Mittwoch, März 19

Die Insolvenz des deutschen Reiseanbieters FTI ist ein Schlag für Samih Sawiris, der in der Schweiz vor allem für sein Engagement in Andermatt bekannt ist. Mit der Beteiligung dürfte er viel Geld verloren haben. Auch sonst spürt er geschäftlich Gegenwind.

Samih Sawiris hat geschäftlich schon bessere Zeiten erlebt. Selbst im Kanton Uri, wo man ihm wohlgesinnt ist, musste der ägyptische Investor jüngst einen Rückschlag einstecken. Er werde seine Pläne für eine Marina am Urnersee redimensionieren, gab Sawiris bekannt, nachdem es viel Widerstand aus der Bevölkerung gegeben hatte. Das Projekt für eine Luxus-Marina schrumpft zum normalen Bootshafen.

FTI leidet an den Corona-Folgen

Und nun folgt ein herber Schlag für Sawiris in Deutschland. Am Montag hat die FTI-Gruppe, der drittgrösste Reiseanbieter Europas, überraschend Insolvenz angemeldet. Sawiris ist über seine private Beteiligungsgesellschaft SOSTNT mit einem Anteil von 75,1 Prozent der Mehrheitseigentümer des Unternehmens.

Noch im Jahr 2019 hatte Sawiris erklärt, seine Investition in die FTI-Gruppe sei «eine der besten Entscheidungen aller Zeiten» gewesen. Sawiris war 2014 zunächst mit einer 33-Prozent-Beteiligung beim Unternehmen eingestiegen. Das Ziel lautete, über die FTI Touristen aus Europa in seine Resorts in Ägypten oder Oman zu locken.

Doch dann kam Corona – und die FTI-Gruppe hat sich von den Folgen der Pandemie nie erholt. Wie andere Touristikunternehmen wurde die FTI vom Stopp des Reiseverkehrs hart getroffen. Hilfe kam einerseits von Sawiris: Er schoss im Jahr 2020 Kapital ein und stockte seinen Anteil auf rund 75 Prozent auf. Anderseits gewährte der deutsche Staat Corona-Hilfskredite und Kreditgarantien von insgesamt rund 875 Millionen Euro.

Das laufende Geschäft der FTI-Gruppe erholte sich nach dem Ende der Pandemie mit dem aufkommenden Reiseboom. Aber die Corona-Kredite lasteten schwer auf dem Unternehmen – und sie dürften ihm nun zum Verhängnis geworden sein.

Am Wochenende scheiterten offenbar Gespräche mit den deutschen Behörden über Erleichterungen bei der Kreditrückzahlung. Deshalb kam auch ein im April verkündetes Geschäft nicht zustande, das vorsah, dass sich Sawiris als Mehrheitseigentümer zurückzieht. Ein Konsortium rund um die amerikanische Investmentgesellschaft Certares sollte die FTI-Beteiligung für den symbolischen Preis von 1 Euro übernehmen und frisches Kapital im Umfang von 125 Millionen Euro einschiessen.

Womöglich ein Verlust von 260 Millionen

Samih Sawiris hat mit seinem FTI-Engagement wohl viel Geld verloren – vor allem wegen der Folgen der Corona-Pandemie, wofür man ihm kaum einen Vorwurf machen kann. Das genaue Ausmass des Schadens ist schwierig zu erfassen, da Sawiris das Familienvermögen über verschiedene Beteiligungsgesellschaften verwaltet, etwa die Thursday Holding und die LPSO Holding auf den Cayman-Inseln und die SOSTNT GmbH in Luxemburg.

Die direkte Eigentümerin des 75-Prozent-Anteils an der FTI-Gruppe ist die SOSTNT, die ihre Geschäftsberichte im luxemburgischen Handelsregister veröffentlicht. Ein Blick in die Dokumente zeigt, dass die Gesellschaft ihr FTI-Investment bereits im Jahr 2020 um 131 Millionen Euro abgeschrieben hat. Im Geschäftsbericht per Ende 2022 wurde es als wertlos in den Büchern geführt.

Zusätzlich hat die Sawiris-Gesellschaft der FTI-Gruppe Darlehen gewährt, die sich bis Ende 2022 (letzter vorliegender Geschäftsbericht) auf rund 130 Millionen Euro summierten. Auch diese Darlehen hat die SOSTNT per Ende 2022 komplett abgeschrieben.

