Samstag, April 19

Nach Konfitüre und Tee verkauft Meghan von Sussex nun Selbstoptimierung.

Jetzt verkauft sie Selbstoptimierung. Meghan von Sussex lässt nicht locker, die Welt soll sie auf keinen Fall vergessen. Gerade hat sie für Netflix eine Kochshow produziert, und schon legt sie mit einer Podcast-Serie nach, «Confessions of a Female Founder». Darin philosophieren Unternehmensgründerinnen mit ihr über ihre Berufserfahrungen, die im Titel als «Bekenntnisse» hochgejazzt werden.

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Die Duchess wäre nicht die Duchess, wenn es dabei nicht auch um sie selbst ginge. Mit ihrer Netflix-Serie und ihrer Marke «As ever», die Produkte wie Konfitüre, Tee und getrocknete Blüten verkauft, versteht sich die ehemalige Schauspielerin nun vor allem als «entrepreneur», wie sie in ihrem Podcast erklärt. Ihre Interviewpartnerinnen sollen zugleich ihre Ratgeberinnen sein.

Ratgebersprech zwischen Freundinnen

Ihre erste Gesprächspartnerin ist Whitney Wolfe Herd, die sich als Gründerin und CEO der frauenorientierten Dating-App Bumble mit ihrer Geschäftsidee Milliarden erarbeitete. Heute gehöre sie zu Meghans engsten Freundinnen. Die beiden sprechen dieselbe Sprache. Und verständigen sich in Redewendungen, wie sie in Ratgebern und Social-Media-Kanälen gerade hoch im Kurs stehen. Die Ausdrucksweise dieser beiden Frauen suggeriert eine Welt, in der alles gut oder ins zumindest Positive umdeutbar ist.

Sie setzen «self care» und «das Wachstum des Selbst» immer an die erste Stelle. «Energie ist alles», sagt Wolfe Herd, und es komme nicht auf das Ergebnis an, sondern allein auf den «Prozess». All dies ist nicht neu, aber die nahtlose Dichte, mit der solche Wörter hier aneinandergereiht werden, raubt einem den Atem. Wenn Meghan etwa die aus zwei Söhnen und einem Ehemann bestehende Familie von Wolfe Herd als «energetischen Kreis des Gegenteils der toxischen Maskulinität» beschreibt. Oder wenn Whitney Wolfe Herd erzählt, wie sie in einer Krisensituation einen Brief an sich selbst verfasste, der eine Liebeserklärung an das Gute in ihrem Leben enthalten habe. Das ist natürlich begrüssenswert und vielleicht sogar von durchschlagender Wirkung, speziell wenn man Wolfe Herds professionelle Erfolgsbilanz betrachtet.

Ob Wolfe Herd ihren eigenen Weisheiten beim Aufbau ihres Milliardengeschäfts gefolgt ist, lässt sich im Detail nicht so genau überprüfen. Ihre Wortwahl – und die der Duchess – dürfte aber zielsicher auf den Geschmack ihres Publikums abgestimmt sein. Denn beide sind Geschäftsfrauen genug, um abzuschätzen – oder per Marktforschung zu wissen –, was ihre Kundinnen hören wollen. Damit sind sie nicht allein. Die Schauspielerin Gwyneth Paltrow vertreibt mit ähnlichem verbalem Gestus seit Jahren sehr erfolgreich Lifestyle-Produkte.

Überirdische Seelenruhe

Der Spott, den sie für ihr salbungsvolles Marketing erntet, schadet dem Geschäft nicht. Was zählt, ist die Behauptung einer geradezu überirdischen Seelenruhe und einer eisern erkämpften moralischen Überlegenheit gegenüber einer Kundschaft, die sich beides mit dem Kauf der jeweils angepriesenen Produkte zu erwerben verspricht.

Meghans Podcast ist letztlich nichts als eine Plattform zur Darstellung der beteiligten Personen, die sich selbst im bestmöglichen Licht präsentieren. Die Selbstoptimierung, deren höchste Stufe die Gesprächspartnerinnen erreicht zu haben glauben, versprechen sie grosszügig mit ihren Kundinnen zu «teilen». «‹As ever› ist mehr als eine Marke – es ist eine Sprache der Liebe.» So bewirbt die Duchess ihre 14 Dollar teuren Marmeladen und acht weitere kleine Produkte auf ihrer Website.

Im Podcast geht sie noch einen Schritt weiter und sagt, «As ever» sei die Erweiterung ihres Wesens – «the extension of my essence». Dabei besteht ihre Kernkompetenz darin, Aufmerksamkeit in Dollars umzumünzen.

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