Mittwoch, Oktober 2

Der ESC in der Schweiz kommt unter Druck.

Daniel Frischknecht hält nichts vom Eurovision Song Contest. Absolut gar nichts. Für den Präsidenten der christlich-konservativen EDU Schweiz ist der ESC längst kein harmloser Gesangswettbewerb mehr, sondern ein hochpolitischer Anlass. Das hat für ihn die Austragung in Malmö gezeigt, an der Nemo für die Schweiz angetreten ist und gewonnen hat.

In einem kürzlich veröffentlichten Youtube-Video spricht Frischknecht von «Rassismus, Antisemitismus, Satanismus, Blasphemie und destruktiven Sachen wie dem dritten Geschlecht», denen in Schweden gefrönt worden sei.

Für Frischknecht und seine Partei ist deshalb klar: «Wir dürfen keine Millionen für einen solchen scheusslichen Anlass verblöden.» Für Schweden sei der ESC eine Schande gewesen, das Land sei ab- statt aufgewertet worden. Darum gehe es nicht an, dass öffentliche Gelder in die Austragung in der Schweiz flössen. «Das müssen wir mit allen Mitteln verhindern», sagt Frischknecht.

Im Frühling 2025 soll der Grossanlass hierzulande stattfinden. Zürich, Bern/Biel, Genf und Basel haben sich als Standorte beworben. Nun kündigt die EDU aber Referenden in allen Bewerberstädten beziehungsweise -kantonen an. Die Referenden richten sich gegen Kredite, welche die Parlamente in den letzten Wochen im Eilverfahren gesprochen haben. Die Stadt Zürich beispielsweise hat vergangene Woche einen Kredit in Höhe von 20 Millionen Franken bewilligt.

Der EDU-Kantonsrat Hans Egli koordiniert die Unterschriftensammlung in der Stadt Zürich. Er zeigt sich optimistisch, dass man die benötigten 2000 Unterschriften zusammenbekommt, wie er auf Anfrage sagt. Jedoch dürfte dies gar nicht die entscheidende Frage sein.

Schon Ende August will die SRG als Organisatorin des ESC in der Schweiz den Beschluss über den Standort fällen. Nur schon die Ankündigung der Referenden droht nun, diesen engen Zeitplan zu gefährden. Das hat mit Fristen zu tun. In der Stadt Zürich haben Referendumsführer zum Beispiel 60 Tage ab Publikation eines Beschlusses im städtischen Amtsblatt Zeit, um die nötigen 2000 Unterschriften zu sammeln. Mit dem Zeitplan der SRG dürfte das knapp werden. Wenn die Referenden zustande kommen, wird es noch komplizierter. Die Volksabstimmungen könnten wohl erst nach der eigentlichen Austragung des ESC 2025 stattfinden.

Hans Egli weiss das. «Wir halten diesen Anlass für nicht förderungswürdig und nehmen es darum in Kauf, dass er durch unsere Aktion gefährdet wird.» Er findet: Der ESC sei ein hochkommerzieller Event und müsse deshalb nicht von der öffentlichen Hand unterstützt werden. Falls die SRG an der Austragung festhalten wolle, sei sie in der Pflicht, eigenständig Geld zu organisieren, statt beim Staat die hohle Hand zu machen.

Tut die SRG das? Hat sie einen Plan B? Oder ist die Austragung des ESC in der Schweiz wegen der Referenden nun insgesamt bedroht?

Auf einen ausführlichen Fragenkatalog antwortet die SRG-Medienstelle unkonkret. «Wir haben gegenüber den Städten, die sich für die Austragung des ESC beworben haben, bereits bei den Kennenlerngesprächen thematisiert, dass das Risiko von Referenden mit in die Bewertung einfliessen wird», heisst es. Finanzielle Zusagen ohne Referendumspflicht seien insofern risikoarmer und böten mehr Planungssicherheit. «Letztlich ist es im gesamten Anforderungskatalog ein Aspekt von vielen.»

Da die EDU Ernst machen will und in allen Städten und Kantonen Referenden plant, wird die Aufgabe für die SRG sicher nicht einfacher. Insgesamt rechnet man damit, dass die Austragung rund 40 Millionen Franken kosten wird. Die regionale Wertschöpfung, die der Grossanlass mit sich bringt, soll diese Investitionen aber bei weitem übersteigen.

Neben der EDU überlegen sich auch die Vereinigung Bund der Steuerzahler sowie die Junge SVP, Referenden zu ergreifen.

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