Nach einer Phase mit tiefer Profitabilität wegen hoher Investitionen und Rohstoffpreise ist das MDax-Unternehmen gut positioniert, um profitabel zu wachsen. Es könnte ausserdem von einem Waffenstillstand in der Ukraine und Reformen in Deutschland profitieren.

Fuchs ist ein Unikat in der deutschen Börsenlandschaft: Schafft es der Schmierstoffhersteller in den nächsten zwei Jahren die Dividende zu steigern, wird er der einzige Dividendenaristokrat Deutschlands. Und vieles spricht derzeit dafür, dass es dem Mannheimer Familienunternehmen tatsächlich gelingt, seine Ausschüttung das 24. und 25. Mal in Folge anzuheben, was ihm diesen Titel verleihen würde. Das ist aber nicht der einzige Grund, der die Aktien jetzt so attraktiv macht.

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Die kontinuierliche Dividendensteigerung ist praktisch die Guidance für Fuchs. Eine fixe Ausschüttungsquote gibt es nicht, was vor allem im zyklischen Geschäft begründet ist. Das Geschäftsmodell von Fuchs hat sich in der Vergangenheit dennoch als sehr robust gegenüber Konjunkturschwankungen erwiesen.

Die Dividende könnte auf 1.16 € steigen

2024 zahlte das Unternehmen eine Dividende von 1.11 € je Vorzugsaktie, was einer Ausschüttungsquote von 53% entspricht. Für das abgelaufene Geschäftsjahr dürfte es am 8. Mai aller Voraussicht nach 1.16 € geben, schätzt The Market. Der Konsens liegt bei 1.15 €. Das entspricht einer Rendite von 2,3%. Genau wissen es Anleger am 21. März, wenn Fuchs über das abgelaufene Jahr berichtet und den Dividendenvorschlag kommuniziert.

Die Vorzugsaktien befinden sich zu 100% im Streubesitz, 58% der Stammaktien sind in den Händen der Familie Fuchs. CEO Stefan Fuchs leitet den Familienkonzern in dritter Generation, seine Schwester Susanne sitzt als stellvertretende Vorsitzende im Aufsichtsrat. Die Vorzüge sind seit Jahresanfang um 20,6% gestiegen, der MDax um 17,4%. Im jüngsten Momentum Screen von The Market finden sie sich im ersten Drittel der Tabelle wieder.

Fuchs stellt Schmierstoffe und verwandte Spezialitäten her. Sie werden vereinfacht gesagt für alles benötigt, was sich bewegt. Egal ob Motorengetriebe, Windkraftanlagen oder Drahtseile in Containerverladeterminals die Produkte reduzieren die Reibung und damit den Verschleiss, sorgen für einen geringeren Energieverbrauch und niedrigere Temperaturen und schützen vor Korrosion. Im Fokus stehen Schmierstoffe für die Automobilbranche (45%) und die Industrie (55%). Die Mannheimer haben ein vollumfängliches Sortiment mit mehr als 10‘000 Produkten im Angebot und beliefern mehr als 100‘000 Kunden weltweit.

Wachstum durch den Gewinn von Marktanteilen

Fuchs ist der weltgrösste unabhängige Anbieter von Schmierstoffen und die Nummer acht hinter den globalen Grosskonzernen. Das Familienunternehmen betreibt keine eigenen Erdölförderanlagen oder Raffinerien im Gegensatz zu Shell, ExxonMobil, BP, TotalEnergies, Sinopec, Chevron und PetroChina. Der Kapitaleinsatz hält sich damit in Grenzen.

Der Markt ist stark fragmentiert, die zehn grössten Schmierstoffhersteller teilen die Hälfte davon unter sich auf. Die andere Hälfte entfällt auf rund 700 Unternehmen. Fuchs kommt auf einen Marktanteil von 2 bis 3%, das entspricht rund 1 Mio. Tonnen Schmierstoff. Während das Marktvolumen in den Jahren 2000 bis 2023 mit jährlich rund 36 Mio. Tonnen nahezu stagnierte, ist der Umsatz von Fuchs 6% pro Jahr gewachsen – von 902 Mio. auf 3,5 Mrd. €. Besonders stark zulegen konnten die Mannheimer dabei im asiatisch-pazifischen Raum (+9% p. a.), wo man knapp ein Drittel des Erlöses erzielt, und weiteres Wachstum erwartet. Mehr als die Hälfe entfällt auf den saturierten Markt Europa, mittleren Osten und Afrika (EMEA).

