Donnerstag, Januar 30

Der Lagerbestand der Kunden liegt wieder auf Zielniveau. Das Kursplus von 15% und die Jahreszahlen des Göttinger Laborausrüsters zeigen: Sartorius und andere Branchentitel in Deutschland und der Schweiz haben Potenzial.

Die Reaktion der Börse am Dienstagmorgen ist eindeutig: Mit einem Kursplus von zeitweise mehr als 15% führt der Göttinger Laborausrüster Sartorius die 104 Titel im HDax an. Gefolgt vom Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck (+5%) sowie dem Krebsmedizin-Zulieferer Eckert & Ziegler (+3%) sowie dessen Spin-off Pentixapharm (+5%). Der SDax-Titel Stratec liegt ebenfalls rund 5% vorn.

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Die Ausrüster der Pharma- und Biotechkonzerne sind zurück. Der Auslöser des Kurssprungs sind vorläufige Jahreszahlen von Sartorius und Eckert & Ziegler.

Für das Geschäftsjahr 2025 erwartet Sartorius eine fortschreitende Nachfrageerholung mit einem Wachstum des Life-Science-Markts, allerdings noch unterhalb des langjährigen Durchschnitts. Sartorius strebt an, über dem Marktniveau profitabel zu wachsen und eine moderate Umsatzsteigerung zu erzielen, die vorrangig vom wiederkehrenden Geschäft mit Verbrauchsmaterialien getrieben sein dürfte. Auf Basis der erwarteten Volumenentwicklung, positiver Produktmixeffekte und unterstützt von Effekten aus dem Effizienzprogramm des Vorjahres prognostiziert das Unternehmen zudem, dass sich der Ertrag gemessen am operativen Ebitda leicht stärker erhöhen sollte als der Umsatz.

Eine quantitative Prognose will der Konzern nach den Zahlen zum ersten Quartal abgeben. Vielleicht auch aus Rücksicht auf den kommenden CEO Michael Grosse, der das Amt zum 1. Juli vom langjährigen Chef Joachim Kreuzburg übernehmen wird.

Sartorius› Umsatz erreichte 2024 mit 3,4 Mrd. € das Niveau des Vorjahres und die Erwartungen der Analysten. Wechselkursbereinigt lag das Plus bei 0,1%. Der Gewinn auf der Stufe Ebitda blieb ebenfalls nahezu konstant und betrug 945 Mio. € nach 963 Mio. € im Vorjahr. Die daraus resultierende Marge lag bei 28% (Vorjahr: 28,3%) und damit weiterhin auf hohem Niveau. Analysten hatten mit 934 Mio. € gerechnet und einer Marge von 27,7%.

Sartorius stellt unter anderem grosse Einwegbeutel für Bioreaktoren her, dank denen die Tanks weniger aufwendig gereinigt werden müssen, was die Forschungs- und Produktionskosten senkt. Bei vielen Arzneimitteln sind Sartorius-Produkte als Teil des Herstellungsprozesses im Zulassungsverfahren durch die Behörden erfasst, die Kunden sind so ans Unternehmen gebunden.

Besonders positiv sei die Entwicklung im Geschäft mit Verbrauchsmaterialien gewesen, teilte Sartorius mit. Die meisten Kunden hätten ihren teils mehrfach nach unten korrigierten Ziellagerbestand inzwischen erreicht und würden schrittweise zu einem Bestellniveau zurückkehren, das ihren Produktionsaktivitäten entspricht.

Das ist eine entscheidende Nachricht für die Unternehmen. Jahrelang hatte der hohe Lagerbestand der Kunden dafür gesorgt, dass teilweise kaum Bestellungen eingingen. Die Kunden hatten die Vorräte stark erhöht, um Lieferengpässen wie in der Zeit der Coronapandemie vorzubeugen. Anders als in der Autobranche haben die Hersteller keinen Einblick in die Lagerhaltung der Kunden und wurden von dem abrupten Rückgang der Bestellungen kalt erwischt. Noch im Juni 2024 schrieb The Market darüber, dass das Problem noch andauerte. Nun scheint es endlich gelöst zu sein.

