Freitag, Dezember 27

In den USA grassieren gleich mehrere Startups aus der Nuklearforschung. Die Reifeprüfung steht allerdings noch bevor.

Ein spitzes Holzdach, ein Haupteingang aus Glas – von aussen sieht die Blockhütte ziemlich unspektakulär aus, sie könnte auch als ein modernes Pfadilokal durchgehen.

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Doch gehen die Pläne von Oklo auf, sehen so die Atomkraftwerke der Zukunft aus.

Mächtige Unterstützer in Wirtschaft und Politik

Oklo ist ein Startup aus dem kalifornischen Santa Clara. Die Mission des Unternehmens klingt simpel: Schon Ende dieses Jahrzehnts will es Atomkraftwerke bauen, die kaum grösser als ein Einfamilienhaus sind.

Im Umfeld von Oklo tummeln sich grosse Namen: Peter Thiel hat mit einer Venture-Capital-Firma in das Startup investiert, auch der Schweizer Unternehmer Daniel Aegerter ist beteiligt. Im Verwaltungsrat von Oklo sitzt nicht nur der Open-AI-Gründer Sam Altman, sondern auch Chris Wright, der CEO von Liberty Energy und Trumps designierter Energieminister. Wird Wright vom Senat bestätigt, wird er seinen Sitz im Verwaltungsrat von Oklo zwar räumen – die Sympathien für Nuklearforschung aber in sein neues Amt tragen.

Das Geschäft mit der Atomkraft boomt gerade in den USA. Getrieben wird das allen voran von der Nachfrage der grossen Tech-Anbieter, die mit Atomstrom ihre Rechenzentren versorgen wollen. So kaufte Amazon im Frühling ein Datenzentrum in Pennsylvania, das seinen Strom von einem naheliegenden Kernkraftwerk bezieht. Und Microsoft schloss im September einen Deal mit dem Eigentümer des Kernkraftwerks Three Mile Island ab, damit dieser einen Reaktor wieder hochfährt.

Es ist ein Geschäftsumfeld, das der Aktie von Oklo gerade Aufwind verleiht. Seit September hat sich der Wert des Titels fast vervierfacht. Und das, obwohl Oklo noch keinen einzigen Reaktor in Betrieb genommen hat.

Solaranlagen auf dem Dach, Atomkraftwerke im Garten

Oklo wurde 2013 von den Studienfreunden Jacob DeWitte und Caroline Cochran gegründet, die beiden hatten noch nicht einmal ihr Doktorat in Nuklearingenieurwesen am Massachusetts Institute of Technology (MIT) abgeschlossen. Die Vision war bereits die gleiche wie heute: DeWitte und Cochran träumen von einer Zukunft, in der Datenzentren und Industriebetriebe ihren Strom nicht mehr von zentralen Stromversorgern beziehen, sondern sich mit Kleinreaktoren ihre Quelle gleich selbst absichern können – ähnlich, wie sie es mancherorts heute mit Solarzellen auf den Dächern tun. Das Stromnetz kann so entlastet werden.

Auf technischer Ebene will Oklo dabei Atommüll wiederverwenden. Ein Grossteil der Energie soll von ausgedienten Brennelementen alter Leichtwasserreaktoren kommen, die dann in Flüssigmetall gekühlt werden. Bei der Stromproduktion greift das Startup auf bekannte Zulieferer zurück: Im August teilte Oklo mit, dass der deutsche Industriekonzern Siemens die Dampfturbinen zur Umwandlung von Hitze in Strom liefern soll. Ein Reaktor von Oklo soll eine Leistung von 15 bis 50 Megawatt zusammenbringen. Zum Vergleich: Das Atomkraftwerk in Leibstadt hat eine Leistung von 1285 Megawatt.

Bis anhin gibt es von Oklo allerdings nur Testreaktoren. Das Unternehmen will in Idaho 2027 das erste Kraftwerk in Betrieb nehmen. Das Problem: Noch fehlt Oklo dafür die Erlaubnis.

Die amerikanische Atomaufsichtsbehörde hatte einen entsprechenden Bewilligungsantrag von Oklo im Januar 2022 zurückgewiesen. Oklo habe nicht genügend Informationen hinsichtlich der Sicherheitsvorkehrungen bereitgestellt, könne jedoch zu einem späteren Zeitpunkt erneut ein Bewilligungsgesuch einreichen.

Manche Beobachter warnen daher vor verfrühtem Optimismus. Analysten der Investmentgesellschaft Kerrisdale Capital bezeichneten die Pläne von Oklo in einem Bericht jüngst als Hybris: Die Zeitvorstellungen seien unrealistisch, die Kostenprojektionen nicht glaubwürdig, das Management zu unerfahren.

Experten sind sich uneinig

Oklo ist nicht die einzige ambitionierte Marke der amerikanischen Atomindustrie. Google kündete im Oktober eine Partnerschaft mit Kairos Power an, einem Startup mit ähnlichen Visionen wie Oklo. Terra Power, ein von Bill Gates gegründetes Nuklearunternehmen, hat im Juni im Gliedstaat Wyoming mit dem Bau eines neuen Kernkraftwerks begonnen, das statt Wasser eine Natriumlösung als Kühlmittel verwendet.

In der Branche ist in diesem Zusammenhang oft von Small Modular Reactors (SMR) die Rede. Gemeint sind damit kleinere Atomanlagen, bei denen die Bauteile in einer Fabrik gefertigt werden und vor Ort nur noch zusammengesetzt werden müssen. Gegenüber herkömmlichen Kernreaktoren soll der Bauprozess damit günstiger und zügiger werden – zumindest in der Theorie.

In der Praxis fehlt jedoch noch die Erfahrung. Bis anhin sind SMR erst in Russland und China in Betrieb. Forscher des Paul-Scherrer-Instituts halten es für plausibel, dass spätestens 2030 auch in westlichen Ländern kommerzielle Anlagen betrieben werden.

Die atomkritische Schweizerische Energiestiftung hingegen schreibt zu SMR: «Von einer breiten Produktion und Installation solcher Reaktoren ist man noch Jahrzehnte entfernt. Ob sich die neuen Reaktorkonzepte überhaupt wirtschaftlich nutzen liessen, ist unklar.»

Solange SMR nicht zahlreicher in Betrieb sind, werden sie in der öffentlichen Debatte als Projektionsfläche dienen. Für alle, die in ihnen die Lösung sämtlicher Versorgungsprobleme sehen. Aber auch für jene, welche die Visionen der Startup-Gründer für leere Versprechen halten.

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