The Market macht sich regelmässig auf die Suche nach vernünftig bewerteten Qualitätsunternehmen. In der Schweiz scheidet Kühne + Nagel aus. In Europa qualifizieren sich zwei weitere Titel aus Grossbritannien.

Der Kursauftrieb verlangsamt sich. Zwar hat der von MSCI berechnete Weltaktienindex im Juni in Dollar weitere 1,9% zugelegt. Damit war dies aber einer der schwächsten Monate seit Beginn der laufenden Erholung im November. Anzeichen, dass der bisher überraschend robuste US-Konsum unter Druck kommen könnte, und die Zunahme politischer Risiken sorgen für Verunsicherung.

Treiber des MSCI World waren im Juni einmal mehr Technologie- und Kommunikationswerte, die den immer enger werdenden Markt dominierten. Überhaupt nicht gefragt waren dagegen defensive Namen aus dem Basiskonsum- und dem Versorgerbereich. Auch Rohstoff- und Industrietitel hatten einen schweren Stand.

Diese Entwicklungen machen sich in der Qualitätsauswahl von The Market bemerkbar, die ihren Vergleichsindizes seit der letzten Bestandesaufnahme hinterherhinkt. Belastend wirkten Auto-, Finanz-, Hausbau- und Konsumwerte, mit denen die Auswahl gespickt ist:

Zur Erinnerung: Seit der Lancierung 2019 macht sich The Market an den Börsen der Schweiz, Europas und der USA regelmässig auf die Suche nach vernünftig bewerteten Qualitätsunternehmen.

Die Kriterien

Was Qualität ausmacht, ist nicht einheitlich definiert. The Market versteht darunter Aktien von Gesellschaften, die eine höhere Kapitalrendite erzielen, eine robustere Bilanz aufweisen und günstiger bewertet sind als das Durchschnittsunternehmen im Vergleichsindex.

Als Kriterien werden die Rendite auf das eingesetzte Kapital (Return on Invested Capital, ROIC), das Verhältnis aus Nettoschulden zum Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie der Unternehmenswert (Enterprise Value, EV) in Relation zum Ebit verwendet.

In jeder Region wird je nach Aussagekraft ein viertes Kriterium eingesetzt. In der Schweiz ist es das Wachstum des Buchwerts je Titel über fünf Jahre, in den USA die totale Ausschüttungsrendite – definiert als Dividenden und Nettoaktienrückkäufe im Verhältnis zum Unternehmenswert – und in Europa das Momentum der Gewinnprognosen.

Kühne + Nagel verabschiedet sich

In der Schweiz schaffen siebzehn Namen alle Hürden, einer weniger als im Vormonat. Nicht mehr dabei ist Kühne + Nagel, weil das Verhältnis aus Unternehmenswert zum Ebit auf 19 gestiegen ist, während sich die Bewertung der durchschnittlichen Gesellschaft im Swiss Performance Index (SPI) gleichzeitig auf 18,6 reduziert hat:

Mit dem Ausscheiden von Kühne + Nagel verbleiben mit UBS und Richemont nur noch zwei Titel aus dem Swiss Market Index. Bei Letzteren liess kürzlich der Einstieg von Bernard Arnault aufhorchen. Der Patron des französischen Luxusgüterriesen LVHM ist schon lange an Richemont interessiert, blitzte bisher mit seinen Avancen bei Johann Rupert, dem Verwaltungsratspräsidenten und starken Mann von Richemont, aber stets ab. Auch jetzt wird betont, dass das Engagement rein privat eingegangen worden sei.

Dennoch sendet der Einstieg ein Signal. Arnault als starker Mann von LVMH dürfte vor allem an Cartier interessiert sein, dem Bijou im Portfolio von Richemont. Zusammen mit Van Cleef & Arpels und Buccellati trägt der hochmargige Schmuckbereich inzwischen rund die Hälfte zum Umsatz bei und dürfte der entscheidende Treiber hinter dem Erfolg von Richemont sein. Attraktive Marken wie Cartier sind der Schlüssel zum Erfolg, und das weiss niemand besser als Arnault.