Ein konstantes beziehungsweise leicht schrumpfendes weltweites Marktvolumen deutet auf eine verbesserte Effizienz der Schmierstoffe hin und zahlt letztlich auf die Spezialprodukte von Fuchs ein. Fuchs setzt für seine Produkte etwa 40% Öl und 60% Additive ein. Bei einem Standardschmierstoff ist das Verhältnis eher 80 zu 20.

Die Mannheimer peilen über die gesamte Produktpalette hin ein jährliches Umsatzwachstum «im mittleren einstelligen Prozentbereich» an, sprich etwa organisch 5%, inklusive Zukäufe, etwa 6%. Ein Gewinn an Marktanteilen geht mit einher. Fuchs sollte dabei sowohl die Volumnia wie auch die Verkaufspreise steigern können. Typischerweise beläuft sich der Anteil für Schmierstoffe an den Gesamtkosten der Kunden auf 1 bis 3%. Sie sind für die Kundschaft der Mannheimer also eher nebensächlich, was hilft, leichter höhere Preise durchzusetzen.

Gerade im Spezialbereich prognostizieren Branchenkenner eine positive Entwicklung. «Wir erwarten, dass der globale Markt für Spezialschmierstoffe bis 2030 mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von 4 bis 5% wachsen wird», so Thomas Schulte-Vorwick. Der Finanzanalyst vom Bankhaus Metzler schätzt, dass derzeit 65 bis 75% des Produktportfolios von Fuchs aus hochwertigen Spezialschmierstoffe bestehen, 25 bis 35% machten hingegen mehr standardisierte Produkte aus wie Motoröle für Kraftfahrzeuge.

Keine Angst vor E-Autos

Die Abhängigkeit von der Autobranche muss Anleger nicht sorgen. Klassisches Motoröl macht schätzungsweise lediglich 10% des Umsatzes aus. Sollten auf den Strassen nur noch E-Autos unterwegs sein, die weniger Öle als die Verbrenner brauchen, sind die Produkte von Fuchs dennoch gefragt. Analyst Schulte-Vorwick rechnet damit, dass 60 bis 70% des Volumens mit den traditionellen Ölen durch so genannte «EV Fluids», also Flüssigkeiten für batteriebetriebene Fahrzeuge kompensiert werden können. Die dazu noch eine höhere Marge haben.

Das E-Auto wird ausserdem weiterhin Spezialfette für das Lenkrad benötigen, wie auch Schmierstoffe für die Kopflehnen oder die Stossdämpfer. Bei Schwerlastfahrzeugen dürfte die Transformation dazu deutlich langsamer vonstattengehen als bei Pkw. Auch Kühlmittel etwa für Batterien sind ein neues Geschäftsfeld. Selbst in Datencentern könnten die Mittel zum Einsatz kommen.

Das Spezialitätengeschäft ist komplex, teils kleinteilig und ineffizient. Das sei ein natürlicher Burggraben zu den grossen, volumengetriebenen Ölkonzernen, heisst es bei Fuchs. Das MDax-Unternehmen ist mit 35 Produktionsstandorten und 55 operativen Gesellschaft nahe an seinen Kunden. Für die Big-Oil-Unternehmen sind Schmierstoffe dagegen lediglich eine Nische. Eine unliebsame, wenn es nach BP geht.

Der britische Mineralölriese prüft einer Meldung der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge den Verkauf seiner Schmierstoffsparte Castrol. Darauf drängt wohl der aktivistische US-Investor Elliott, der inzwischen 5% der BP-Anteile hält. Der Wert von Castrol wird auf bis zu 10 Mrd. $ geschätzt.

Für Fuchs wäre ein solcher Deal ein paar Nummern zu gross. Das Familienunternehmen hat den vergangenen fünfzehn Jahren – ganz bodenständig – in der Grössenordnung von 11 Mio. bis 140 Mio. € zugekauft. 2024 verstärkte man sich mit Lubcon aus dem hessischen Maintal (40 Mio. € Umsatz, 200 Mitarbeiter) und Strub aus Reiden in der Schweiz (15 Mio. € Umsatz, vierzig Mitarbeiter).

Kapazitäten zum Reinwachsen

Fuchs hat sich aber nicht nur durch Zukäufe weiterentwickelt. In den Jahren 2016 bis 2020 hat das Unternehmen stark in die Erneuerung und den Ausbau von Kapazitäten sowie in Forschung und Entwicklung investiert. Insgesamt lagen die Investitionsausgaben in diesem Zeitraum bei durchschnittlich rund 119 Mio. € jährlich.

