Einen «Fun Car» für eine Viertelmillion Franken, einen limitierten Ferrari 812 Competizione oder ein Museum für 140 Oldtimer: Schwerreiche Autoliebhaber stehen vor anderen Fragen als Besitzer von Normalwagen. Für Besitzer von Classic- und Luxuswagen hat Beat Imwinkelried ein Family-Office gegründet.

Eine Viertelmillion Franken. So viel hat der neue Besitzer für den dunkelgrauen Aston Martin DBS Coupé aus dem Jahr 2019 bezahlt. Zum Zeitpunkt des Gesprächs steht der Wagen im ersten Stock des Showrooms neben einem grosszügigen Esstisch. «Morgen holt der Käufer das Auto ab. Wie immer feiern wir auch diesen Abschluss mit einem speziellen Essen, das unser Koch für die Käufer mit ihren Familien kreiert», erklärt Beat Imwinkelried von B. I. Collection der «NZZ am Sonntag».

Eingeladen hat er in sein neuestes Autohaus im sankt-gallischen Niederwil. Mit den üblichen Verkaufsflächen von Autohändlern hat dieses wenig gemein. Das moderne Flachdachgebäude, das Imwinkelried Anfang 2022 von Aston Martin St. Gallen übernommen hat, erinnert an ein Museum. Der für das Publikum zugängliche Innenbereich ist von Stein, Holz und Glas dominiert und könnte ein Boutique-Hotel sein.

Auf der grossen Fläche werden gerade einmal zehn, vielleicht zwölf Autos präsentiert. Jedes einzelne ist wie ein Kunstwerk in einer Galerie platziert, viel Licht fällt durch die grossen Fenster und das Glasdach. Gut sichtbar ist in der Ferne der Appenzeller Hausberg Säntis.

Imwinkelried konzentriert sich auf Marken des obersten Luxussegmentes. Ausser mit Neuwagen handelt er auch mit Occasionen, darunter Aston Martin, Bugatti, Maserati und Mercedes-Benz, aber auch weniger bekannte Klassiker wie De Tomaso und Zagato.

Enge Orientierung am Kunstmarkt

Das derzeit aussergewöhnlichste Auto im Showroom ist ein zweitüriges Koenigsegg-Coupé. Vor zwanzig Jahren betrug der Neupreis rund 600 000 Franken, der heutige Besitzer will 2,5 Millionen Franken. Den hohen Preis erklärt Imwinkelried mit der sehr aufwendigen Produktion der Carbon-Aussenhaut, beim ausgestellten Modell in Violett. Von dieser CCX-Version wurden zwischen 2006 und 2010 nur gerade 49 Fahrzeuge gebaut.

Rare und begehrte Autos könnten über die Jahre massive Wertzuwächse verzeichnen, genauso wie Engagements in Kunst, erläutert Imwinkelried. Der gebürtige 57-jährige Walliser ist Kunstliebhaber, den Kunstmarkt beobachtet er genau, denn «dieser ist dem Automarkt weit voraus». Sammler von Kunst waren denn auch eine Inspiration für sein neuestes Projekt. So gründete er im Januar das Car Collector’s Family Office, ein Familienbüro für Classic- und Luxuswagen.

Sehr reiche Familien bündeln ihre Vermögen oft in einem Family-Office. Von hier aus werden dann alle Vermögenswerte betreut, also Immobilien, Kunstsammlungen, Fuhrparks inklusive Flugzeugen und Schiffen und natürlich das Bargeld und die Wertpapiere aller Familienmitglieder.

Bild links: Der Car-Safe im Keller von Niederwil. Bild rechts: Das Emblem vom Koenigsegg auf der Carbon-Motorhaube.

Das von Imwinkelried gegründete Family-Office soll einen umfassenden Service für die spezifischen Bedürfnisse reicher Sammler von Luxuswagen bieten. Ein solches Büro gebe es hierzulande noch nicht und wohl ebenso wenig in Europa, meint er. Der Service umfasst die Betreuung und Beratung von Sammlern rund um Suche, Haltung und Weitergabe der Autos an die nächste Generation. Typisch sind beispielsweise Reparatur, Wartung und das Bewegen der Fahrzeuge durch seine Mechaniker, rund achtzig Mitarbeitende arbeiten für ihn.

Der grosse Schritt zum Autoliebhaber

«Die initiale Idee für das Family-Office entstand aus der langjährigen Beobachtung meiner Kunden», erinnert sich Imwinkelried. Am wenigsten anspruchsvoll sei der Lifestyle-Kunde. Dieser kaufe sich einen teuren Wagen als «Fun-Car», zum persönlichen Vergnügen. Ein solcher Kunde wolle vielleicht einen Porsche 911 Targa, ein klassisches Lifestyle-Auto, zum Preis von maximal 240 000 Franken. «Wir suchen das Auto und schliessen den Prozess mit dem Verkauf ab», schildert Imwinkelried.

