Die VBS-Chefin kann sich vorstellen, «ein Kaufgesuch von Rheinmetall noch einmal anzuschauen». Aber da war doch mal was.

Im Vorfeld der Bürgenstock-Konferenz stellt Viola Amherd in Aussicht, der Ukraine Leopard-1-Panzer zukommen zu lassen. In einem Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» («FAZ»), das am vergangenen Freitag publiziert und vom Eidgenössischen Verteidigungsdepartement (VBS) verbreitet wurde, zeigte die Bundespräsidentin Bereitschaft, ein allfälliges Gesuch zu prüfen.

Es seien zwar noch juristische Abklärungen über die Eigentumsverhältnisse mancher Fahrzeuge im Gang. «Sobald die abgeschlossen sind und Klarheit besteht, können wir ein Kaufgesuch von Rheinmetall noch einmal anschauen», sagte Amherd. Diese Aussage, die sich unverbindlich anhört und in der hiesigen Politlandschaft unbeachtet blieb, birgt Zündstoff.

Schweizer Panzer für eine Kriegspartei?

2023 trieben die Leopard-1-Panzer die VBS-Chefin das ganze Jahr hindurch um. Sowohl Brigitte Beck wie auch Nicolas Perrin mussten im Zuge dieser Saga ihren Posten räumen. Sie als Geschäftsleiterin von Ruag, dem bundeseigenen Rüstungsunternehmen, dem die Panzer gehören, er als dessen Verwaltungsratspräsident. Damals wurde für eine breitere Öffentlichkeit auch bekannt, dass Perrin der Schwager von Brigitte Hauser-Süess, Amherds Beraterin, ist.

Diese indirekte Verwandtschaft mit ihrer engsten Vertrauten verschwieg Amherd gegenüber dem Bundesrat, als sie Perrin 2019 als Verwaltungsratspräsident der Ruag installierte – zumindest hat sie in ihrem Antrag zuhanden ihrer Regierungskollegen die Affinität nicht schriftlich festgehalten, wie verschiedene Quellen bestätigen.

Genauso unklar war über mehrere Wochen hinweg die Rolle, die Amherd beim angedachten Rüstungsgeschäft spielte. Anfang 2023 war der Rüstungsriese Rheinmetall an Bundesbern gelangt, um die 96 Leopard-1-Panzer zu kaufen. Die Absicht wurde offen dargelegt: Die Deutschen wollten das in die Jahre gekommene und von Ruag in Italien eingelagerte Kriegsgerät in Stand setzen und dann direkt in die Ukraine liefern.

Ruag und Rheinmetall haben einen Kaufvertrag unterzeichnet, noch bevor sich das zuständige Staatssekretariat Seco und der Bundesrat zum Geschäft geäussert hatten. Amherd nahm sich später in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» aus der Schusslinie. Sie liess durchblicken, dass sie selbst wohl anders gehandelt hätte. «Als Anwältin schaue ich genau hin. Da muss alles sauber und korrekt sein. Alles andere geht nicht.»

Ein Bericht der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFK) hingegen nahm die zuständige Bundesrätin später in die Verantwortung. Das Generalsekretariat des VBS sei früh genug über die Kaufabsicht von Rheinmetall informiert gewesen. «Bei Bedenken hätte das Geschäft jederzeit vor Vertragsunterschrift gestoppt werden können.» Der Bundesrat hat das Gesuch denn auch abgelehnt, «da es im Widerspruch zum geltenden Recht steht». So schliessen etwa die von der Schweiz übernommenen EU-Sanktionen gegen Russland auch Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Damit schien der Fall erledigt.

VBS relativiert Aussage

Umso erstaunlicher ist, dass Amherd nur ein Jahr später und dieses Mal als Präsidentin der Landesregierung die Tür für Waffenlieferungen an die Ukraine wieder ein Stück weit aufstösst. Auf Nachfrage hin weicht der Indikativ aus dem autorisierten «FAZ»-Interview zwar dem Konjunktiv. Man «würde» ein Gesuch prüfen, wenn ein Gesuch vorliegen «würde», heisst es beim VBS. Dass der Bundesrat in dieser Sache bereits entschieden habe – diese Information teilte die Bundespräsidentin indes nicht mit dem deutschen Publikum.

Auch dass der Schweizer Armee empfindliche Fähigkeitslücken drohen, liess sie im Interview unerwähnt, im Gegenteil. Sie zeigte sich «im Prinzip offen», der Bitte von ihrem deutschen Amtskollegen Boris Pistorius nachzukommen und der Deutschen Bundeswehr die bereits bestellten Patriot-Abwehrraketen abzutreten. «Allerdings sind noch diverse Abklärungen zu machen, auch seitens Deutschlands.»

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