Sonntag, September 8

Nach Vontobel, Julius Bär und Pictet brilliert auch Lombard Odier nicht mit einem starken Jahresabschluss. Ist alles nur konjunkturbedingt?

Was ist bloss mit den Schweizer Vermögensverwaltungsbanken los? Sie weisen für 2023 allesamt eher dürftige Zahlen aus. Julius Bär hatte allen voran mit dem 600-Millionen-Abschreiber zu kämpfen. Diesen musste sie vornehmen, weil sie dem Immobilienunternehmer René Benko schlecht besicherte Kredite gab, die nun auszufallen drohen.

Abgesehen davon konnte die Bank Bär jedoch sogar einen der besseren Abschlüsse unter den Privatbanken vorlegen. Vontobel laboriert seit einiger Zeit am Asset Management herum, also am Anlagegeschäft für Pensionskassen und andere Banken. Auch die Genfer Banken UBP und Pictet machten keine grossen Sprünge.

Flaute in Genf und Zürich

Ähnliches gilt nun auch für Lombard Odier, die dritte grosse Genfer Privatbank, die diesen Donnerstag ihre Zahlen für 2023 vorgestellt hat: Die verwalteten Vermögen konnte die Bank nur minim von 192 auf 193 Milliarden Franken ausbauen, obwohl die Aktienmärkte ein gutes Jahr verzeichneten. Der Reingewinn schrumpfte um 9 Prozent auf noch 221 Millionen Franken.

«Der starke Schweizer Franken sorgte für einigen Gegenwind und hat sich sowohl auf die Erträge, als auch auf die verwalteten Vermögen ausgewirkt», sagt Hubert Keller, Senior Partner. Wie die Konkurrenten in Zürich und Genf erzielt Lombard Odier einen substanziellen Teil der Erträge in Fremdwährungen; die meisten Kosten fallen dagegen in Franken an. Haussiert der Franken, sieht das schlecht aus in der Bilanz.

Nicht alle Banken sind gleich

Im Branchenvergleich fällt weiter auf, dass die Vermögensverwaltung für reiche Privatkunden bei den meisten Banken eigentlich gut läuft. Auch deshalb weist Julius Bär rein operativ eher gute Zahlen aus: Im Unterschied zu den Genfer Konkurrenten und zu Vontobel konzentriert sich die Bank auf das Privatkundengeschäft.

Schlechter sieht es bei denjenigen Banken aus, die auch Asset Management betreiben. Bei Lombard Odier habe die Sparte das Jahr mit leichten Abflüssen von Kundengeldern beendet, sagt Hubert Keller. Das sei ein wenig enttäuschend, aber verständlich, wenn man auf die Branchentrends schaue. «Die höheren kurzfristigen Zinsen waren für uns weniger günstig, da viele Kunden beschlossen, zu attraktiveren Bargeldlösungen zu wechseln. Einer Produktpalette, die für uns nicht im Mittelpunkt steht.»

Eine rasche Verbesserung des Umfelds erwartet Keller noch nicht – viele Kunden warteten die weitere Zinsentwicklung insbesondere in den USA ab. Positiv stimmt ihn jedoch, dass die Kundschaft vermehrt in nachhaltige Anlagen investiere; und zwar nicht nur vereinzelt in ESG- oder Impact-Fonds, sondern sie würden ihre Allokation grundsätzlich und langfristig überdenken. Das komme der Bank, die sich auf dieses Feld spezialisiert, entgegen.

Der CS-Nachfolger ist noch nicht gekürt

Noch nicht festlegen lässt sich, welche Vermögensverwaltungsbank nun am meisten vom Ende der Credit Suisse profitiert hat. Die meisten haben 2023 die Gunst der Stunde genutzt und mehr oder weniger aktiv gute CS-Berater abgeworben. Lombard Odier hat der Grossbank etwa das Team für die vermögende Zuger Kundschaft ausgespannt.

Es war von Beginn weg klar, dass diese neuen Berater in den ersten Monaten vor allem Geld kosten; es dauert im Schnitt 18 bis 24 Monate, bis Kundenberater nach einem Bankwechsel gleich profitabel arbeiten wie zuvor. Der rückläufige Gewinn etwa bei Lombard Odier lässt sich bis zu einem gewissen Grad durch diese (und weitere) Investitionen begründen.

Im Markt wurden aber auch schon Zweifel geäussert, ob die neuen Kundenberater der Genfer gleich erfolgreich sein würden wie zuvor bei der CS; weil die Grossbank mit einem deutlich grösseren Produkteangebot um Kunden werben konnte.

«Die meisten Kundenberater, die wir eingestellt haben, haben ihre Ziele betreffend Neugeld erfüllt und fügen sich sehr gut in unsere Kultur ein», sagt Hubert Keller hierzu. Wer zu Lombard Odier komme, wisse, dass diese Bank ein anderes Angebot und eine andere DNA aufweise als eine Grossbank.

Keller will auch das aussergewöhnliche Jahr 2023 etwas in Perspektive rücken. Während Lombard Odier in normalen Jahren vielleicht 40 bis 50 Kundenberater einstelle, seien es im vergangenen Jahr gegen 70 gewesen. Der Anteil von CS-Mitarbeitern sei nur ein wenig höher gewesen als in sonstigen Jahren. «Die Mehrheit unserer Neueinstellungen stammte auch 2023 nicht von der Credit Suisse», sagt Keller.

Warten auf die Kundschaft

Alles in allem lassen die flauen Resultate etwas ratlos zurück. Natürlich: Wenn die institutionellen Kunden endlich Gewissheit erhalten, wie sich die Zinsen in den USA entwickeln, dann könnten sie vielleicht wieder stärker in die Anlageprodukte investieren, die ihnen die Schweizer Vermögensverwaltungsbanken feilbieten.

Wenn weder der chinesische Immobilienmarkt noch der US-Markt für Gewerbeliegenschaften komplett einbricht, wird sich die Laune der Kundschaft weiter verbessern. Vielleicht nimmt sie dann auch wieder mehr Kredite bei den Banken auf, was höhere Gebühren verspricht.

Vorerst bleibt es beim Zwischenfazit, dass die Schweizer Privatbanken die Resultate von 2022 zu grossen Teilen verpasst haben – und meilenweit von den Spitzenresultaten von 2021 entfernt sind. Ein schwächerer Franken und eine weiche Landung der US-Wirtschaft würden ihnen im kommenden Jahr sicher helfen. Ob diese Wünsche der Branche erfüllt werden, ist aber sehr ungewiss.

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