Sawiris könnte also mit dem FTI-Engagement insgesamt 260 Millionen Euro verloren haben. Diese Grössenordnung wird von informierten Kreisen bestätigt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Sawiris vor 2019 womöglich an dem Unternehmen verdient hat und es ihm auch andere Vorteile einbrachte – wie die Lenkung der Gästeströme zu seinen Resorts im arabischen Raum.

Erstmals ein Gewinn in Andermatt

Das nun gescheiterte FTI-Engagement war eine der wichtigsten Beteiligungen von Sawiris. In der Schweiz ist er jedoch vor allem bekannt für seine Aktivitäten in Andermatt. Mit seinem grossangelegten Tourismusprojekt hat er dem Urner Bergdorf einen Schub verliehen. Seit 2007 investierten Sawiris’ Gesellschaften rund 1,5 Milliarden Franken in Hotelanlagen, Ferienwohnungen und ins Skigebiet von Andermatt-Sedrun.

Für dieses Engagement hat Sawiris viel Lob und Anerkennung erhalten. Nüchterner sieht die Bilanz hingegen aus, wenn es ums Geldverdienen geht. Das Skigebiet schrieb lange Jahre Verluste. Im Jahr 2022 holte Sawiris dann den weltgrössten Skigebiets-Betreiber, Vail Resorts, an Bord. Er hält nun 55 Prozent des Skigebiets und investiert 110 Millionen Franken, um es finanziell erfolgreich zu machen. Im Geschäftsjahr 2023 wurde die Gewinnschwelle allerdings noch nicht erreicht.

Sawiris hält immer noch 51 Prozent an der Andermatt Swiss Alps AG, die die Hotels und Ferienwohnungen in Andermatt entwickelt und betreibt, und agiert als deren Verwaltungsratspräsident. Die restlichen 49 Prozent des Unternehmens gehören der Orascom Development Holding (ODH), die an der Zürcher Börse kotiert ist und die zu drei Vierteln in Besitz der Sawiris-Familie steht.

Auch bei der Hotelgesellschaft Andermatt Swiss Alps braucht Sawiris einen langen Atem. Seit der Gründung im Jahr 2007 fielen Verluste an. Im Geschäftsjahr 2023 gelang es dem Unternehmen erstmals, im operativen Betrieb (Ebit) einen Gewinn zu erzielen (in Höhe von 1,5 Millionen Franken).

Aktie von Orascom entwickelt sich schwach

Die wichtigste Firma in der langen Karriere des 67-jährigen Unternehmers dürfte die Orascom Development Holding sein. Mit ihr baute Sawiris zahlreiche Resorts im arabischen Raum auf. Die Gruppe betreibt fünf Feriendestinationen in Ägypten und weitere in Oman oder Montenegro. Sawiris leitete das Unternehmen viele Jahre, bevor er das Verwaltungsratspräsidium Ende 2021 an seinen Sohn Naguib Sawiris übergab. Der Sawiris-Familie gehören 76 Prozent der ODH.

Auch dieses Unternehmen musste geschäftlich eine lange Durststrecke durchstehen. Nach den Wirren des Arabischen Frühlings schrieb die ODH über die gesamten 2010er Jahre Verluste. Erst ab 2021 gelang der Vorstoss in die Gewinnzone, vor allem dank gut laufenden Verkäufen von Ferienwohnungen.

Orascom hat in der Corona-Krise an Wert verloren

Aktienkurs der Orascom Development Holding (ODH), in Franken

An der Börse wird die Entwicklung allerdings nicht honoriert. Als die ODH im Jahr 2008 an die Schweizer Börse kam, lag der Preis der Aktie bei 152 Franken. Derzeit wird der Titel zu rund 4 Franken gehandelt. Der Börsenwert der Firma liegt bei 245 Millionen Franken.

Damit ist das ODH-Management nicht zufrieden. Das Unternehmen sei an der Börse stark unterbewertet, hiess es in einer Investorenpräsentation von diesem Mai. Sawiris’ Werk wird von innen und von aussen unterschiedlich eingeschätzt.

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