Montag, November 25

Grossbritannien testet erfolgreich Laserwaffen gegen Luftziele, Israel entwickelt den Iron Beam. Der Laser weckt Hoffnungen auf eine Revolution der Gefechtsführung, doch das militärische Potenzial ist begrenzt.

Am 9. Januar kurz nach 21 Uhr tritt auf dem britischen Zerstörer HMS «Diamond» im Roten Meer der Ernstfall ein. Aus der von der Huthi-Miliz kontrollierten jemenitischen Hafenstadt Hudaida nehmen 18 Drohnen aus iranischer Produktion Kurs auf Kriegsschiffe und kommerzielle Frachter. Die britische Marine schiesst mehrere Raketen vom Typ Sea-Viper. Eine Sea-Viper kostet rund 1 Million Pfund (1,1 Millionen Franken), während sich der Preis der unbemannten Flugkörper der Huthi auf einige zehntausend Franken pro Stück beläuft. Dennoch müssen die Briten teilweise auch noch auf herkömmliche Feuerwaffen setzen, um die agilen Drohnen endgültig aus dem Verkehr zu ziehen.

11 Franken pro Laserschuss

Umso bedeutender ist vor diesem Hintergrund, was sich gut eine Woche später auf einem militärischen Trainingsgelände an der schottischen Nordwestküste abspielt: Erstmals gelingt es den britischen Streitkräften in einem Test, erfolgreich einen Hochleistungsschuss einer Laserwaffe gegen Luftziele abzufeuern. Das Verteidigungsministerium in London teilt mit, dass die potenzielle Wunderwaffe namens Dragon-Fire in Zukunft nicht nur die Präzision der Streitkräfte verbessern, sondern auch die Abhängigkeit von teurer Munition wie im Roten Meer erheblich verringern könne.

Neu sind solche Hoffnungen nicht: Die Entwicklung von Laserwaffen wird bereits seit Jahrzehnten vorangetrieben, doch steckt sie immer noch in einem experimentellen Stadium. Die Zerstörungswirkung basiert auf dem Prinzip, dass über einen gebündelten Lichtstrahl eine grosse Energiemenge auf ein feindliches Objekt gerichtet wird.

Die durch den Lichtstrahl transportierte Hitze verbrennt den anvisierten Gegenstand oder bringt ihn zur Explosion. Ist das feindliche Objekt durch Radar entdeckt und die Laserkanone auf das Ziel gerichtet, wird das Objekt mit Lichtgeschwindigkeit bekämpft – also ohne den zeitlichen Verzug, den es gäbe, wenn eine Rakete darauf abgeschossen würde.

Aus militärischer Sicht hat die Bekämpfung mit Laserwaffen neben der schnelleren Wirkung im Ziel weitere Vorteile. Es gibt kein Problem mit ungenügenden Munitionsvorräten. Solange das System mit Strom versorgt wird, kann es unbegrenzt «schiessen». Zudem ist der Betrieb der Waffe viel günstiger als bei der Bekämpfung mit herkömmlicher Munition. Wird Dragon-Fire während zehn Sekunden abgefeuert, wird laut britischen Angaben etwa gleich viel Energie verbraucht, wie wenn man einen Heizkörper eine Stunde lang einsetzt.

Ein «Laser-Schuss» soll umgerechnet weniger als 11 Franken kosten. Daher glaubt der britische Verteidigungsminister Grant Shapps, dass die Laserwaffe die Gefechtsführung «revolutionieren» könne, indem Kosten eingespart würden und sich das Risiko von Kollateralschäden verringerte.

Potenzial im Kampf gegen Drohnen

Den Vorteilen stehen aber gewichtige Nachteile gegenüber. Im Gegensatz zur Bekämpfung mit Raketen oder Rohrartillerie kann der Laser nur auf sichtbare Ziele schiessen. Seine Bahn ist linear, nicht gekrümmt. Das Bekämpfen eines Gegners auf der anderen Seite eines Hügels ist damit beispielsweise nicht möglich. Der Laser eignet sich deshalb in erster Linie für die Bekämpfung sichtbarer Ziele im Luftraum oder auf dem Wasser.

Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums ist der Laserstrahl in der Lage, aus einer Distanz von rund einem Kilometer eine Münze punktgenau zu treffen. Die exakte Reichweite von Dragon-Fire bleibt geheim. Da der Laserstrahl in der Atmosphäre Energie verliert, ist sie beschränkt. Bei Nebel, Rauch oder Niederschlag ist der Energieverlust besonders hoch, und die Waffe ist deshalb kaum einsetzbar.

