Donnerstag, Januar 16

The Market macht sich regelmässig auf die Suche nach vernünftig bewerteten Qualitätsunternehmen. Die Schweizer Auswahl schrumpft um drei Namen. Dafür trumpfen heimische Gesellschaften in Europa gross auf.

Dem Trump-Boom ist etwas die Luft ausgegangen. Während unmittelbar nach der Wahl des neuen, alten US-Präsidenten die US-Indizes und da wegen wirtschaftsfreundlicher Reformen und der Aussicht auf Deregulierung vor allem Technologie- oder Finanzwerte besonders gefragt waren, setzte es im Dezember einen leichten Dämpfer ab. Grund war die US-Notenbank, die an ihrem Treffen Mitte Monat durchblicken liess, die Zinsen nächstes Jahr weniger senken zu können, als bisher erwartet worden war.

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Dazu kommt die Aussicht auf die inflationstreibende Politik des neuen Präsidenten, was die Renditen von lang laufenden Staatsanleihen in die Höhe getrieben hat. Dreissigjährige Treasuries notieren erstmals seit Herbst 2023 wieder über 5%, und auch zehnjährige Papiere nähern sich dieser Marke. Unter Druck standen am Aktienmarkt deshalb zinssensitive Branchen wie der Hausbau und Immobilien, was sich in der Qualitätsauswahl von The Market bemerkbar macht, in der solche Valoren vor allem in den USA und in Europa prominent vertreten sind.

Aus diesem Grund hinkt die europäische Selektion seit der letzten Bestandesaufnahme dem Stoxx Europe 600 deutlich hinterher. In den USA reicht es trotz der Belastung durch die Hausbauer für eine leichte Outperformance, und auch die industrielastige Schweizer Auswahl konnte den SPI schlagen:

Zur Erinnerung: Seit der Lancierung 2019 macht sich The Market an den Börsen der Schweiz, Europas und der USA regelmässig auf die Suche nach vernünftig bewerteten Qualitätsunternehmen.

Die Kriterien

Was Qualität ausmacht, ist nicht einheitlich definiert. The Market versteht darunter Aktien von Gesellschaften, die eine höhere Kapitalrendite erzielen, eine robustere Bilanz aufweisen und günstiger bewertet sind als das Durchschnittsunternehmen im Vergleichsindex.

Als Kriterien werden die Rendite auf das eingesetzte Kapital (Return on Invested Capital, ROIC), das Verhältnis aus Nettoschulden zum Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie der Unternehmenswert (Enterprise Value, EV) in Relation zum Ebit verwendet.

In jeder Region wird je nach Aussagekraft ein viertes Kriterium eingesetzt. In der Schweiz ist es das Wachstum des Buchwerts je Titel über fünf Jahre, in den USA die totale Ausschüttungsrendite – definiert als Dividenden und Nettoaktienrückkäufe im Verhältnis zum Unternehmenswert – und in Europa das Momentum der Gewinnprognosen.

Nur Abgänge in der Schweiz

In der Schweiz erfüllen fünfzehn Namen alle Kriterien, drei weniger als im Vormonat. Aus Bewertungsgründen ausgeschieden sind die Valoren des Computerzubehörherstellers Logitech, der den Wiedereinstieg erst letzten Monat geschafft hat. Dank der seitherigen Kursavance ist das Verhältnis aus Unternehmenswert zum Ebit auf 19,6 und damit über den gemessen am Median «typischen» Wert der SPI-Unternehmen gestiegen, der bei 18,1 liegt.

Ebenfalls nicht mehr dabei ist der Luxusgüterkonzern Richemont, der ausser am EV-Ebit-Verhältnis von 19,5 auch am Wachstum des Buchwerts scheitert, das über die letzten fünf Jahre auf durchschnittlich 2,4% p.a. und damit unter den Median des SPI von 2,5% gefallen ist. Letzteres gilt auch für die Dentalgruppe Coltene, bei der sich das Buchwertwachstum auf 1,9% zurückgebildet hat. Wie Logitech hat auch sie erst bei der letzten Ausmarchung das Comeback geschafft.

Viele Schweizer in der europäischen Auswahl

Mehr von sich reden machen die Schweizer in der europäischen Auswahl, für die sich 56 Unternehmen qualifizieren, nach 51 im Vormonat. Zwar sind die hiesigen Namen nicht unter den zwanzig günstigsten Werten vertreten, unter denen erstmals der französische Zahlungsdienstleister Edenred auftaucht und der in Paris und Mailand kotierte Halbleiterhersteller STMicroelectronics nach längerer Absenz sein Comeback gibt. Dafür stellt die Schweiz auf der erweiterten Liste mit den beiden Pharmagiganten Roche und Novartis, der Industriegruppe SFS, dem Marktexpansionsdienstleister DKSH und dem Industriekonzern Sulzer zahlreiche Vertreter.