Zwei weitere britische Unternehmen für die Europaauswahl

In Europa erfüllen 53 Unternehmen alle Kriterien, gleich viele wie bei der letzten Bestandesaufnahme. Unter den zwanzig günstigsten Werten sind erstmals der Versorger Drax und der Sportartikelhändler JD Sports, beide aus Grossbritannien, vertreten:

JD Sports betreibt ein weites Netz an Sportartikelläden, in denen bekannte Marken wie Adidas, Puma oder Nike verkauft werden. Der Umsatz teilt sich fast gleichmässig auf die Regionen UK und Irland, USA und Europa auf. Wegen des schwierigen Konsumumfelds musste das Unternehmen sein Umsatz- und Margenziel für dieses Jahr reduzieren, was an der Börse nicht gut ankam.

Dennoch halten die Analysten von JPMorgan den JD-Valoren die Treue. «Die reduzierten Ziele für 2025 und danach erscheinen erfüll- oder gar übertreffbar», schreiben sie. JD biete eine gute Mischung aus Wachstum, Marge, Rendite und Bewertung. «Wir sind immer noch überzeugt, dass die Strategie vom JD den Markt mittel- bis langfristig schlagen kann, was eine Höherbewertung ermöglichen sollte.» Dadurch würde auch die Bewertungslücke zur Konkurrenz verkleinert. Sie empfehlen, die Titel höher zu gewichten.

JD Sports hat Zugriff auf gefragte Modelle

JD möchte zu einem globalen Leader im Sportbereich werden und versucht, dieses Ziel mit Akquisitionen und der Neueröffnung von Läden zu erreichen. Wie die Spezialisten von JPMorgan sehen auch die Bloomberg-Analysten diese Ambition nicht gefährdet. JD Sports sei das Bindeglied zwischen den Sportartikelherstellern und der Kundschaft und könne dank ihres datenintensiven Modells die Beziehung zu den Herstellern festigen. Das erlaube es wiederum, gefragte Modelle in grosser Zahl zu sichern.

Drax produziert Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Grossbritannien. Prunkstück ist die Power Station im nordenglischen Drax, die aus Biomasse 2,6 GW Strom herstellt. Dazu kommen kleinere Pumpspeicher- und Wasserkraftwerke in Schottland.

Dank der Stromerzeugung aus Holzpellets – Holz absorbiert CO2 – und dem Verkauf des Gaskraftwerkparks dürfte das Unternehmen bis 2030 CO2-negativ werden, schreiben die Spezialisten von JPMorgan. Drax habe die Hauptlast der britischen Dekarbonisierungsstrategie getragen, könne nun aber von ihrer Stellung profitieren, nachdem die Regierung Biomasse als eines der wertvollsten Werkzeuge auf dem Weg zum Netto-null-Ziel bezeichnet hat.

US-Auswahl verzeichnet keinen Neueintritt

Keine Veränderung gab es in den USA, wo sich weiterhin 77 Namen qualifizieren. Weder unter den zwanzig günstigsten Werten noch unter den Titeln mit der höchsten Ausschüttungsrendite kam es zu einem Neueintritt. Die Auswahl bleibt von Finanz- und Energievaloren dominiert:

Die jüngsten Auswechslungen haben die Ausrichtung der Auswahl kaum verändert. Sie bleibt stark zyklisch. Deshalb würde sie unter Druck geraten, wenn die Weltwirtschaft in die Rezession abgleitet. Auch eine Fortsetzung des Hypes um künstliche Intelligenz würde auf der Performance lasten, weil zunehmend Geld aus Old-Economy-Branchen abgezogen und in die (vermeintlichen) Gewinner umgeschichtet wird. Andererseits bieten gerade wirtschaftlich schwierige Zeiten die besten Gelegenheiten für den Einstieg in konjunktursensitive Werte.

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