Schliesslich muss der Laserstrahl mehrere Sekunden lang auf das Objekt einwirken. Bewegt sich dieses mit hoher Geschwindigkeit, kann der Laser dieses womöglich nicht lange genug verfolgen, um es zu zerstören. Das grösste Potenzial der Laserwaffen dürfte deshalb in der Bekämpfung von Drohnen liegen, da diese sich verhältnismässig langsam bewegen und tief fliegen.

Gelingt Israels Iron Beam der Durchbruch?

In der Vergangenheit war die Entwicklung von Laserwaffen eher eine Leidens- als eine Erfolgsgeschichte. Ein bedeutender Impuls für die praktische Forschung geht auf die 1983 vom amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan ausgerufene Strategic Defense Initiative (SDI) zum Aufbau eines Abwehrschirms gegen Interkontinentalraketen zurück (im Volksmund «Star Wars»). Da die Ergebnisse weit hinter den Erwartungen zurückblieben, strich der Kongress jedoch die Finanzmittel für die Laserentwicklung Ende der 1980er Jahre stark zusammen.

Dennoch ging die Forschung an Laserwaffen weiter, unter anderem bei Boeing mit dem Yal-1-Airborne-Laser, der von einem Flugzeug aus feindliche Raketen abwehren sollte. Dieser wurde zwischen 2001 und 2012 erprobt, doch fiel auch dieses Projekt schliesslich Kürzungen im Verteidigungsbudget zum Opfer.

Auch eine Reihe weiterer Forschungsprojekte wurde in den vergangenen Jahrzehnten eingestellt, weil die Kosten zu hoch, die Abschussquoten ungenügend oder die Laserkanonen zu gross und unbeweglich waren. Inzwischen forschen neben den USA und Grossbritannien weitere Staaten an der Entwicklung dieses Waffensystems, insbesondere Russland, China und Israel.

Besonders erfolgversprechend scheint Israels Iron Beam zu sein. Dieses System verwendet einen Hochleistungslaser zur Abwehr feindlicher Drohnen, Artilleriegranaten und Kurzstreckenraketen. Er wird vom israelischen Unternehmen Rafael Advanced Defense Systems entwickelt, vom Verteidigungsministerium finanziert und von den USA unterstützt.

Eine Iron-Beam-Einheit besteht aus einem Luftverteidigungsradar, einer Kommando- und Kontrolleinheit und zwei High-Energy-Lasersystemen. Die zwei Laserkanonen sollen anfangs eine Leistung von 100 bis 150 Kilowatt erbringen. Das System ist noch in Entwicklung. Es wurde erstmals 2014 öffentlich vorgestellt und soll bis spätestens 2025 für den bodengestützten Einsatz bereit sein. Es soll Bedrohungen in einer Entfernung von bis zu 10 Kilometern abwehren können.

Der Gaza-Krieg dürfte den Druck für eine rasche Fertigstellung erhöhen, denn das System könnte Israel in Ergänzung zum bereits existierenden Iron Dome vor Drohnen und Raketen aus dem Gazastreifen schützen. Bis spätestens in fünf Jahren soll zudem eine Version zur Installation auf Schiffen funktionstüchtig sein. Diese soll die Marine vor Drohnenschwärmen und Anti-Schiffs-Raketen schützen.

Keine Lösung für Budgetprobleme

In London geht man davon aus, dass das in Kooperation mit den Unternehmen MBDA, Leonardo und QinetiQ entwickelte System Dragon-Fire in frühestens fünf Jahren auf dem Land und auf dem Wasser einsatzfähig sein wird. Die Entwicklung reiht sich ein in die virulente Debatte um die Zukunft der britischen Streitkräfte, die derzeit unter erheblichen Rekrutierungs- und Budgetproblemen leiden.

Der britische Armeechef Patrick Sanders sorgte diese Woche mit der Aussage für Furore, das Land müsse sich angesichts der russischen Bedrohung auf die Mobilisierung einer «Bürgerarmee» zur Ergänzung der dezimierten Streitkräfte vorbereiten. Verteidigungsminister Shapps erklärte jüngst zwar, der technologische Fortschritt werde den Bedarf an Personal und Geld verringern. Doch zeigen gerade die limitierten Einsatzmöglichkeiten von Laserwaffen, dass sich diese Hoffnungen nur teilweise erfüllen dürften.

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