Edenred ist ein führender Anbieter von Prepaid-Zahlungslösungen und mischt damit im Markt für Lohnnebenleistungen mit. Die Mitarbeiter der Edenred-Kunden können mit den von Edenred ausgestellten Prepaid-Karten und Checks bei Restaurants, Lieferdiensten, Tankstellen, für die Kinderbetreuung oder den öffentlichen Verkehr bezahlen. Die Gesellschaft ist in 45 Ländern aktiv und bedient rund 1 Mio. Unternehmenskunden, deren 60 Mio. Nutzer bei mehr als 2 Mio. Anbietern bezahlen können. Die wichtigsten Märkte sind Brasilien, Italien und Frankreich. Dieses Jahr dürften die Franzosen gemäss den Analysten von Berenberg einen Umsatz von 2,8 Mrd. € und einen Ebit von rund 1 Mrd. € erwirtschaften.

Die Valoren standen das ganze letzte Jahr unter Druck, weil die europäische Wirtschaft lahmt und die italienische Regierung Ende Oktober mitgeteilt hat, die Kommission für Lunch- und Nahrungsmittelchecks auf 5% begrenzen zu wollen, was gemäss den Analysten von Berenberg den Ebitda von Edenred ab 2026 um rund 9% schmälern könnte. Am Tag der Ankündigung verloren die Valoren 15%. Sie würden damit den Ertragsausfall bereits einpreisen, schrieben die Berenberg-Experten damals. Dass andere Regierungen dem Beispiel Italiens folgen könnten, glauben sie nicht, da die Margen in Italien deutlich höher seien als andernorts.

Für Edenred sprechen neben der günstigen Bewertung – das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis des für dieses Jahr geschätzten Gewinns beträgt 14, die Rendite des freien Cashflows liegt bei 9,5% – der Trend zum bargeldlosen und digitalen Bezahlen, die hohen wiederkehrenden Einnahmen und die attraktiven Margen. Das scheint auch dem US-Value-Investor Harris Associates aufgefallen zu sein, der im September ein grosses Aktienpaket erworben hat und so nach der ebenfalls fundamental ausgerichteten Investmentgesellschaft Capital Group der zweitgrösste Anteilseigner ist.

Chinesisches Stimuluspaket wäre ein Befreiungsschlag für STMicroelectronics

STMicroelectronics mit Sitz in Genf und Kotierung in Paris sowie Mailand kann als Hersteller von Analogchips anders als der Grafikkartenspezialist Nvidia nicht vom Boom der künstlichen Intelligenz profitieren, sondern ist vom Gang der Wirtschaft abhängig, der in Asien und Europa – den wichtigsten Märkten für STM – gemächlich ist. Dazu kommen die Abhängigkeit vom ebenfalls lahmenden Automobilsektor und eine mögliche Welle an Chipexporten aus China, wo die Kapazitäten massiv ausgeweitet wurden.

Als Folge haben die Papiere letztes Jahr fast die Hälfte an Wert verloren, während sich der Gewinn mehr als halbiert hat. Damit ist die auf dem KGV basierende Bewertung optisch sogar gestiegen. Dennoch ist STM günstiger als die durchschnittliche Aktie im Stoxx Europe 600. Zwar fehlt es den Titeln gemäss den Experten von JPMorgan in den nächsten Monaten an Fantasie. Entschliesst sich China allerdings entgegen den Erwartungen der meisten Analysten zu einem grossen Stimuluspaket, bietet STM reichlich Potenzial.

Nicht überzeugen konnten letztes Jahr auch die Valoren der Schweizer Pharmagiganten Novartis und Roche, die beide kaum vom Fleck kamen. Während es den Aktien von Novartis in den nächsten Monaten an Fantasie mangelt, weil 2025 gleich drei wichtigen Medikamenten wie dem Herzmittel Entresto Generikakonkurrenz droht, hat Roche das Schlimmste wohl überstanden. Die Basler, die lange in der Schweizer Auswahl vertreten waren, wegen der hierzulande niedrigeren durchschnittlichen Verschuldung aber ausgeschieden sind, haben den negativen Basiseffekt des pandemiebedingten Booms im zweiten Quartal überwunden, und auf absehbare Zeit droht keine Patentklippe.

