Freitag, Oktober 18

Jahresbericht und strategische Ziele der neuen Grossbank haben die hohen Erwartungen der Investoren nicht erfüllt. Den UBS-Aktien stehen nun härtere Zeiten bevor.

UBS-Konzernchef Sergio Ermotti hat am Dienstag in routinierter Weise den Finanzbericht für das vergangene Geschäftsjahr vorgestellt. Den ganzen Tag, ab morgens um 6 Uhr, hat er am Hauptsitz der Bank an der Zürcher Bahnhofstrasse 45 versucht, die Fortschritte der Grossbank bei der Integration der CS in bestem Licht darzustellen: «2023 haben wir grosse Fortschritte bei der Umsetzung unserer Pläne gemacht», sagte er vor Finanzanalytikern. Die UBS habe zudem erfolgreich Kundengelder und somit das Vertrauen zurückgewonnen.

Die Aussagen sind korrekt, doch die Börse hatte das Verdikt zum Jahresbericht schnell gefällt. Bereits nach Handelsstart verloren die UBS-Aktien rapide an Wert. Auch während der Ausführungen Ermottis zum strategischen Plan für die kommenden drei Jahre und die präzisierten Finanzziele haben sich die Aktien nicht erholt. Schliesslich gingen sie am Dienstag mit einem Minus von mehr als 4 Prozent aus dem Handel – so viel haben die Titel seit der akuten Phase der CS-Krise Mitte März vergangenen Jahres nicht mehr verloren an einem Handelstag.

So entwickelt sich der Aktienkurs der UBS

Aktienkurs der UBS, Tagesschlusskurse in Franken

1

Übernahme der CS durch die UBS wird angekündigt (19. März 2023)

2

CS-Übernahme wird vollzogen (12. Juni 2023)

3

Rückgabe der Staatsgarantie (11. August 2023)

4

Entscheid Integration CS Schweiz (31. August 2023)

Weg zur Profitabilität wird länger und steiniger

Was ist geschehen? Die Börsenprofis gingen mechanisch vor. Selbst unter Ausschluss diverser Sondereffekte verfehlte der Vorsteuergewinn der Bank die Prognosen der Finanzanalytiker deutlich. Für manche bereits ein Verkaufssignal. Sogar die Profis haben unterschätzt, wie teuer die Übernahme der CS die UBS zu stehen kommt. Eine finanzielle Kennzahl, welche die stark gestiegen Kosten der Integration veranschaulicht, ist das Verhältnis von Kosten zu Ertrag: Diese ist von 99,5 Prozent Ende September auf 105,7 Prozent Ende Jahr geklettert. Das heisst, die UBS gibt momentan pro eingenommenen Franken mehr als einen Franken aus. Der Weg zu nachhaltiger Profitabilität wird länger und steiniger, als viele denken.

Die UBS-Spitze war sich im Klaren, dass die nackten Finanzzahlen enttäuschen würden. Um die Investoren bei der Stange zu halten, sind Kapitalrückführungen ein beliebtes Mittel. So entschied Ermotti, dass die Dividende anzuheben und auch das Aktienrückkaufprogramm über eine Milliarde Dollar wieder aufzunehmen sei – doch erst später im Jahr, wenn die rechtliche Fusion abgeschlossen ist. Diese als Schmankerl für die Aktionäre gedachten Massnahmen haben ihre Wirkung verfehlt und konnten nicht über unbefriedigendes Zahlenwerk hinwegtrösten.

Aber auch die in Aussicht gestellte «neue UBS», die nach Abschluss der Integration deutlich profitabler sein soll, vermochte die Phantasie der Investoren nicht anzuregen. Dank der grösseren Kundenbasis, die die UBS in drei Jahren haben will, wäre die Bank in der Lage, «nachhaltig höhere Renditen zu erzielen».

Ermottis «Ambition» kann nicht überzeugen

Als «Ambition» hat Ermotti zudem eine Kapitalrendite von 18 Prozent formuliert, aber das erst 2028, wobei unklar ist, ob er dann überhaupt noch im Amt ist. Bis 2026 blieb das Renditeziel mit 15 Prozent jedenfalls unverändert. Stand heute ist die UBS angesichts der eingefahrenen Verluste noch gar nicht in der Lage, eine positive Kapitalrendite zu erzielen. Doch was heute ist, interessiert Investoren wenig. Sie interessieren sich für die Zukunft – und die von Ermotti gezeichnete Zukunft scheint trotz neuer «Rendite-Ambition» nicht zu überzeugen.