Deutlich anspruchsvoller ist der Aficionado. Autoliebhaber sind meist Teil einer Gemeinschaft mit anderen Aficionados, viele fuhren oder fahren Autorennen. Und sie seien bestens informiert, «oft sogar besser als meine Mitarbeiter», sagt Imwinkelried. «Ein Liebhaber will immer das neueste und beste Auto auf dem Markt, Abschreiber interessieren ihn nicht, was diesen Kundentyp sehr anspruchsvoll, aber natürlich auch äusserst dankbar für uns macht», urteilt Imwinkelried.

Liebhaber sind anspruchsvoller als Lifestyle-Kunden. Sie wollen immer das neueste und beste Auto auf dem Markt.

Der Schritt vom Lifestyle-Kunden zum Aficionado ist gross. Denn die begehrten limitierten Sondermodelle könnten nicht einfach gekauft werden, nur weil ein Interessent sehr vermögend sei, erklärt Imwinkelried. Er verweist auf das System von Luxusmarken wie Hermès. Auch hier brauche die gewöhnliche Millionärin oft Jahre allein dafür, überhaupt auf die Warteliste für eine der begehrten Kulttaschen wie die Kelly- oder die Birkin-Bag zu gelangen.

Das sei bei Ferrari ähnlich. «Ferrari hat ein weltweites, sehr ausgeklügeltes Ranking-System», erklärt Imwinkelried. Nur jemand, der bei Ferrari bereits eine Geschichte habe, sprich bereits sechs oder sieben Modelle der Marke gekauft habe, erhalte überhaupt die Chance, ein limitiertes Sondermodell wie den Ferrari 812 Competizione zu kaufen. Der italienische Luxuswagenhersteller mit dem Emblem des Cavallino Rampante, des sich aufbäumenden Pferdchens, speise eine Datenbank, die weltweit alle Käufe und Verkäufe von Ferraris registriere.

Die mit Abstand aufwendigste Kategorie bilden die Sammler. «Jeder Sammler hat mit wenigen Autos angefangen. Oft waren dies richtige Liebhaberwagen, die jemand in- und auswendig kannte», führt Imwinkelried an. Fangen die Sammlungen an zu wachsen, von einigen wenigen auf Dutzende oder gar mehrere hundert Wagen, gehen das dann aber die meisten Käufer immer professioneller an.

«Ich stehe für Emotionen und für Luxusgefühl»

Imwinkelried kümmert sich seit zwei Jahren nur noch um solche Sammler. «Täglich habe ich mit sehr spannenden Menschen aus aller Welt zu tun», beschreibt er die Hauptattraktion seines Berufes. Interessant ist aber auch sein eigener Werdegang. «Der Verkauf war immer eine Stärke von mir, als Ingenieur war ich schlecht», sagt er.

So absolvierte er an der ETH ein Studium in Maschinenbau, danach hängte er noch ein Vollzeit-MBA in Lausanne an. Die nächsten zehn Jahre verkaufte er für ABB Gasturbinen-Kraftwerke auf der ganzen Welt. «Es war die Zeit der Liberalisierung im Energiebereich. Und meine Kunden waren wie ich. Sie interessierten sich weniger für die technischen Details als dafür, wie die Projekte finanziert werden konnten», erinnert sich Imwinkelried. Das sei heute noch so, er stehe für das Erlebnis, das Luxusgefühl, die Emotionen. Das Innenleben eines Porsches kenne er nicht, dafür seien seine Mechaniker da.

Ins Autogeschäft rutschte er durch einen rückblickend fast absurd wirkenden Zufall. Imwinkelrieds Vater war Finanzchef bei der alteingesessenen Opel-Garage Grosspeter AG in der Region Basel. «Eines Tages wandte sich der Besitzer an meinen Vater und sagte ihm, er brauche dringend einen Nachfolger, wenn er einen wisse, dann würde er diesem die Garage verkaufen.» Denn die drei Töchter des Besitzers interessierten sich nicht für Autos und besassen nicht einmal einen Führerschein, erzählt er. So wurde Imwinkelried im Alter von 36 Jahren Besitzer einer Autogarage.

In den kommenden Jahren lernte er viel und probierte einiges aus. Der Trend aber ging klar in eine Richtung: weg von tieferpreisigen Autos aus dem Massensegment wie Opel, Honda, Citroën und Volkswagen, hin zu den exklusiven Ferrari, Bugatti, Mercedes, Porsche und Aston Martin. Heute ist er unter anderem offizieller Partner von Porsche, Bugatti, Aston Martin und Ferrari. Mit seiner B.-I.-Collection-Gruppe hat er Standorte in Basel, Zürich, Gstaad und verfügt zudem über zwei Zollfreilager, in denen Sammler ihre Autos möglichst ohne Verzollung zwischenlagern, bevor sie zum Feriendomizil in Südfrankreich oder zur nächsten Auktion in London transportiert werden.

Kinder wollen keine alten Autos mehr

Täglich gelangen Kunden mit neuen Anliegen an ihn. Gerade wollte ein Klient aus Kasachstan für seine Sammlung von 140 russischen Oldtimern ein Museum gründen. «Ich riet ihm davon ab. Museen sind sehr teuer, und das öffentliche Interesse an solchen Autos ist wohl zu gering», erzählt Imwinkelried.