Bei DKSH lockt die Aussicht auf stetig steigende Dividende

Wie Roche war DKSH lange in der Schweizer Auswahl vertreten, schied aber im März 2023 wegen des schwachen Buchwertwachstums aus. Das Traditionsunternehmen hilft Herstellern beim Vertrieb ihrer Produkte hauptsächlich in Asien. Die Zürcher erzielen zwar nur hauchdünne Margen, wegen der geringen Kapitalintensität aber eine hohe Kapitalrendite. Grosse Kurssprünge sind zwar nicht zu erwarten, dafür trumpft DKSH mit einer stetig steigenden Dividende auf.

SFS ist schon seit längerem in der Schweizer Auswahl vertreten. Gemäss Martin Lehmann von 3V Asset Management sei die Integration des Münchner Werkzeughändlers und -herstellers Hoffmann, die der Industriezulieferer Ende 2021 angekündigt hatte, abgeschlossen, und das Geschäft des frühzyklischen Unternehmens werde als Erstes wiederbelebt, sollte die Konjunktur anziehen. Zudem ist die Vergleichsbasis im ersten Halbjahr nicht allzu anspruchsvoll.

Das Geschäft von Sulzer läuft derzeit in allen drei Geschäftsbereichen – Pumpen, Unterhalt und Chemtech – gut. Dank gefüllter Auftragsbücher sollte sich daran in den nächsten sechs bis neun Monaten wenig ändern, wie Teilnehmer der letztwöchigen Baader-Helvea-Konferenz berichten, an der sich die wichtigsten Schweizer Unternehmen den Investoren präsentierten. Damit scheint auch die Guidance für das laufende Geschäftsjahr ungefährdet zu sein. Zu reden gibt höchstens das Doppelmandat von Suzanne Thoma, die sowohl Verwaltungsratspräsidentin ist als auch der Geschäftsleitung vorsteht.

In den USA kommt es zum Wiedersehen mit Regeneron

In den USA schaffen 72 Unternehme alle Hürden, nach 69 bei der letzten Ausmarchung. Unter den zwanzig Aktien mit der höchsten Ausschüttungsrendite kommt es zum Wiedersehen mit dem Biotech-Titel Regeneron Pharmaceuticals, der sich an die Spitze der Rangliste setzt:

Die Aktien von Regeneron kamen im Spätsommer unter Druck, weil die Verkäufe der hoch dosierten Version des Augenheilmittels Eylea enttäuscht haben. Dazu kommt die zunehmende Konkurrenz durch Biosimilars. Profitieren könnten die Titel, wenn sich die Angst vor Eingriffen der Trump-Regierung ins US-Gesundheitswesen als übertrieben erweist.

Die Bewertung notiert nach der Korrektur mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16 auf Basis des für das laufende Jahr geschätzten Gewinns um rund 40% unter dem Zehnjahresmedian von 19,4, und auch die Rendite des freien Cashflows – ebenfalls auf Basis der Schätzung für das laufende Jahr – von 8,2% ist attraktiv. Gemäss den Analysten von Wells Fargo werden die Onkologiepipeline und das Vermarktungspotenzial des Hautkrebsmittels Libtayo nicht eingepreist, obwohl sich beide positiv auf das laufende Geschäftsjahr auswirken könnten. Zudem wird Regeneron im zweiten Semester spätklinische Ergebnisse zu einer Antikörpertherapie gegen die chronische Lungenerkrankung COPD präsentieren.

Kein Neueintritt unter den zwanzig günstigsten US-Werten

Keinen Neueintritt gab es unter den zwanzig günstigsten US-Qualitätsaktien. Die Auswahl wird weiterhin von Finanz-, Öl- und Hausbauvaloren dominiert:

Die jüngsten Auswechslungen haben die Konjunkturabhängigkeit der Auswahl mit Ausnahme von STMicroelectronics nicht erhöht. Dennoch bleibt sie stark zyklisch und würde unter einem Abgleiten der Weltwirtschaft in eine Rezession leiden. Auch eine Fortsetzung des Hypes um künstliche Intelligenz würde auf der Performance lasten, weil zunehmend Geld aus Old-Economy-Branchen abgezogen und in die (vermeintlichen) Gewinner aus dem Tech-Sektor umgeschichtet würde. Andererseits bieten gerade wirtschaftlich schwierige Zeiten die besten Gelegenheiten für den Einstieg in konjunktursensitive Werte.

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