Kotierte Schweizer Immobilienfonds haben sich im vergangenen Jahr ausgezeichnet entwickelt. Die Bewertungen haben damit aber teils ein Niveau erreicht, das an die Übertreibungen des Boomjahres 2021 erinnert. Investoren sollten sich gegen unerfreuliche Überraschungen wappnen.
Kotierte Schweizer Immobilienfonds können auf ein hervorragendes Jahr zurückblicken. Der SWIIT (die Benchmark für kotierte Schweizer Immobilienfonds) erzielte 2024 eine Performance von 17,5%. Davon entfielen rund 2,5 Prozentpunkte auf die Ausschüttung der erwirtschafteten Erträge, der Rest basierte auf der Kursentwicklung.
Diese starke Kursperformance markiert eine Gegenbewegung zu der Korrektur im Zeitraum zwischen Ende 2021 und September 2023. Der SWIIT-Index hat mittlerweile den Zenit von 2021 deutlich übertroffen.
Appetit für Investments kehrt zurück
Bemerkenswert ist, dass die Avancen im letzten Jahr trotz eines hohen Volumens an Kapitalerhöhungen erzielt wurden, die typischerweise kursmindernd wirken. Gemäss Daten von Alphaprop haben sich Schweizer Immobilienfonds durch insgesamt 32 Kapitalerhöhungen über 2,8 Mrd. Fr. an frischen Mitteln beschafft. Das Jahr 2024 übertrifft somit deutlich die gezeichneten Volumen der Jahre 2022 und 2023 zusammen. Nur das Boomjahr 2021 wies in der jüngeren Vergangenheit noch ein höheres Volumen auf.
Die Ausweitung des Angebots traf auf einen wieder erstarkten Appetit für Immobilienanlagen bei Investoren. Im Zug der frühen und aggressiven Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind die langfristigen Zinsen stark gesunken. Gegen Ende 2024 handelten zehnjährige Schweizer Staatsanleihen zu einer Rendite von 0,3%.
Die folgende Abbildung vergleicht die Renditen von Staatsanleihen mit den Dividendenrenditen von Immobilienfonds, die entweder auf Wohnimmobilien oder auf kommerzielle Liegenschaften fokussiert sind. Wie sich an den Kurven ablesen lässt, lag die Dividendenrendite für Wohnimmobilienfonds Ende 2024 bei 2,1%, und für kommerzielle Immobilien bei 3,4%.
Präferenz für Wohnimmobilien
Wohnimmobilien stehen weiterhin verstärkt in der Gunst der Investoren. Die Dividendenrendite für solche Fonds liegt aktuell bei 180 Basispunkten über zehnjährigen Staatsanleihen. Wie die obige Grafik illustriert, ist die Prämie zwar nicht mehr so hoch wie während der Negativzinsphase, als sie durchschnittlich bei rund 250 Basispunkten lag. Gegenüber 2022 und 2023, als sie nach den Zinserhöhungen auf nur noch 100 Basispunkte schrumpfte, ist das derzeitige Niveau aber immer noch komfortabel.
Immobilienfonds mit Fokus auf kommerzielle Immobilienanlagen werden von vielen Investoren demgegenüber weiterhin mit Skepsis betrachtet. Zwar haben sich die Kurse in diesem Segment im Jahr 2024 deutlich weiter erholt. Die Ausschüttungsrendite liegt jedoch bei 3,4%, was im Vergleich zu Staatsanleihen einer Risikoprämie von über 310 Basispunkten entspricht.
Im Vergleich zu Wohnimmobilienfonds weisen Fonds mit kommerziellen Liegenschaften eine um 130 Basispunkte höhere Ausschüttungsrendite auf. Dies entspricht einer der grössten Renditedifferenzen in den letzten zwanzig Jahren dar. Betrachtet man die Zeit vor der Finanzkrise, so erzielten kommerzielle Immobilien ähnliche Ausschüttungsrenditen wie Wohnimmobilien. Die derzeitige Präferenz zugunsten von Wohnimmobilien ist somit ein relativ neuartiges Phänomen.
