Donnerstag, März 6

Wegen Zöllen drohen Sandoz dieses Jahr im schlimmsten Fall Mehrkosten von fast 100 Millionen Dollar. Der Konzern hat das Pech, seine Medikamente zum Grossteil in Europa zu produzieren.

Wenn es nach Donald Trump geht, sollen amerikanische Patienten Medikamente möglichst nur noch aus amerikanischen Fabriken erhalten. Ähnlich wie auf importierte Autos und Halbleiterprodukte will der US-Präsident auch auf Pharmaprodukte aus ausländischer Fertigung einen Zoll von zunächst ungefähr 25 Prozent einführen. Angesichts dessen schätzen sich Firmen glücklich, die in Amerika umfangreiche Herstellungskapazitäten besitzen.

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Auf dem falschen Fuss erwischt

Der Basler Generikahersteller Sandoz gehört nicht dazu. Wie der Konzernchef Richard Saynor an der Bilanzmedienkonferenz sagte, hat das Unternehmen in den zurückliegenden eineinhalb Jahren seine letzten Produktionsstätten in den USA geschlossen.

Die zunehmend protektionistische amerikanische Wirtschaftspolitik erwischt das Management somit auf dem falschen Fuss. Das Unternehmen hat sich nämlich trotz der Beendigung seiner Produktion in den USA ehrgeizige Wachstumsziele im weltgrössten Pharmamarkt gesetzt.

Im vergangenen Jahr steuerten die USA erst 20 Prozent zum Gesamtumsatz von 10,4 Milliarden Dollar bei. Zugleich wuchs das Nordamerikageschäft, das auch Kanada umfasst, mit 14 Prozent deutlich stärker als jenes im noch immer dominierenden Europa. Dort stiegen die Verkäufe um 7 Prozent auf 5,4 Milliarden Dollar.

Ehrgeizige Ziele mit Biosimilars

Wie andere Hersteller von Nachahmerprodukten hat sich Sandoz vorgenommen, vorab die Aktivitäten im Bereich Biosimilars auszudehnen. Bei diesen Produkten, die aus lebenden Zellen hergestellt werden, ist der Preisdruck deutlich geringer als bei Generika, deren Fertigung auf chemischem Weg erfolgt. 2024 steigerte Sandoz den Umsatz mit Biosimilars um beinahe 30 Prozent auf 2,9 Milliarden Dollar. Laut eigenen Angaben macht dies das Unternehmen zum weltweit führenden Anbieter in diesem Bereich.

In den USA, wo sich Biosimilars später als in Europa durchgesetzt haben, muss Sandoz zurzeit mit Rang drei vorliebnehmen. Dies soll sich aber ändern. Man strebe die Marktführerschaft an, sagte Saynor.

Amgen und Pfizer haben einen Heimvorteil

Höhere Umsätze erwirtschaften zurzeit die beiden einheimischen Hersteller Amgen und Pfizer. Das Management von Pfizer glaubt, dank der engen Zusammenarbeit mit Trump in dessen erster Amtsperiode einen besonders guten Draht zum Weissen Haus zu besitzen. Der amerikanische Pharmakonzern beteiligte sich an vorderster Front am Regierungsvorhaben Warp Speed, das die möglichst schnelle Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19 zum Ziel hatte.

Anfang dieser Woche brüstete sich der Pfizer-Chef Albert Bourla damit, dank einem umfangreichen Produktionsnetz in den USA gut gegen die Einführung amerikanischer Zölle gewappnet zu sein. Man betreibe landesweit 13 Fabriken, deren Ausstoss bei Bedarf erhöht werden könne.

Auch Amgen verfügt als amerikanisches Unternehmen naturgemäss über eine gute Verwurzelung in den Vereinigten Staaten. Der Biotechkonzern betreibt dort 7 von weltweit 10 Fertigungsstätten. Sandoz hingegen hat den Grossteil der Produktion in Europa angesiedelt.

