Samstag, November 2

Reuters

Über 200 Tote, Hunderte Vermisste und Tausende Menschen ohne Strom, Wasser und Internet: Bilder aus dem All enthüllen das Ausmass der Katastrophe und zeigen, warum die Altstadt der Touristenmetropole weitgehend verschont blieb.

Bereits Anfang Woche warnte der spanische Wetterdienst in der Region Valencia vor heftigem Wind und starken Regenfällen, die die Region im Laufe des Dienstags ins Chaos stürzen würden. Dass die Unwetter jedoch derart verheerende Ausmasse annehmen würden, überraschte viele – besonders die Bewohner im Südwesten der drittgrössten Stadt Spaniens. Die sonst ruhigen, oft ausgetrockneten Flüsse rund um Valencia verwandelten sich binnen Stunden in reissende Ströme.

Der Hauptfluss Valencias ist der Turia. Bis in die fünfziger Jahre verlief er nördlich der bekannten Altstadt. Doch nach einer schweren Unwetterkatastrophe im Jahr 1957, die das historische Viertel überflutete, griff die Stadtregierung ein und leitete den Fluss um. Seither mündet der Turia südlich des Hafens von Valencia ins Mittelmeer.

Nach dem heissen Sommer war das Flussbett des Turia, ebenso wie jenes des kleinen Nebenflusses Rambla del Poyo, ausgetrocknet. Die Regenmengen, die innerhalb weniger Stunden niederprasselten, liessen die Flüsse über die Ufer treten und führten zu schweren Überschwemmungen. Während die Altstadt dieses Mal verschont blieb, trafen die Fluten die Vororte zwischen den Flüssen und der Küste besonders heftig. Dort leben über 60 000 Einwohner.

Der Ort Paiporta wurde am stärksten vom Unwetter heimgesucht. Allein dort forderten die Fluten über 60 Menschenleben, setzten einen Grossteil der Häuser unter Wasser und beschädigten Strassen und Brücken.

Laut der Bürgermeisterin von Paiporta wurden einige Opfer in Garagen aufgefunden. Sie starben, als sie versucht hatten, ihre Autos auf die Strasse zu stellen – eine in Spanien bei starkem Regen übliche Vorsichtsmassnahme, um die Fahrzeuge vor Unterspülungen zu schützen. Andere wurden mitsamt ihren Autos von den Fluten mitgerissen. Selbst aus dem All sind die aufgetürmten Fahrzeuge in den Strassen zu sehen.

Es wird dauern, die Wohnungen, Keller und Strassen zu räumen, denn Valencia versinkt im Schlamm, den das abfliessende Wasser zurückgelassen hat. Unter den Trümmern und in blockierten Garagen werden laufend weitere Opfer geborgen. Derweil verschlechtert sich die Versorgungslage der Betroffenen. Wichtige Zugangswege wie die Autobahn CV33 im Südwesten der Stadt sind gesperrt und teilweise schwer beschädigt.

Am Freitag fehlte es an Nahrungsmitteln und sauberem Wasser, weil Wasseraufbereitungsanlagen und Supermärkte überschwemmt sind. Auch die Stromversorgung ist zum Teil gestört.

Die Zerstörung der Zugangswege verhindert Hilfsbemühungen. Hunderte Freiwillige aus ganz Spanien machten sich auf den Weg, um den Flutopfern zu helfen. Doch sie gelangen nicht nach Valencia. Der Regionalpräsident von Valencia, Carlox Mazón Guixot, rief sie deshalb zur Umkehr auf. Stattdessen sind nun knapp 2 000 Soldaten der spanischen Armee im Einsatz, um Menschen zu bergen, Wasser, Lebensmittel und Kleidung zu verteilen – und den Schlamm zu beseitigen.

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