Die bei Bloomberg erfassten Analysten erwarten, dass der Umsatz 2025 fast 7% auf 3,61 Mrd. € steigt. Der bereinigte Jahresüberschuss soll mehr als 20% zulegen auf 340 Mio. €. Am für 2025 erwarteten Gewinn pro Aktie gemessen liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei 59. Erst anhand des für 2027 geschätzten Gewinns ergibt sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 38. Ein KGV von rund 40 war für die Sartorius-Aktien vor der Pandemie marktüblich. Ausserdem ist nach den starken Zahlen durchaus zu erwarten, dass Analysten ihre Gewinnprognose für 2025 und die Folgejahre in den kommenden Tagen anheben werden, was das KGV senken würde.

Sartorius ist nicht allein. Positive Nachrichten vermeldete am Montagabend auch das Medizintechnikunternehmen Eckert & Ziegler. Die Berliner stellen Radioisotope her, die in der Krebsmedizin benötigt werden. Das Unternehmen hat nach vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2024 seinen Konzernumsatz 20% auf rund 295 Mio. € gesteigert. Der bereinigte operative Gewinn (Ebit) kletterte sogar 41% auf rund 66 Mio. € und lag damit über der im November angehobenen Prognose für das GJ 2024 von 60 Mio. €, wie das SDax-Unternehmen gestern Abend meldete. Der Gewinn steigt auf rund. 33 Mio. € (Vorjahr: 26,3 Mio.).

Die Berliner haben ihre Strategie aufgrund der vormaligen, durch die Pandemie bedingten Lieferschwierigkeiten angepasst, sagte CEO Harald Hasselmann beim Eigenkapitalforum der Deutschen Börse im November: «Wir bauen Produktionsanlagen auf in Nordamerika und in Europa, um liefern zu können, auch wenn die Lufthansa nicht fliegen kann.»

Für Leser von The Market kommt das Ende des Lagerstaus nicht überraschend. Fondsmanager Tom Ackermans von Fidelity International im Interview sagte im am Montag publizierten Interview, dass dieses Problem nun vorüber sei, er prognostizierte gute Aussichten für Titel wie Sartorius und Merck.

«Das Thema Lagerabbau ist jetzt geklärt», sagte Ackermans. Fidelity-Kollegen seien in den USA auf grossen Branchenkonferenzen gewesen und hätten mit den dortigen Wettbewerbern gesprochen. «Die Botschaft ist klar: Alles hat sich normalisiert. Die Bestellungen sind stabil und kommen wieder regelmässig rein.»

Besonders stark betroffen vom Problem der übersättigten Kunden war der Medizintechniker Stratec aus Birkenfeld bei Pforzheim. Die Schwaben entwickeln Laborgeräte für und mit Kunden wie Diasorin und Hologic. «Der Markt ist nach Covid übersättigt. Wir müssen da durch. Wir sind bei einem Drittel des Vor-Corona-Niveaus», hatte CEO Markus Wolfinger noch im November beim Eigenkapitalforum gesagt.

Stratec gehörte zu den Unternehmen, die sich auf der wichtigen JPMorgan Healthcare Conference, die vom 13. bis zum 16. Januar in San Francisco stattfand, optimistisch zeigten. Stratec habe dort die Unternehmensprognose für 2024 bestätigt, vermeldeten die Analysten der Deutschen Bank. Das Unternehmen hat für das abgelaufene Jahr einen stagnierenden bis leicht rückläufigen Umsatz angekündigt. Bei der Konferenz stellte Stratec eine Ebit-Marge auf dem Niveau des Jahres 2023 von gut 10% in Aussicht. In den ersten neun Monaten 2024 war die Ebit-Marge dagegen auf 8,8% gefallen und der Umsatz um 6% gesunken.

Die Kunden horten nicht mehr allzu viel Ware. Das bestätigte in San Francisco auch der Dax-Konzern Merck. Das Unternehmen habe «betont, dass der Lagerabbau hinter ihnen liegt», heisst es im Bericht der JPMorgan-Analysten über die eigene Konferenz. Merck sehe auf breiter Basis eine Erholung bei den Kunden aus der Life-Sciences-Branche.

An der Schweizer Börse legten am Dienstagmorgen die Valoren des Laborausrüsters Tecan knapp 4% zu. Das Qualitätsunternehmen durchlitt ebenfalls eine Durststrecke wegen der Lagerproblematik. Und sieht nun ebenfalls, dass sich die Situation verbessert, auch wenn die Visibilität wohl weiterhin ungenügend ist, wie CEO Achim von Leoprechting an der Konferenz des Research- und Brokerage-Hauses Octavian Mitte Januar durchblicken liess.

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