Mittwoch, Oktober 9

Die Jungunternehmerin und Rolex-Preisträgerin Beth Koigi aus Kenia verhilft Menschen in trockenen Gegenden zu sauberem Trinkwasser, indem sie Wasser aus der Luft filtert. Dahinter steckt keine Zauberei, sondern eine clevere Idee.

Einer genialen Erfindung geht oft ein starkes Bedürfnis oder ein grundlegendes Problem voraus – frei nach dem Motto: «Not macht erfinderisch». So war es auch bei Beth Koigi. Die Kenianerin wuchs in einer wasserreichen Gegend auf; Wassermangel kannte sie nur vom Hörensagen. Als sie jedoch fürs Studium in den Bezirk Tharaka-Nithi im Zentrum des Landes zog, erlebte sie zum ersten Mal, was es heisst, kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu haben. «Ich war schockiert, als ich realisierte, wie viele Menschen in Kenia ohne sauberes Wasser auskommen müssen», erinnert sich die Jungunternehmerin an ihre Studienzeit zurück. Um sich nicht ständig um die Wasserbeschaffung kümmern zu müssen, kam ihr eine Idee: Warme Luft enthält bekanntlich Feuchtigkeit. Warum also nicht Wasser aus der Luft filtern? Gedacht, getan – womit der Grundstein für ihre heutige Firma «Majik Water» gelegt war. Inzwischen ist aus der Not nicht nur eine Tugend, sondern ein vielversprechendes und erfolgreiches Start-up geworden.

Chemie statt Zauberkunst

«Majik» wird wie «Magic» ausgesprochen. Mit Zauberei haben die Geräte allerdings nichts zu tun, und der Vorgang lässt sich naturwissenschaftlich einfach erklären: Wer im Schulunterricht aufgepasst hat, weiss, dass Kondenswasser entsteht, wenn sich warme Luft abkühlt. Das «Majik Water»-System funktioniert also wie ein Luftentfeuchter: Warme Umgebungsluft, die naturgemäss Wasserdampf enthält (selbst wenn sie als trocken erscheint), wird mit einem elektrostatischen Filter angesogen und anschliessend auf eine Temperatur unter dem Taupunkt heruntergekühlt. Man kennt es von den Tautropfen, die sich am frühen Morgen auf dem Gras sammeln: Der Taupunkt ist die Temperatur, bei der die Luft gesättigt ist und Wasserdampf zu Wasser kondensiert. Das kondensierte Wasser wird im atmosphärischen Wassergenerator gereinigt und mit Mineralien angereichert – und schon hat man Trinkwasser in einwandfreier Qualität zur Hand.

Grösste Dürreperiode seit 40 Jahren

Aber ist es denn nicht problematisch, wenn man in einer trockenen Gegend Wasser aus der Luft holt? Bleibt dann für die Vegetation überhaupt noch genügend Wasser übrig? «Gemessen am Volumen ist die Wassermenge in der Atmosphäre sechsmal so gross wie das Wasser in sämtlichen Flüssen auf der Welt», erklärt Beth Koigi. «Was wir aus der Luft holen, hat daher keine negative Auswirkung auf die Natur.»

Das Problem der Wasserknappheit hat sich in Kenia, wo jeder Zweite keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser hat, zugespitzt. Auch wenn es kürzlich partiell zu starken Überschwemmungen gekommen ist, leidet das ostafrikanische Land unter der grössten Dürreperiode seit 40 Jahren. In der Folge sind 90 Prozent der Wasserquellen fast ausgetrocknet oder ganz versiegt, und viele Menschen, insbesondere Kinder, leiden an Mangelernährung. Doch nicht nur für die Menschen ist die Lage prekär: Auch für die Tiere ist der Wassermangel lebensbedrohlich. «Ein weiteres Problem ist, dass das wenige vorhandene Wasser meistens stark mit Bakterien verunreinigt ist oder gar giftige Stoffe wie Fluorid und Arsen enthält», erzählt Koigi. Und dieses kontaminierte Wasser zu filtern und in Trinkwasserqualität aufzubereiten, werde zunehmend schwieriger.

