. Der Gewinn stieg von 469 Millionen Euro im Jahr 2022 auf 535 Millionen Euro im Jahr 2023. Wenige Tage nach dem Kriegsausbruch hatte Papperger der Bundesregierung angeboten, innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl von Panzern und anderem Gerät in die Ukraine zu liefern. Deutschland müsse nur das nötige Geld zur Verfügung stellen. Damit setzte Papperger vor allem die politischen Entscheider in Berlin unter massiven Druck.
Nach der Verkündung des 100-Milliarden-Sondervermögens durch Bundeskanzler Olaf Scholz im Februar 2022 erklärte Papperger, der Ukraine Ausrüstung im Wert von 42 Milliarden Euro liefern zu können. Dazu gehörten logistische Fahrzeuge sowie Radpanzer und Kettenfahrzeuge – also vor allem schwere Kampfpanzer. Kritiker warfen ihm damals Unseriosität vor, da sich in ihren Augen diese Mengen nicht in so kurzer Zeit beschaffen liessen.
Inzwischen hat Rheinmetall jedoch durchaus geliefert. Das Unternehmen fuhr in relativ kurzer Zeit die Munitionsproduktion für den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard hoch. Diese war zuvor im Grunde eingestellt, weil die Bundeswehr diesen Panzer bereits ausgemustert hatte. In der Ukraine erweist sich der Gepard als wertvolle und wirksame Waffe vor allem gegen russische Drohnen.
Und auch bei der Lieferung älterer Schützenpanzer des Typs Marder und von Leopard-1-Kampfpanzern spielt Rheinmetall eine wichtige Rolle. Das Unternehmen bereitet sie auf und unterhält mehrere Reparatureinrichtungen für Panzer und anderes Gerät, das in der Ukraine beschädigt wurde.
Artilleriegranaten sind Russland ein Dorn im Auge
Für Russland aber sind andere Produkte von Rheinmetall ein viel grösseres Problem. Anfang des Jahres vollzog Papperger mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius den Spatenstich für ein neues Munitionswerk im niedersächsischen Unterlüss. Dort sollen ab dem kommenden Jahr in grösserem Umfang Artilleriegranaten vom Kaliber 155 hergestellt werden. Schon heute produziert Rheinmetall diese Granaten. Aber weil die Bundeswehr in den zurückliegenden Jahrzehnten nur noch geringe Mengen abnahm, hatte Rheinmetall die Kapazitäten erheblich zurückgefahren.
Ausserdem hat Rheinmetall angekündigt, in der Ukraine gemeinsam mit dem staatlichen Rüstungskonzern Ukroboronprom Panzer und Gefechtsfahrzeuge zu bauen. Papperger reiste mehrfach seit dem russischen Überfall in die Ukraine und traf sich dort unter anderem auch mit Präsident Wolodimir Selenski. Es wirkte mitunter, als mache der Rheinmetall-Chef eine Art paralleler deutscher Aussen- und Rüstungsexportpolitik. Immer wieder ermahnte er in Interviews die Regierung in Berlin zu mehr Tempo und mehr Geld, um Waffen und Kriegsgerät zu beschaffen.
Auch andere Rüstungsmanager waren Ziel russischer Pläne
Sollte der CNN-Bericht zutreffen, würden die Pläne zum russischen Vorgehen in Deutschland und anderen westlichen Unterstützerstaaten der Ukraine passen. Das Putin-Regime in Moskau führt schon seit längerem einen verdeckten Krieg – insbesondere in Deutschland. Mitte April wurden zwei Russlanddeutsche festgenommen, die für den Kreml spioniert und Sabotage sowie Anschläge geplant haben sollen. Auch den Brand in einem Werk von Diehl in Berlin, den Ausfall von Stellwerken der Deutschen Bahn und den Brandanschlag auf einen Strommasten des Tesla-Werks in Grünheide bringen Sicherheitsfachleute in Verbindung mit dem hybriden Krieg, den Russland in Deutschland führe.
Diehl produziert Flugabwehrsysteme wie Iris-T, die in der Ukraine zum Einsatz kommen. Die Bahn und andere Unternehmen transportieren Waffen und Ausrüstung für die Ukraine nach Polen. Und der Produktionsausfall in Grünheide kostete Tesla Millionen. Der Tesla-Hauptaktionär Elon Musk stellt der ukrainischen Armee mit seinen SpaceX-Satelliten und Starlink-Antennen ein Kommunikationsnetz zur Verfügung.
USA wegen russischer Sabotageakte in Alarmbereitschaft
«Wir sehen Sabotage, wir sehen Mordpläne, wir sehen Brandstiftung. Wir sehen Dinge, die Menschenleben kosten», zitiert CNN einen ranghohen Nato-Beamten. «Ich glaube fest daran, dass wir es mit einer Kampagne verdeckter russischer Sabotageaktivitäten zu tun haben, die strategische Konsequenzen haben.»
So versetzten die US-Streitkräfte etwa in der vorigen Woche ihre Stützpunkte in Europa erstmals seit vielen Jahren in erhöhte Alarmbereitschaft. Grund waren laut CNN Hinweise auf Sabotageakte und Angriffe auf amerikanisches Militärpersonal, die aus Moskau orchestriert worden sein sollen. Im März wurden in London mehrere Männer angeklagt, denen vorgeworfen wird, ein Lagerhaus in Brand gesetzt zu haben, in dem Ausrüstung für die Ukraine gelagert worden sein soll. Auch in Polen und Frankreich wurden in den vergangenen Wochen mehrere Verdächtige festgenommen, die in Verbindung zum russischen Regime stehen sollen.
Die Frage ist, ob solche Aktionen noch zur hybriden Kriegsführung gehören und damit unterschwellig sind oder ob es sich bereits um konkrete Kriegshandlungen handelt. Die Nato könnte in diesem Fall den Bündnisfall ausrufen.

