Freitag, Oktober 18

Eine Anfrage aus dem Zürcher Kantonsrat verlangt Antworten. Ab dem kommenden Jahr können Hundebesitzer üben: Dann müssen alle werdenden Halter einen Kurs absolvieren.

Hinter Rosen und Narzissen hat ein kleiner Hund ge- . . .

Und das tun die Vierbeiner täglich – sehr zum Ärger der Menschen, die sich über ihre Mitbürger ärgern, die die Hinterlassenschaften ihrer Lieblinge einfach liegen lassen. Den Zürcher Kantonsräten Tumasch Mischol (Hombrechtikon, SVP), Martin Farner (Stammheim, FDP) und Hans Egli (Steinmaur, EDU) stinkt es jedenfalls gewaltig: Sie haben deswegen eine Anfrage an den Regierungsrat eingereicht, um ihrem Ärger über das «zahnlose Hundegesetz» Luft zu machen.

Denn eigentlich, so echauffieren sich die Volksvertreter, sei das kantonale Hundegesetz sauber formuliert. Dort steht geschrieben:

Hundekot ist in Siedlungs- und Landwirtschaftsgebieten sowie auf Strassen und Wegen korrekt zu beseitigen.

Korrekt beseitigen heisst: Robidog-Säckchen bei sich haben, das Säckchen wie einen Handschuh anziehen, zupacken, umstülpen, verknoten, das Säckchen im Robidog-Kübel oder in einem gewöhnlichen Abfalleimer entsorgen.

Das sollte eigentlich nicht so schwer sein, zumal Hundehalter hierzulande das seit über 40 Jahren üben können: Der Robidog ist eine Schweizer Erfindung. Die grünen Kästen mit den damals noch braunen Säckchen waren eine Sensation. Ja sie gehörten zum Ortsbild dazu, als sie in den achtziger Jahren in immer mehr Gemeinden aufgestellt wurden.

Ein Stadt-Land-Graben

Heute sind die Säckchen rot. Die grünen Kübel sind zwar vielerorts verschwunden. In der Stadt Zürich gibt es fast keine mehr, wie «Züri Today» vor kurzem berichtete. Doch Robidog-Säckchen können auch bei den 700 städtischen Abfallkübeln bezogen werden, die mit einem Beuteldispenser ausgestattet sind. Das funktioniert offenbar. Die Disziplin der hundehaltenden Bevölkerung in der Stadt sei sehr ausgeprägt, sagte ein Sprecher von Entsorgung und Recycling Zürich auf Anfrage.

Nicht so allerdings auf dem Land, wie die Kantonsräte Mischol, Farner und Egli beklagen. Sie schreiben in ihrer Anfrage an die Exekutive: «Gerade ausserhalb des Siedlungsgebiets muss das ‹Laisser-faire› verschiedener Hundehalter leider vermehrt festgestellt werden.» Dabei habe die Aufnahmepflicht doch gute Gründe. «Hundekot kann Krankheiten auslösen» – etwa, wenn Nutztiere verschmutztes Weidefutter fressen. «Hundebandwurm oder Neosporose können bei Rindern zu Totgeburten führen», schreiben die drei Parlamentarier.

Bauern äussern sich weniger diplomatisch. Zum Beispiel jener Landwirt in Wetzikon, der im April sein Feld bestellte und dem Reporter der NZZ zurief: «Die Hunde scheissen uns alles voll! Die Leinenpflicht sollte das ganze Jahr gelten!» Also nicht nur vom 1. April bis 31. Juli im Wald und am Waldrand, wenn Wildtiere ihre Jungen zur Welt bringen.

Allein, ob strengere Regeln etwas nützen würden?

Das scheinen selbst die Anfragesteller im Kantonsrat zu bezweifeln. Sie wissen und halten dies gleich selber fest: Das Liegenlassen bleibt meist ohne Konsequenzen. Kampagnen, Flyer, die man der Rechnung für die Hundesteuer beilegen könnte, oder Hundehalterkurse würden wohl nur bei wenigen Robidog-Muffeln etwas bewirken. Und die Polizei hat anderes zu tun, als den erwähnten Paragrafen des Hundegesetzes auf der grünen Wiese durchzusetzen.

Trotzdem wollen die Volksvertreter allerlei wissen von der Regierung: Wie hat sich die Hundepopulation entwickelt im Kanton? Wie viele Nutztiere erkrankten oder verendeten wegen Hundekot? Wie viele Hundehalter wurden gebüsst, weil sie sich nicht kümmerten um die stinkenden Haufen ihrer Vierbeiner?

Und überhaupt: Warum bitte schön dürfen Reiterinnen und Reiter den Mist ihrer Pferde auf Strassen und Wegen einfach ignorieren, wo doch die «Hündeler» die Haufen ihrer Lieblinge eigentlich aufnehmen müssten?

Doppelt so viele Hunde wie vor der Pandemie

Der Regierungsrat geht bei der Beantwortung der Fragen sehr pflichtbewusst vor. Wie Zahlen einer Hunde-Datenbank zeigen, gab es im vergangenen Jahr im Kanton Zürich mit fast 80 000 Exemplaren mehr als doppelt so viele Hunde wie vor der Corona-Pandemie. Der Trend, sich einen Vierbeiner anzuschaffen, hält ungebremst an. 2023 kamen fast 15 000 Tiere dazu, so viele wie noch nie.

Viele Hunde bedeuteten auch viel liegengebliebenen Kot auf Weideflächen und somit ein grösseres Risiko fürs Vieh, zumal es laut Regierung tatsächlich Fälle gibt, in denen Nutztiere an viralen Erregern erkrankten, die auch in Hundekot enthalten sind. Die Exekutive weist in ihrer Antwort von Mitte Juli jedoch darauf hin, dass solche Krankheitserreger auch über andere Wege übertragen werden können. Die Haufen der Vierbeiner kausal für die Erkrankung einzelner Nutztiere verantwortlich zu machen, sei nicht möglich.

Zahlen gebüsster Robidog-Muffel kann die Regierung keine nennen. Und zwar aus einem einfachen Grund: Für den Vollzug des Hundegesetzes sind die Gemeinden zuständig – ein Umstand freilich, der es dem Kanton auch bei anderen Fragen einfach macht, keine Antworten zu geben.

Pferdemist sei von den Haltern übrigens ebenfalls zu entfernen, zumindest in bewohnten Gebieten, schreibt die Regierung. Dies regelt allerdings kein Gesetz, sondern lediglich der Verhaltenskodex des Schweizerischen Verbandes für Pferdesport.

Ab in den Kurs!

Einen ähnlichen Kodex gibt es auch für Hundehalter im Kanton Zürich. Wer sich einen Hund zutut, wird die darin enthaltenen Regeln ab Frühling 2025 in obligatorischen Kursen vermittelt bekommen. Dann wird die revidierte Hundeverordnung in Kraft treten, die alle werdenden Hundehalter – und alle Hundekursanbieter – zu entsprechenden Lehrgängen verpflichtet. Bis anhin mussten nur Besitzer von «grossen oder massigen» Hunden einen Kurs absolvieren.

Für kommende Halter heisst das: zwei Stunden Theorie, sechs Lektionen Praxis. Dass und wie sie die Haufen ihrer Vierbeiner beseitigen müssen, wird den Teilnehmern ebenfalls beigebracht werden, wie das federführende Veterinäramt auf Anfrage bestätigt. Und nicht nur das: Zürcher Hundehalter lernen dann auch folgenden Punkt des Kodexes kennen: «Der Hund pinkelt nicht an unpassende Stellen.»

Fragt sich nur: Und was, wenn doch?

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