Verschiedene Faktoren erklären diesen Trend. An erster Stelle steht die bessere historische Wertentwicklung: In den vergangenen fünf Jahren erzielten die zugrundeliegenden Wohnliegenschaften eine durchschnittliche Wertsteigerung von 2% pro Jahr, während kommerzielle Immobilien im gleichen Zeitraum eine negative Entwicklung von -0,3 % p.a. verzeichneten (gemessen auf Liegenschaftsebene, ohne Berücksichtigung von Fremdfinanzierungseffekten).
Darüber hinaus werden Wohnimmobilien von einigen Investoren aufgrund ihrer geringeren Volatilität und ihrer geringeren Abhängigkeit von der Konjunktur bevorzugt. Die anhaltend hohe Nettozuwanderung in die Schweiz, kombiniert mit dem aktuell schwachen Konjunkturausblick, hat diese Präferenz zusätzlich verstärkt.
Schwindelerregende Agios bei einigen Fonds
Investitionsentscheidungen sollten jedoch stets die Bewertungen berücksichtigen, auch wenn sich die Märkte für eine gewisse Zeit irrational verhalten können. Die aktuellen Bewertungen kotierter Immobilienfonds haben leider wieder nahezu die blasenartigen Höchststände erreicht, die Ende 2021 zu beobachten waren.
Der Unterschied liegt jedoch darin, dass damals Negativzinsen von -0.75% herrschten, wogegen der Leitzins heute mit 0,5% um 125 Basispunkte höher liegt. Aus diesem Grund sind die aktuellen Preisniveaus noch kritischer zu hinterfragen.
Ein wichtiges Mass für die Bewertung kotierter Immobilienfonds sind die Agios oder Disagios. Die Kenngrössen zeigen, mit welchem Auf- oder Abschlag ein Fonds zur Bewertung des unterliegenden Immobilienportfolios an der Börse gehandelt wird. Das aktuelle Agio des SWIIT-Index liegt bei etwa 34%. Demgegenüber beträgt der längerfristige Durchschnitt rund 23%.
Gemessen an der Börsenkapitalisierung handelt ein Viertel der Immobilienfonds sogar zu Agios von mehr als 50%. Dazu zählen unter anderem die grösseren, liquideren Wohnimmobilienfonds mit längerem Leistungsausweis wie beispielsweise Credit Suisse Real Estate Fund SIAT, Swisscanto IFCA und UBS-Sima, der mit Abstand grösste und liquideste Fonds im Markt.
Insgesamt handelt etwas mehr als die Hälfte der kotierten Immobilienfonds zu einem Agio von über 40%. Gemessen an der gesamten Marktkapitalisierung aller kotierten Immobilienfonds handeln lediglich 10% zu einem Disagio. Dazu gehören vorab verschiedene, auf kommerzielle Immobilien fokussierte Fonds.
Parallelen zur Blase von 2021
Wie können sich Investoren zu Beginn des neuen Jahres demnach am besten positionieren?
Der Ausblick für direkte Immobilienanlagen im Jahr 2025 ist positiv. Die niedrigeren Zinsen sowie die anhaltende Knappheit an Wohnraum dürften eine solide Basis für eine Wertsteigerung der zugrunde liegenden Liegenschaften von Immobilienfonds schaffen. Zudem sorgen niedrigere Finanzierungskosten für zusätzliche Impulse, da die Fremdfinanzierung wieder positiv zur Anlageperformance beiträgt.
Dennoch haben positive Überraschungen im Jahr 2024 dazu geführt, dass die Kurse vieler auf Wohnimmobilien fokussierter Immobilienfonds auf ein ausgesprochen ambitioniertes Niveau gestiegen sind. Offenbar beachten Investoren und die SNB die Lehren aus dem Jahr 2021 nicht.
Gegen Ende von 2021 herrschte das Narrativ vor, der Inflationsanstieg sei nur eine vorübergehende Erscheinung und die Schweiz sei im Negativzinsumfeld für Jahre gefangen. Kumuliert stieg der SWIIT-Index 2020 und 2021 um 19%. Einige Pensionskassen erhöhten ihre Immobilienquoten bis an ihre Limite. Die Grosszahl der Immobilienfonds finanzierte sich nur kurzfristig variabel, d.h. potenziell höhere Saron-Sätze führen zu deutlich höheren Finanzierungskosten.
