Vor einem Monat hat der Bund die Asylpraxis für Afghanen verschärft. Das hat nun erste Folgen.

Afghanistan ist seit Monaten das wichtigste Herkunftsland von Asylbewerbern in der Schweiz. Im März hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) überraschend seine Praxis für Afghanen verschärft. Seit Mitte April können alleinstehende Männer, deren Asylgesuch der Bund abgelehnt hat, unter bestimmten Umständen weggewiesen werden. Das SEM erachtet die Rückkehr als zumutbar.

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Inzwischen gibt es die ersten Fälle von abgelehnten afghanischen Asylbewerbern, bei denen der Bund die Wegweisung angeordnet hat. Das bestätigt der SEM-Sprecher Samuel Wyss der NZZ. Es handle sich um wenige Einzelfälle. Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich deutlich verbessert. Im Gegensatz zur Situation vor dem August 2021, als die islamistischen Taliban die Macht übernahmen, gebe es grundsätzlich keine Gebiete mehr, bei denen das SEM den Vollzug von Wegweisungen generell als unzumutbar erachte. Deshalb unterscheiden die Behörden nicht mehr nach einzelnen Regionen.

Tragfähiges Beziehungsnetz

Wegen des Datenschutzes äussert sich das SEM nicht zu den einzelnen Fällen. Gemäss Informationen der NZZ betrifft ein Fall aber die Asylregion Nordwestschweiz, die ihren Standort in Basel hat. Es handelt sich um einen abgelehnten Asylbewerber aus dem Raum Kabul, der aus einem intellektuellen Umfeld kommt und in Afghanistan eine Familie hat. Ein stabiles Beziehungsnetz, das bei der Suche nach einer Wohnung oder einem Job helfen kann, ist eine der Bedingungen für eine Ausschaffung.

Die Praxisverschärfung gilt für Männer, die sich ohne Familie in der Schweiz aufhalten sowie volljährig und gesund sind. In einer aktualisierten Lageanalyse kam das SEM vor einigen Monaten zu dem Schluss, dass sich auch die soziale und wirtschaftliche Lage etwas entspannt habe. Davon könnten arbeitsfähige, volljährige Männer mit intaktem Beziehungsnetz profitieren, hiess es. Frauen, Familien und minderjährige Asylsuchende sind nicht betroffen. Die Schweiz nimmt sie weiterhin vorläufig auf.

Flüchtlingshilfe widerspricht Bund

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) sieht die Praxisänderung kritisch. Auf absehbare Zeit sollten keine Rückführungen nach Afghanistan stattfinden, sagt der Sprecher Lionel Walter. «Wir halten es für unmöglich, das Risiko von Misshandlungen oder anderen Menschenrechtsverletzungen im Falle einer Rückführung auszuschliessen.» Die SFH fordert, dass der Bund Jugendliche bis 25 Jahre als verletzliche Personen betrachtet. Dies entspreche auch internationalen Richtlinien.

Die Situation in Afghanistan habe sich in den letzten Jahren nicht verbessert, sagt Walter. Die Menschenrechtslage sei nach wie vor katastrophal und verschlechtere sich tendenziell weiter. Zudem herrsche eine humanitäre und wirtschaftliche Krise, die sich durch den Wegfall der Gelder der amerikanischen Entwicklungsbehörde USAID verschärfen könnte.

Von der Verschärfung sind im Verhältnis zur Zahl der Asylgesuche nur wenige Afghanen betroffen. Doch Signale spielen bei der illegalen Migration eine wichtige Rolle. Eine strengere Asylpraxis kann abschreckend wirken. Weit geht dabei die Regierung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Ihr ist es gelungen, die illegale Migration an der Südgrenze mit unzimperlichen Massnahmen stark zu reduzieren, die allerdings teilweise rechtsstaatlich fragwürdig sind. So schafften die USA einen Bürger von El Salvador aus, obwohl ein Richter dies untersagt hatte. Aufgegriffene Migranten, die keine Papiere hatten, flogen die Behörden mit Militärflugzeugen in ein Lager auf dem Stützpunkt Guantánamo auf Kuba aus – in Handschellen.

Die Wegweisungen der afghanischen Asylbewerber, die der Bund angeordnet hat, sind noch nicht rechtskräftig. Die Betroffenen erhalten eine Rückkehrberatung und eine finanzielle Starthilfe, höchstens 1000 Franken pro Person. Dazu kommt eine materielle Unterstützung, die sich auf maximal 3000 Franken beläuft, um ein Projekt zur Wiedereingliederung zu realisieren. Schon im vergangenen Jahr hat die Schweiz begonnen, einzelne kriminelle Afghanen auszuschaffen.

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