Kurz vor dem Gespräch mit dieser Zeitung besuchte er eine Auktion in Monaco. Er habe dort einmal mehr gesehen, dass die jüngere Generation einen ganz anderen Geschmack habe. Die Erben seiner Sammlerkunden interessierten sich nicht mehr für Vorkriegsautos wie Rolls-Royce, Bentley oder Mercedes aus den dreissiger Jahren. Nachgelassen habe auch die Nachfrage nach Autos aus den 60ern und 70ern. Dagegen immer mehr gefragt seien Sportwagen von Porsche, Ferrari und Mercedes aus den 80ern und 90ern.

Bild links: Interieur eines Aston Martin Vintage V600 aus dem Jahr 1999. Bild rechts: Ein Porsche Targa GTS 992.

B. I. Collection betreut insgesamt mehrere tausend Kunden, gut 150 von ihnen sind Sammler. Diese besitzen zwischen 5 und 200 Autos, 90 Prozent seiner Kunden sind Männer. Weit über die Hälfte ist über 70, ein Teil über 80 Jahre alt. Die meisten dieser reifen Sammler beschäftigt, was mit ihrer Autosammlung passieren wird. Werden die Autos von der nächsten Generation noch gefahren, oder muss eine Sammlung aufgelöst werden?

Die wahren Schätze stehen dann hermetisch abgeriegelt tiefer unten, in den dunklen Kellergeschossen.

Sicher ist, dass diese Autos «kein totes Kapital sind, sondern Wert haben», führt Imwinkelried aus. Er bietet deshalb auch die Bewertung von Sammlerautos an, beispielsweise zwecks Aufnahme eines Bankkredites. «Wir arbeiten mit der Bank CIC zusammen, für diese bewerten wir Sammlungen, die als Grundlage für einen Kredit dienen können.»

Das legendärste Auto vor Ort

Die wahren Schätze der B. I. Collection stehen denn auch nicht im Showroom, sondern tiefer unten, in den Kellergeschossen. Der sogenannte Car-Safe in Niederwil ist hermetisch abgeriegelt und nur durch eine Tür betretbar. Hier werden bis zu 89 Luxusautos von Sammlern aufbewahrt. In Begleitung darf die «NZZ am Sonntag» den Car-Safe kurz betreten. Nach dem Eintritt in den Raum fällt als Erstes die Anordnung der Autos auf, sie sind wie im Autotheater im Verkehrshaus Luzern in die Höhe und in Reihen auf Schienen sortiert.

Mit dem vorderen Wagen gewann Michael Schumacher beim Grossen Preis von Belgien am 30. August 1992 sein erstes Formel-1-Rennen.

Zum Zweiten fällt sofort das Atmen schwer. Im Car-Safe herrscht ein Sauerstoffgehalt von noch 13,8 Prozent, was einer Höhe von etwa 3800 Metern über Meeresspiegel entspricht. Feuer kann sich bei dieser Luftzusammensetzung nicht entwickeln, Streichhölzer und Fahrzeuge funktionieren nicht. Als zusätzlicher Schutz vor einem Brand ist die Luft im Parkhaus entfeuchtet.

Anfassen ist strengstens verboten, ausnahmsweise dürfen dann aber, nach Absprache mit dem Besitzer, die wohl legendärsten Autos vor Ort fotografiert werden. Sie fallen sofort ins Auge, die beiden Formel-1-Wagen von Benetton. Beim vorderen ist die Motorenabdeckung lesbar, «Schumacher» prangt darauf. Mit diesem Auto gewann Michael Schumacher beim Grossen Preis von Belgien am 30. August 1992 sein erstes Formel-1-Rennen.

Besitzer der Formel-1-Wagen ist Patrick Harmuth, ihm gehören drei der Benetton-Formel-1-Fahrzeuge, mit denen Schumacher seine ersten Rennen in der Königsklasse gewann. Harmuth ist selbst ein leidenschaftlicher Rennfahrer und fährt so ziemlich alles, was schnell ist. In der Seniorenklasse fährt er Meisterschaften mit Gokart KZ, zudem Formel-1- und Formel-3-Rennen, 2022 und 2023 gewann er die Maxx Formula in der Kategorie Advance GP2 mit 610 PS und 640 kg.

2016 begann Harmuth, Autos zu sammeln, aus Leidenschaft, wie er auf Anfrage schreibt: «Ich liebe Autos und Rennsport.» Die drei Benetton-Autos seien alle fahrbar, schreibt er weiter, er selber ist bereits mit einem einmal gefahren. Die Benetton-Autos von Schumacher erkennen Fans weltweit. Das dritte steht denn auch derzeit im Schlumpf-Museum in Mülhausen, der Cité de l’automobile. Die beiden anderen sind seit Januar 2024 in Niederwil, weil Harmuth in die Schweiz gezogen ist. Für beide Autos lägen ihm bereits interessante Angebote vor, sagt Harmuth.

Zum Abschluss lädt Imwinkelried zu Sushi und Salat ein, Leidenschaft und Beruf verpflichten. Danach fährt er mit seinem Aston Martin DB12 zu seinem nächsten Termin.

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