Die Quittung folgte 2022 umgehend. Im Zug des Ukrainekriegs drehten die Zinsen in kurzer Zeit in den positiven Bereich. Da Anleihen und Aktien starke Verluste erlitten, stieg die Immobilienquote vieler institutioneller Investoren über ihren möglichen Höchstwert an. In der Folge sahen sich viele von ihnen gezwungen, ihre Quote zu reduzieren. Da kotierte Immobilienfonds wegen ihrer Liquidität dafür eine einfache Möglichkeit boten, kam es zu einer Verkaufswelle. Der SWIIT-Index verlor bis Ende 2022 rund 25%.
Aktuell sind einige Parallelen zur Situation von Ende 2021 zu beobachten. Angetrieben durch verfrühte Zinssenkungen und eine unglückliche Kommunikation des neuen SNB-Direktoriums wurden die «Animal Spirits» bei Bondhändlern und Immobilieninvestoren geweckt. Der Bondmarkt erwartet über das nächste Jahrzehnt praktisch keine Inflation in der Schweiz. Geldmarkt-Futures preisen sogar wieder Negativzinsen ein. Einige Investoren haben daraufhin ihre Immobilienquoten wieder stark erhöht.
Ein Déjà-vu? Wie im Jahr 2021 dominiert bei Schweizer Immobilien- und Obligationenanlagen auch heute wieder das Narrativ, dass es zu einer Rückkehr der Negativzinsen komme.
Die hohen Agios von Ende 2024 reflektieren somit ein fehlendes Risikobewusstsein gegenüber Zinsrisiken bei Immobilienanlagen. Auch andere Risiken für Wohnimmobilien wie zunehmende politische Eingriffe in den Städten Basel, Zürich und Bern, der Rückgang der Nettozuwanderung oder die Auswirkungen sinkender Referenzzinssätze auf die Cashflows werden aktuell nicht eingepreist.
Lektionen für 2025
Schaut man ins Ausland, lässt sich erkennen, dass die Inflation noch nicht vollständig besiegt ist. Zwar wird die SNB derzeit eher von Deflationssorgen getrieben, da der starke Franken und das schwache konjunkturelle Umfeld zu einer zyklischen Disinflation in der Schweiz führen. Dennoch macht die einseitige Positionierung den Markt in einem Umfeld global strukturell höherer Inflation anfällig für negative Überraschungen.
Die Erfahrungen aus dem Jahr 2021 lehren uns deshalb einige wichtige Lektionen: Erstens, bieten die aktuell hohen Agios eine günstige Gelegenheit, Gewinne zu realisieren und die Cashquote zu erhöhen. Zudem ist es ratsam, mit weiteren Investitionen in kotierte Wohnimmobilienfonds zunächst abzuwarten.
Eine zweite zentrale Lehre ist, dass die Immobilienquote stets an das allgemeine Bewertungsniveau des Marktes angepasst werden sollte. Sind die Agios so hoch wie heute, lohnt sich eine Reduktion, bei tiefen Agios dagegen ein Aufbau. Es ist immer besser, Gewinne freiwillig zu realisieren, als unter Druck verkaufen zu müssen. Somit empfiehlt es sich, einen adäquaten Puffer bei der Immobilienquote zu haben, um im Verlauf des Jahres auf günstige Kaufgelegenheiten reagieren zu können.
Auch 2025 wird es nicht an Risiken mangeln. Angesichts der hohen Agios ist es wahrscheinlich, dass sich diese bei manchen Fonds zeitweise um 10 bis 15% von ihrem aktuell hohen Niveau zurückbilden könnten. Da dies voraussichtlich in einem strukturell haussierenden Markt geschieht, sollten solche Rücksetzer gezielt genutzt werden, um das Portfolio umzuschichten oder den Cashbestand wieder zu reduzieren.
Angesichts der extremen relativen Bewertungsdifferenzen zwischen Wohn- und kommerziellen Immobilienfonds sollten Investoren bei möglichen Marktkorrekturen auch in Erwägung ziehen, die Quote kommerzieller Immobilien im Portfolio zu erhöhen. Auch 2025 dürfte dadurch Gelegenheiten bieten, um attraktive Renditen zu erzielen.
Zoltan Szelyes