Samstag, Januar 4

RDB / Ullstein / Getty

Wer erinnert sich an den lärmigen Altjahresbrauch, bei dem Frühaufstehen Pflicht war? Ein nostalgischer Blick ins Fotoalbum.

Die Tradition, das alte Jahr mit viel Trubel auszuläuten, geht zurück bis ins 18. Jahrhundert. Damals zogen vor allem Jugendliche am 31. Dezember polternd durch die Nacht und vertrieben das vergangene Jahr. Als 1900 im Kanton Zürich Weihnachtsferien eingeführt wurden, wurde der Brauch auf den letzten Schultag vor Weihnachten verschoben.

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Somit war der Schulsilvester geboren und gehörte bald schon zu den Höhepunkten im Schulkalender. Generationen von Zürcher Kindern fieberten diesem Tag entgegen. War er da, standen sie besonders früh auf, nahmen Rätschen und Pfannendeckel, gingen lärmend auf die Strassen und machten Streiche.

Danach versammelten sie sich im wohlig warmen Klassenzimmer, wo sie sangen oder Krippenspiele aufführten. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts waren Aktivitäten wie Filmeschauen, Partyspiele im Schulzimmer oder Schwimmen bei Unterwasserbeleuchtung im Hallenbad angesagt.


Lärmend durch die Nacht

Kinder im Freien, in Hörner blasend und mit Pfannendeckeln in der Hand. (1951)

Ab den 1930er Jahren war es üblich, dass Gruppen, die besonders laut waren oder mit einem Ständchen aufwarteten, belohnt wurden. Sie erhielten von Bürgern, die dadurch geweckt wurden, und vor allem von Bäckern Konfekt.

Diese Grosszügigkeit nahm einige Jahrzehnte später allerdings wieder ab. 1974 beklagte dies sogar die NZZ: «Das alte Gewohnheitsrecht, dass namentlich die Bäcker verpflichtet sind, einen essbaren Obolus zu entrichten, wenn man ihnen ein Ständchen bringt, scheint vergessen.»

An die Stelle des Heischens trat nun zunehmend das Frühstücken im Klassenzimmer.


Krippenspiel im Klassenzimmer

Nach dem nächtlichen Treiben haben sich die Kinder im Schulzimmer versammelt. Gespannt verfolgt ein Bub das Krippenspiel, welches seine Kolleginnen und Kollegen am Morgen des Schulsilvesters aufführen. (1944)


«Silvester, stand uuf!»

Wer verschlief oder zu spät aufstand, wurde von den Klassenkameraden mit dem Sprechchor «Silvester, stand uuf, streck d’Bei zum Bett uus!» aus den Federn gezogen und geneckt.

Die Klassenkameraden zogen den Siebenschläfer aus dem warmen Bett. Der wird nach alter Sitte an Armen und Beinen gepackt und von den vier stärksten Mitschülern auf den Schultern ins Schulhaus getragen. (1950)


Der Reiz des Verbotenen

Autos mit WC-Papier einwickeln oder mit Rasierschaum besprühen, Gartentürchen aushängen und verstecken, Türklinken mit Zahnpasta bestreichen – all das waren verbreitete Streiche. Auch beliebt war das Blockieren der Türglocken mit Streichhölzern, was ein Dauerklingeln auslöste. Oder, im Morgengrauen «Klavier» auf den Türklingeln zu spielen und so ganze Mehrfamilienhäuser aufzuwecken.

In den 1990er Jahren wurden die Streiche immer derber. Oft nutzten Jugendliche, die nicht mehr schulpflichtig waren, den Anlass, um Vandalismus zu betreiben. Es wurden zum Beispiel reihenweise Briefkästen mit Böllern gesprengt oder gar Scheiben von parkierten Autos eingeschlagen.

Da hörte der Spass auf: 2003 fand in der Stadt Zürich zum letzten Mal ein lärmiger Schulsilvester statt.

Heutzutage gilt Halloween Ende Oktober als Schulsilvester-Ersatz. Am Abend vor dem 1. November ziehen die jüngeren Schulkinder verkleidet als Hexen, Skelette, Gespenster oder Sensenmänner um die Häuser. Sie klingeln bei Bekannten und Nachbarn, um Süsses zu ergattern. Die Halloween-Nacht wird jedoch, ähnlich wie einst der Schulsilvester, von Jugendlichen für Vandalenakte missbraucht. So werden etwa Eier gegen Fassaden und fahrende Autos sowie Busse geworfen.

Vor Weihnachten allerdings bleibt es im heutigen Zürich ruhig. Seit 2004, seit der Abschaffung des Altjahresbrauchs, wird ein besinnlicher «Schulausklang» abgehalten.

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