Das Team, das hinter «Majik Water» steckt, besteht aus den drei Frauen Beth Koigi, Anastasia Kaschenko und Clare Sewell. Die drei Jugunternehmerinnen haben sich zum Ziel gesetzt, allen Menschen in semiariden und ariden – also trockenen und sehr trockenen – Gegenden den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen. Heute produzieren alle «Majik Water»-Geräte zusammengerechnet eine Menge von rund 200 000 Liter Wasser pro Monat. Die Geräte sind in drei Grössen erhältlich und können täglich 25, 125 oder 500 Liter Wasser generieren.

Für ihr Engagement im Bereich nachhaltige Landwirtschaft und Wasserwirtschaft wurde Beth Koigi mit dem Rolex Award for Enterprise ausgezeichnet. «Dieser renommierte Preis bedeutet mir enorm viel», erzählt die Umweltingenieurin. «Er steigert unsere Glaubwürdigkeit, macht unser Projekt bekannter und hilft uns, dass wir unsere Technik weiterentwickeln und neue Projekte umsetzen können.» Zudem, ergänzt, «haben wir dank dem Preis Bekanntschaften mit Gleichgesinnten auf der ganzen Welt schliessen und uns mit NGOs vernetzen können, die sich ebenfalls für die Umwelt einsetzen.»

Grüner Wasserkiosk

Eines dieser neuen Projekte von «Majik Water» ist der so genannte grüne Wasserkiosk. «Letztes Jahr haben wir einen Pilotversuch unternommen und in einem Flüchtlingslager im Norden Kenias einen grünen Wasserkiosk aufgestellt. Dabei handelt es sich um ein mobiles Gerät, das für die Wassergewinnung mit Solarenergie betrieben wird und daher theoretisch überall installiert werden kann, unabhängig davon, ob der Anschluss ans elektrische Stromnetz gewährleistet ist oder nicht», erzählt Koigi. «Wir wollten testen, wie viel eine solche Installation kostet beziehungsweise wie teuer unser Wasser ist.»

Das Fazit nach der mehrmonatigen Testphase: «Der Preis ist derzeit höher, als wir erwartet haben. Aber wir bleiben optimistisch, dass wir mit der Zeit in der Lage sein werden, unser Produkt günstiger anzubieten.»

Es hätten sich Menschen aus ganz Kenia gemeldet und Interesse bekundet, einen solchen grünen Wasserkiosk im Franchising-Modell zu betreiben, berichtet die Rolex-Preisträgerin. Wurde das Trio um Beth Koigi noch etwas schräg angeschaut, als es nach der Firmengründung im Jahr 2017 seine ersten Geräte zur Wassergewinnung präsentierte, so findet «Majik Water» heute grossen Anklang: «Mittlerweile verstehen die Menschen unser Konzept, weil sie sehen, dass es funktioniert.» Bis allen Menschen in Kenia ausreichend sauberes Trinkwasser zur Verfügung steht, dürfte es aber noch ein langer Weg sein.

Majik Water

Beth Koigi und ihr Team haben mit ihre Start-up Majik Water eine Technologie entwickelt, die Feuchtigkeit aus der Luft filtert und in sauberes Trinkwasser umwandelt. Diese Technologie trägt dazu bei, die Wasserversorgung in semiariden und ariden Gebieten zu verbessern. Ferner setzt sich Beth Koigi für soziale und ökologische Nachhaltigkeit ein, indem sie Lösungen entwickelt, die sowohl umweltfreundlich als auch sozial verträglich sind. Für ihr Engagement wurde die Kenianerin mit dem Rolex Award for Enterprise ausgezeichnet.

2023 Rolex Awards Laureate: Beth Koigi

Perpetual Planet Initiative

Mit ihrer Perpetual Planet Initiative hat sich Rolex langfristig verpflichtet, Persönlichkeiten sowie Organisationen in ihrem Bestreben zu fördern, die Umwelt zu schützen und die Wissenschaft zu nutzen, um die heutigen ökologischen Herausforderungen zu verstehen und Lösungen dafür zu finden. Um dieses nachhaltige Engagement in der Deutschschweizer Öffentlichkeit noch sichtbarer zu machen, bündeln das Unternehmen NZZ und die Uhrenmanufaktur Rolex nun ihre Kräfte in der Verlagsserie «Zeit fürs Klima» – sie ist nationalen und internationalen Persönlichkeiten gewidmet, die aktiv zur Erhaltung des Planeten beitragen. In der Westschweiz tut es «Le Temps» der NZZ gleich.

Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation erstellt. Weitere Infos dazu gibt es hier.

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