Besonders hervorzuheben sind dabei die Fettwerke: Neben dem Standort Kaiserslautern ist das Unternehmen nun auch in Chicago und Yingkou (China) vertreten. «In die Kapazitäten wächst Fuchs jetzt langsam rein», kommentiert ein Fondsmanager. Künftig will das MDax-Unternehmen wieder zu einem «normalen Level» zurückkehren und plant mit 80 Mio. € Investitionen pro Jahr.

Die Investitionsausgaben und die darauffolgenden inflationären Rohstoffpreise in den Jahren 2021 und 2022 (Preissteigerung von 70%) haben an der Marge gezehrt. Lag die Betriebsgewinnmarge auf Stufe Ebit 2016 noch bei 16,4% waren es 2022 nur noch 10,7%. In den ersten neun Monaten 2024 betrug sie immerhin 12,5%. Als mittelfristiges Ziel hat sich Fuchs rund 15% vorgenommen. Der Weg zurück auf das frühere Niveau ist allerdings lang. Metzler-Analyst Schulte-Vorwick rechnet mit dem Erreichen des Ziels 2028.

Eine gewisse Sonderkonjunktur könnte Fuchs durch einen allfälligen Waffenstillstand in der Ukraine, einen daraus resultierenden niedrigeren Ölpreis, Reformen und das geplante Investitionspaket in Deutschland (schätzungsweise 20% des Umsatzes) sowie fiskalische Anreize in China erleben. Einfuhrzölle machen Fuchs nichts aus, ist man sich bei dem Familienunternehmen sicher. Man produziert und liefert lokal. Für die Kunden, die nicht selten aus der von US-Präsident Donald Trump anvisierten Autobranche stammen, stellen diese allerdings ein Risiko dar, das auch nicht völlig spurlos an Fuchs vorbeigehen könnte.

Ziele bis zum Firmenjubiläum klar

Kritische Stimmen zu Fuchs gibt es auch bezüglich der Prognosen. Den Analysten der DZ Bank fehlt das Potenzial für positive Überraschungen, weshalb sie Fuchs derzeit nur mit «Halten» einstufen. Mit ihrer Einschätzung, das Gewinnziel (Ebit) von 500 Mio. € für 2025 sei zu ambitioniert, sind sie nicht allein. Der Konsens liegt bei 476 Mio. €. Die Erklärung ist allerdings recht simpel. Das Ziel ist Teil der Strategie «Fuchs 2025», die Mitte 2000 festgelegt wurde, als die Zeit noch eine andere war. Nun sieht sich der Schmierstoffhersteller gut gerüstet, seine Ziele mit dem Update «Fuchs 100» für die Jahre 2026 bis 2031 nahezu fortzuschreiben: 5% Umsatzwachstum pro Jahr, 80% freier Cashflow und eine Ebit-Marge von 15% seien die Vorgabe bis zum hundertjährigen Bestehen im Jahr 2031, heisst es.

Das Unternehmen glänzt durch eine robuste Bilanz. Die Eigenkapitalquote liegt bei 74%, die Verschuldung ist gering und die Eigenkapitalrendite (Return on Equity, ROE) beträgt 15,7%. Die Kennzahl gibt an, wie viel Gewinn ein Unternehmen mit dem Kapital seiner Eigentümer erwirtschaftet. Mit anderen Worten, das Unternehmen arbeitet recht rentabel. Die Valoren von Fuchs tauchen daher auch in der Qualitätsauswahl von The Market auf. Sie zeichnen sich darüber hinaus durch eine geringe Kursschwankungsbreite aus. Die Dividendenrendite war zuletzt angesichts der Dividendenpolitik relativ stabil.

Dazu sind die liquiden Vorzugsaktien attraktiv bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis des für 2025 geschätzten Gewinns liegt bei 19, während der Zehnjahresdurchschnitt 21 beträgt. Die Aktien werden gemäss Metzler mit einem EV/Ebitda (Unternehmenswert/Gewinn auf Stufe Ebitda für 2025) von 8,2 gehandelt, der Mittelwert der vergangenen zehn Jahre liegt mit 10,2 auch hier höher. Ein Vergleich mit den Big-Oil-Companies oder kleineren Spezialisten ist schwierig. Am ehesten passt da vielleicht Valvoline. Im Vergleich zu dem US-Unternehmen werden die Fuchs-Valoren mit einem Abschlag von rund 25% gehandelt.

Anleger müssen bei Fuchs unter Umständen einen längeren Atem mitbringen, dafür scheint die Dividende sicher und eine Übernahme wie etwa bei Covestro ist bei dem Familienunternehmen kein Thema.

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