Sonntag, Oktober 6

Vor einer Woche ist vor der Küste Siziliens die Segeljacht «Bayesian» des Tech-Milliardärs Mike Lynch gesunken. Sieben Personen kamen dabei ums Leben. Noch unklar ist, weshalb das grosse Schiff so schnell unterging.

Die italienische Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen James Cutfield, den Kapitän der gesunkenen Jacht «Bayesian», aufgenommen. Das berichten italienische Medien am Montag. Vor einer Woche waren beim Untergang des Schiffs vor der Küste Siziliens sieben Personen ums Leben gekommen, darunter der Jacht-Besitzer und Tech-Milliardär Mike Lynch.

Bereits Ende vergangener Woche hatte die italienische Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung eingeleitet. Bisher richtete sich die Untersuchung aber nicht gegen bestimmte Personen. Mit den Ermittlungen soll geklärt werden, ob das Segelschiff möglicherweise sank, weil die Gefahr eines aufziehenden Sturms unterschätzt wurde.

Insgesamt waren 22 Personen an Bord der Jacht – 12 Passagiere und 10 Besatzungsmitglieder. 15 von ihnen konnten gerettet werden.

50 Meter unter der Wasseroberfläche

Die Luxusjacht ankerte am frühen Montagmorgen vor der Küste Siziliens, als ein heftiges Unwetter aufzog. Das Schiff lag zu dem Zeitpunkt knapp einen Kilometer ausserhalb des Hafens von Porticello, einem kleinen Fischerdorf östlich von Palermo.

Laut bisherigen Erkenntnissen könnte das Schiff von einer Wasserhose erwischt worden sein. Die Jacht sank so schnell, dass sich die Passagiere nicht mehr rechtzeitig aus den Kabinen retten konnten. Nun liegt das Schiff in 50 Metern Tiefe auf dem Grund des Mittelmeers.

Die «Bayesian» soll das Eigentum einer Firma sein, die Lynchs Ehefrau Angela Bacares gehört. Laut Berichten hatte Lynch Freunde und Familie auf die Jacht eingeladen. Lynch habe feiern wollen, dass er vor zwei Monaten in einem Gerichtsprozess um den Verkauf seiner Firma Autonomy an den amerikanischen PC- und Druckerhersteller Hewlett-Packard freigesprochen worden sei.

An Bord befanden sich laut britischen Medien der Vorsitzende der Morgan Stanley Bank International, Jonathan Bloomer, dessen Frau Judy Bloomer sowie ein britischer Anwalt mit seiner Frau. Die Ehefrau von Mike Lynch war ebenfalls an Bord. Sie konnte gerettet werden.

Kapitän eines zweiten Schiffs schildert das Unglück

Neben der «Bayesian» geriet am Montag ein zweites Schiff in den Sturm vor Sizilien: Die «Sir Robert Baden Powell» des Kapitäns Karsten Börner. Im «Spiegel» beschreibt Börner, wie er die Unwetternacht erlebte. Er sagt, er habe gewusst, dass ein Gewitter komme. Er habe in der Nacht den Motor des Schiffes gestartet, um es mit dem Bug im Wind zu stabilisieren. Er sagt, er habe während des Sturms immer wieder zur «Bayesian» geschaut. «Und plötzlich war sie verschwunden.» Laut Berichten sank die riesige Jacht in wenigen Minuten.

Als der Wind abgeflaut war, fuhren Börner und sein Team in Richtung der Stelle, wo vorher die «Bayesian» im Wasser lag. Sie sahen Wrackteile und Möbel. Und entdeckten eine Rettungsinsel, also eine Art Rettungsboot. Darauf befanden sich laut Börner 15 Personen, darunter vier Schwerverletzte und ein Baby. Die Crew der «Sir Robert Baden Powell» brachte sie auf ihr Schiff, wo sie von der Küstenwache abgeholt wurden.

Als erstes Todesopfer hatten die Rettungskräfte am Montag ausserdem den Schiffskoch bergen können. Doch ein Versuch, ins Innere des Schiffes zu kommen, scheiterte zunächst. Am Mittwoch konnten sich Taucher dann einen Weg in den Rumpf des Schiffes bahnen. Dafür mussten sie laut der Feuerwehr unter Wasser ein Fenster der Jacht öffnen.

Am Mittwochabend informierten die Behörden über die Bergung von vier weiteren Personen. Dabei soll es sich um zwei Ehepaare handeln, die auf Einladung von Lynch an Bord der Jacht waren. Lynchs Leiche wurde am Donnerstag geborgen, jene seiner Tochter am Freitag.

Die Bergungsaktion ist kompliziert, da das Schiff seitlich auf dem Meeresgrund liegt. Auch ein Tauchroboter steht im Einsatz. Die «Bayesian» ist eine der grössten Segeljachten weltweit. Sie ist 56 Meter lang und 11 Meter breit. Sie bietet Platz für insgesamt 12 Gäste. Sie hat sechs Kabinen, darunter eine besonders luxuriöse Master-Suite.

Warum sank die «Bayesian»?

Die genaue Ursache für den Untergang des Schiffes ist noch unklar. Die Wasserhose, die Augenzeugen am Montag beobachteten, könnte laut Meteorologen mit einem kleinen Tornado zusammenhängen. Expertinnen und Experten sagen aber, ein derart grosses Schiff würde einem solchen Unwetter im Normalfall standhalten.

Die italienische Polizei hat nach dem Unglück den Kapitän des Schiffes befragt. In Medien wurde diskutiert, ob er und weitere Besatzungsmitglieder das Unwetter hätten kommen sehen müssen. Schon Tage zuvor war es an der Küste vor Sizilien zu Unwettern gekommen. Der Kapitän selbst sagte in italienischen Medien: «Wir haben es nicht kommen sehen.»

Experten spekulieren derweil über weitere Erklärungen für den Untergang des Schiffes. Eine Theorie ist, dass der sogenannte Hubkiel nicht ausgefahren war und das Schiff deshalb sank. Der Hubkiel ist eine Befestigung unterhalb der Jacht, der den 75 Meter hohen Schiffsmast ausgleicht und das Schiff bei Wind stabilisiert. Eine andere Erklärung ist, dass eine Luke am Schiff offen war und so schnell viel Wasser ins Innere des Schiffes gelangte.

Die Staatsanwaltschaft wollen die Ermittlungen erst ausweiten, sobald das Schiff geborgen ist. Aufschluss erhoffen sich die Ermittler von der sogenannten Blackbox der 56 Meter langen Luxusjacht, die allerdings noch nicht entdeckt wurde.

Mit Agenturmaterial.

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