In einer langen Nachtsitzung wurde über das Staatsbudget für das kommende Jahr verhandelt und gestritten. Herausgekommen ist ein wackeliger Kompromiss.

Sie sind noch einmal davongekommen: Die Spitzen der deutschen Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP haben sich in einer langen Nachtsitzung auf die Eckpunkte eines Bundeshaushaltes für das kommende Jahr geeinigt. Und haben damit einen Koalitionsbruch abgewendet – zumindest vorerst.

Bis 6 Uhr früh hatten Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner darüber gefeilscht, wie das insgesamt 481 Milliarden schwere Budget zwischen den einzelnen Regierungsressorts 2025 aufgeteilt werden soll. Darüber hinaus verständigte sich das Dreiergespann auch noch auf einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr sowie ein Entlastungspaket für die angeschlagene Wirtschaft des Landes.

Man habe es sich nicht immer einfach gemacht, sagte Scholz nach der Einigung: «Wir suchen nach Kompromissen – manchmal die halbe Nacht, manchmal die ganze Nacht.» Unterm Strich zeigte sich der Kanzler aber zufrieden: «Ich kann jeden Satz der Verständigung unterschreiben.»

Vorausgegangen war dem 15-stündigen Verhandlungsmarathon ein langer Streit. Lindners liberale FDP hatte sich den Forderungen von Sozialdemokraten und Grünen widersetzt, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erneut auszusetzen, um den Wunsch einiger Kabinettsmitglieder nach höheren Ausgaben zu decken.

FDP setzt sich bei Sparvorgaben durch

Hier haben sich die Liberalen nun durchgesetzt: Die Einigung zum Bundeshaushalt 2025 und zum Finanzplan bis 2028 sieht vor, dass die Schuldenbremse eingehalten wird. Eine Notlage wurde demnach nicht festgestellt. Allerdings soll die Schuldenbremse voll ausgeschöpft werden: 2025 will die Bundesregierung neue Schulden in Höhe von 44 Milliarden Euro aufnehmen. Der Nachtragshaushalt für das laufende Jahr ermöglicht der Regierung darüber hinaus eine zusätzliche Verschuldung in Höhe von 11 Milliarden Euro.

Der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zeigte sich am Freitagmorgen dennoch zufrieden: «Der Haushalt steht, und die Wirtschaftswende kommt: mit Einhaltung der Schuldenbremse, Entlastung der hart arbeitenden Mitte und deutlichen Impulsen für mehr Wachstum.» Das lange Verhandeln habe sich daher gelohnt.

Schmerzen dürfte die Finanzplanungen indes Verteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD und Aussenministerin Annalena Baerbock von den Grünen bereiten. Beide hatten sich zuletzt gegen Lindners Sparvorgaben gestemmt und auf finanzielle Belastungen durch internationale Krisen wie den Ukraine-Krieg verwiesen. Auf eine kräftige Budgeterhöhung können sie jetzt aber nicht mehr hoffen.

So werden dem Verteidigungsministerium 2025 lediglich 1,2 Milliarden Euro mehr zugestanden und damit deutlich weniger als es Pistorius gefordert hatte. Immerhin: Mittelfristig soll das Wehrbudget deutlich ansteigen, ab 2028 dann bei 80 Milliarden Euro im Jahr liegen. Aktuell sind es lediglich 52 Milliarden Euro.

Zugeständnis an die SPD: Familienunterstützung soll steigen

Strittig war lange auch der Sozialetat: Hier hatten vor allem die Sozialdemokraten Kürzungen kategorisch ausgeschlossen und sogar mit dem Aus des Regierungsbündnisses gedroht. Im Haushaltsentwurf klaffte deshalb ursprünglich eine Lücke von bis 50 Milliarden Euro, die in der Nachtverhandlung noch geschlossen werden musste. Um seiner Partei die Zustimmung zum Sparhaushalt zu erleichtern, hat Kanzler Scholz in den Verhandlungen an einigen Stellen auf höhere Sozialausgaben bestanden – und sich damit auch durchgesetzt.

So sollen das Kindergeld und der Kindersofortzuschlag ab dem kommenden Jahr um fünf Euro je Monat steigen. Der Bund will ausserdem seine Investitionen in eine bessere Kinderbetreuung erhöhen: Für die Jahre 2025 und 2026 ist dafür ein Budget von insgesamt vier Milliarden Euro vorgesehen. Zusätzlich sollen in den kommenden Jahren 20 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau gesteckt werden.

Ob diese Zugeständnisse allerdings reichen werden, um die SPD zur Zustimmung zum Haushalt zu bewegen, bleibt abzuwarten. Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, lobte die Einigung am Freitagmorgen zwar zunächst. Er schloss aber auch nicht aus, im Verlauf der jetzt anstehenden Detailverhandlungen im Bundestag erneut auf einer Aufhebung der Schuldenbremse zu bestehen.

«Wenn ich es richtig gehört habe, sind ja eine Menge Kunstgriffe notwendig gewesen, um von einer Lücke von 40 Milliarden dann auf 10 Milliarden zu kommen, die jetzt offensichtlich so auskömmlich ist, dass man ohne den Überschreitungsbeschluss wird arbeiten können», sagte er nach einer Sondersitzung seiner Fraktion am Freitagmorgen. Sollte sich herausstellen, dass dies doch nicht möglich sei, dann werde man auch wieder über die Notlage diskutieren.

Die Grundsatzeinigung von Scholz, Lindner und Habeck soll am 17. Juli vom Kabinett beschlossen werden. Ab Mitte September befasst sich dann der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf, der dann im November oder Dezember beschlossen werden könnte.

Private Investitionen sollen gefördert werden

Der stagnierenden Wirtschaft des Landes will die Koalition mit einem Wachstumspaket stützen, der laut Lindner 49 Einzelmassnahmen umfassen soll. Unter anderem sollen Investitionen erleichtert, steuerliche Abschreibungen verbessert und die Freibeträge in der Einkommensteuer erhöht werden. Konkret bezifferte der Finanzminister die steuerliche Entlastung der Bürger auf 23 Milliarden Euro im kommenden Jahr.

Auch die Investitionsausgaben etwa in die digitale Infrastruktur, in Strassen, Brücken sowie das Schienennetz sollen deutlich wachsen. Mit geplant 57 Milliarden Euro würden sie sogar ein neues Rekordniveau erreichen.

Die Koalition will auch Bürokratie abbauen. In allen Ministerien sollen verbindlich Praxis-Checks eingeführt werden. Ausserdem hiess es, der Datenschutz solle «entschlackt» werden, um vor allem kleine Firmen zu entlasten. Die EU-Lieferkettenrichtlinie solle schnell in nationales Recht umgesetzt werden. Für gewerblich genutzte E-Autos soll es Sonderabschreibungen geben. Insgesamt hofft die Koalition dadurch das Wachstum um 0,5 Prozentpunkte zu steigern.

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