Patienten sollen Teil des Mehraufwands tragen

Sollten die USA wie angedroht ab Anfang April einen Zoll von 25 Prozent auf Pharmaprodukte aus der EU einführen, würde dies Sandoz laut dem Finanzchef Remco Steenbergen bis Ende Jahr 25 bis 60 Millionen Dollar kosten. Dazu kämen 25 bis 35 Millionen Dollar, welche die Firma wegen der bereits verhängten Zölle gegen Kanada und Mexiko für das laufende Jahr einkalkuliert hat.

Aufwendungen solchen Umfangs sind eine nicht unerhebliche Belastung, doch gibt man sich bei Sandoz überzeugt, einen bedeutenden Teil davon durch Kosteneinsparungen kompensieren zu können. Auch sieht man sich in der Lage, die amerikanischen Patienten in Form von Preissteigerungen am Mehraufwand zu beteiligen.

Hohe Restrukturierungskosten

Steenbergen hat seinen Posten erst am 1. Juli vergangenen Jahres übernommen. Er hat von seinem Vorgänger die Umsetzung eines Restrukturierungsprogramms geerbt, das 2024 mit 233 Millionen Dollar zu Buche schlug. Wie viele Stellen es zusammen mit der Schliessung von weltweit drei Produktionsstandorten gekostet hat, will das Management nicht angeben.

Allerdings sind im laufenden Jahr nochmals Restrukturierungsmassnahmen mit einem einmaligen Aufwand von 100 Millionen Dollar geplant. Falls die Einmalkosten pro betroffenen Beschäftigten auf ungefähr 100 000 Dollar veranschlagt werden, dürfte die Verschlankung mit dem Abbau von rund 3000 Arbeitsplätzen verbunden sein. Per Ende vergangenen Jahres waren bei Sandoz auf Vollzeitbasis noch 22 000 Personen beschäftigt.

Teure Abspaltung von Novartis

2024 war das erste volle Geschäftsjahr, das Sandoz eigenständig bestritt. Bis Anfang Oktober 2023 hatte der Generikahersteller noch eine Sparte von Novartis gebildet.

Die Abspaltung entpuppte sich als teure Übung, und sie ist noch immer nicht in allen Teilen vollzogen. Alles in allem resultierten im vergangenen Jahr Sonderaufwendungen von 1,3 Milliarden Dollar. Der Gewinn erreichte bloss 1 Million Dollar, nachdem er bereits im Vorjahr mit 80 Millionen Dollar bescheiden ausgefallen war.

2025 rechnet Steenbergen mit einem ausserordentlichen Aufwand von insgesamt 500 Millionen Dollar. Der grösste Teil davon, rund 300 Millionen, betrifft die Entflechtung der IT-Infrastruktur. Weil gewissermassen ein Zwilling der Novartis-Plattform gebildet werden muss, können diese Aufgabe offenbar nur Informatiker des Pharmakonzerns übernehmen. Das führe dazu, dass der entsprechende Millionenaufwand primär Novartis zufliesse, sagte der Finanzchef am Rande der Medienkonferenz.

Üppige Managergehälter

Die Verpflichtung Steenbergens war für den Generikahersteller, der gerne seine Rolle bei der Begrenzung von Gesundheitsausgaben betont, indes auch nicht billig. Obschon der ehemalige Lufthansa-Manager erst ein halbes Jahr für Sandoz im Einsatz stand, war er mit einem Gesamtpaket von 9 Millionen Franken das bestbezahlte Mitglied der zehnköpfigen Konzernleitung.

Der hohe Aufwand erkläre sich vor allem aus der Kompensation für Aktien, deren Zuteilung Steenbergen wegen seines Weggangs bei Lufthansa entgangen sei, sagte Saynor. Der Konzernchef selbst erhielt im vergangenen Jahr 6,8 Millionen, die gesamte Konzernleitung 37,1 Millionen Franken.

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