Bei spontanen Marktreaktionen spielt Spekulation eine wichtige Rolle. So ist unklar, wer sich von UBS-Titeln getrennt hat, zumal Gewinnmitnahmen zu diesem Zeitpunkt für kurzfristig orientierte Investoren sinnvoll sein können. Seit der CS-Übernahme haben die UBS-Aktien rund 40 Prozent gewonnen. Doch das starke Momentum, das die UBS-Aktien nach der Notrettung antreibt, könnte sich abschwächen. Erste Banken wie Citigroup oder RBC haben ihre Kursziele bereits gesenkt.

Gemäss Michael Klien, Bank-Analytiker bei der Zürcher Kantonalbank, seien die Erwartungen an die Ergebnisse sehr hoch gewesen: «Dass der Aktienrückkauf nicht sofort beginnt und das Renditeziel nicht bereits 2026 nach oben korrigiert wurde, hat viele enttäuscht», sagt er. Dass UBS mit dem Aktienrückkauf zuwartet und als Grund die rechtliche Fusionierung der UBS mit CS-Gesellschaften angibt, hat verunsichert. Dem Vernehmen nach sorgt dieser juristische, also vermeintlich bürokratische Vorgang auch innerhalb der UBS für Kopfzerbrechen. Entscheide über die Weiterführung, Fusionierung oder Abwicklung von Hunderten CS-Einheiten müssen gefällt werden.

Die rechtliche Fusion ist ein Risiko, das viele nicht auf dem Radar hatten. Hinzu kommt, dass die Bank auch operativ nicht überzeugen konnte. Vor allem in der globalen Vermögensverwaltung – dem Kerngeschäft der UBS – haben sich die Zuflüsse von Kundengeldern verlangsamt, obwohl die Bank grossen Aufwand betrieben hat, um die nach der Übernahme verlorengegangenen CS-Kunden zurückzugewinnen. Das Ergebnis für die Sparte Vermögensverwaltung: Kosten steigen, Erträge stagnieren.

Eher überraschend ist, dass die nach oben korrigierte Rendite-Aussicht nicht verfangen hat. Gemäss Klien sei die neue Rendite-Ambition indes nur als «Vorschau» auf das nächste Kapitel der UBS zu sehen. Erst nach abgeschlossener Integration werde der Fokus auf der Verbesserung der Profitabilität liegen.

Konkurrenz macht Druck auf UBS

Der Druck auf die UBS-Spitze, beim Renditeziel nachzubessern, war nach den Aussagen von UBS-Präsident Colm Kelleher am WEF in Davos, wonach es dort Luft nach oben gebe, gross. Er machte aber auch klar, dass die Bank nicht zu viel versprechen wolle. Dennoch könnte die Aussage des neuen Morgan-Stanley-CEO, Ted Pick, ebenfalls eine Rolle gespielt haben: Er bekräftigte ein Renditeziel von 20 Prozent. Kelleher hat vor der UBS drei Jahrzehnte bei Morgan Stanley an der Wall Street verbracht.

UBS liegt bewertungsmässig hinter der US-Konkurrenz

Preis-Buch-Verhältnis der Aktien

Die Reaktion auf das UBS-Ergebnis muss auch im Licht der Resultate anderer Banken gesehen werden. Nicht nur amerikanische Institute wie JP Morgan haben zuletzt starke Finanzzahlen vorgelegt. Auch in Europa stehen andere Bankaktien, etwa die italienische Unicredit, höher in der Gunst der Investoren – auch dank sehr grossen Kapitalrückführungen an die Aktionäre. Solche Massnahmen kommen an der Börse gut an und helfen, die Aktienbewertung nach oben zu treiben.

Einen ersten Schub bei der Bewertung haben die UBS-Aktien bereits hinter sich, doch nun fehlt es an Kurstreibern. «Jetzt fängt die harte Arbeit für die UBS erst richtig an», sagt Klien. In den nächsten Monaten könne man nicht von gleichen Kursavancen wie in der Vergangenheit ausgehen. Auch wenn langfristig viel Potenzial in den Aktien stecke. Am Mittwoch ging es für die UBS-Aktien jedoch weiter abwärts.

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