Der Investor Samih Sawiris verkleinert sein Tourismusprojekt. Die ganze Bevölkerung soll Zugang zur Uferzone mit Hotel und Ferienwohnungen haben.

Wenn ein Samih Sawiris sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er die Sache auch durch. Das hat der ägyptische Investor bei zahlreichen Projekten auf der ganzen Welt schon bewiesen. Manchmal wird ihm der rote Teppich ausgerollt. So etwa in Andermatt, wo Sawiris in den vergangenen Jahren auf einer Spielwiese von fast 1,5 Millionen Quadratkilometern ein Luxusresort aus dem Boden stampfte.

Kleinere Kompromisse musste der Tourismusunternehmer fast nur im Bereich des Naturschutzes machen. Sonst war man im Gotthardkanton froh, dass man jemanden gefunden hatte, der das Bergdorf vor dem langsamen Sterben bewahrt.

Doch die Urner können auch anders. Das musste der Milliardär erfahren, als er vor zwei Jahren seine Pläne für eine Marina am Urnersee vorstellte. Das Projekt, das einen Jachthafen, ein Fünf-Sterne-Hotel mit 50 Zimmern sowie exklusive Ferienwohnungen vorsah, wurde heftig kritisiert. Viele Urnerinnen und Urner störten sich daran, dass mit der Isleten ein Gebiet kommerzialisiert werden sollte, dass sich im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung befindet.

Kein Hotel Chedi am Urnersee

Schnell machten Gerüchte die Runde, das bei Badenden und Surfern beliebte Naherholungsgebiet solle zu einem Ghetto für Reiche und Schöne werden, zu dem «Normale» keinen Zutritt mehr haben. Innert Kürze sammelten die Urner Grünen genügend Unterschriften für eine Volksinitiative, die das Tourismusprojekt an der Urne verhindern soll. Der Widerstand ging weit über Naturschutzkreise hinaus.

Am Montag präsentierte nun Sawiris, flankiert von gleich zwei Vertretern der Urner Regierung, seine neuen Pläne. Diese haben mit dem ursprünglichen Vorhaben nur noch wenig zu tun. Der Gesamtprojektleiter, der ehemalige Urner Ständerat Isidor Baumann, zeigte die damalige Visualisierung nur kurz – «um die Idee in Vergessenheit zu rufen», wie er ironisch erklärte. Statt einer Luxus-Marina, die besser an die Adriaküste als in die Innerschweiz passt, soll am Urnersee nun ein Bootshafen mit erweiterter touristischer Nutzung entstehen. Das Projekt Isleten soll ausserdem den Naherholungsraum in diesem sensiblen Gebiet ökologisch aufwerten.

«Es würde mich sehr freuen, wenn es mit den neuen Plänen klappt», erklärte Sawiris vor den Medienvertretern. «Ich habe überhaupt kein Interesse daran, das Projekt gegen den Willen der Urner Bevölkerung durchzuboxen.» Tatsächlich hat der ägyptische Investor, der das Gelände mit einer Ausnahmebewilligung des Bundes und des Kantons von der Lex Koller gekauft hat, grosse Abstriche gemacht.

Die Nutzungsfläche für Sawiris, der als privater Investor auftritt, wird von 55 000 auf 37 000 Quadratmeter reduziert. Damit entsteht zusätzlicher Platz für die Renaturierung des Isentalerbachs und für Bade- und Wassersportmöglichkeiten. So soll eine neue Flachwasserzone von 200 Metern geschaffen werden. Ausserdem wird der Bootshafen um die Hälfte verkleinert. Er bietet maximal 50 Anlegeplätze.

Ein zweites «Chedi» wird es auf dem Gelände einer ehemaligen Sprengstofffabrik nicht geben. Das ursprünglich vorgesehene Hotel der Fünf-Sterne-Kategorie schrumpft auf ein Vier- oder gar Drei-Sterne-Haus mit 50 Zimmern. Die sieben hotelmässig bewirtschafteten Bungalows, die ursprünglich eine Barriere Richtung See bildeten, sollen rund um die bestehenden Obstbäume gebaut werden. Natur vor Kommerz, lautet Sawiris› Devise.

Auch andere Bedenken will der Milliardär ausräumen. So soll mit einer Verlegung der Kantonsstrasse und einer Verschiebung der Schiffsstation dafür gesorgt werden, dass die erwarteten Touristen nicht für ein Verkehrschaos sorgen. Sawiris rechnet mit Kosten von rund 150 Millionen Franken, die er aus der eigenen Tasche bezahlt. Weitere 80 Millionen Franken erhofft er sich von den Banken als Kredite.

Die Unterstützung der Urner Regierung ist Sawiris nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen sicher. Die Zwischenergebnisse einer Potenzialstudie gehen für den Kanton Uri während der Investitionsphase von einer Wertschöpfung von rund 150 Millionen Franken und nach Inbetriebnahme von jährlich 14 Millionen Franken aus. Das Projekt schafft ein qualitativ hochwertiges neues Beherbergungsangebot im Urner Talboden und trägt zur touristischen Entwicklung rund um den Urnersee bei, erklärte der Justizdirektor Daniel Furrer.

Sawiris will für Ja weibeln

Doch bei aller Redimensionierung und Neuausrichtung, die Initiative «Isleten für alle» ist noch nicht vom Tisch. Voraussichtlich Ende August wird sich das Urner Parlament mit dem Volksbegehren befassen. Die Volksabstimmung ist für den 24. November 2024 vorgesehen. «Ich werde mich im Abstimmungskampf engagieren. Ich will die Urnerinnen und Urner von den Vorzügen meines Projekts überzeugen, das ihnen etwas bringt», sagte Sawiris. Mit der am Montag demonstrierten neuen Bescheidenheit dürfte ihm das wesentlich leichter fallen als mit der ursprünglichen Projektidee.

Wenn die Pläne diese Hürde meistern, beginnt ein langer Prozess, der von der Umzonung bis zur Genehmigung eines Quartierplans noch zahlreiche Etappen umfasst. Auf eine Prognose, wann der Spatenstich erfolgen würde, wollte sich Sawiris nicht einlassen. Er sei lange genug in der Schweiz, um zu wissen, dass solche Abläufe lange dauerten. «Doch ich weiss auch, dass am Schluss jeweils etwas Gutes herauskommt», erklärte der Investor, der Andermatt zu seiner neuen Heimat gemacht hat.

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