Freitag, April 18

Der wichtigste Banker des Landes spricht vor der Zürcher FDP – und überrascht mit deutlichen Aussagen.

Eigentlich war Sergio Ermotti eingeladen, um über die Bedeutung des Zürcher Bankenplatzes zu sprechen. Über die 44 000 Bankangestellte, die im Raum Zürich arbeiten. Über die 25 Milliarden Franken Steuern, welche die Grossbanken und ihre Mitarbeiter in den letzten zehn Jahren in der Schweiz gezahlt haben. Über den neuen UBS Campus, gestaltet von Herzog & de Meuron, der am Paradeplatz entsteht.

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Doch am Ende des Anlasses der Zürcher FDP blieben vor allem Ermottis Worte über das Thema der Stunde – Trumps Zölle – in den Köpfen hängen. «Ich hätte nie gedacht, dass es so ausser Kontrolle gerät», sagte der UBS-Chef am Dienstagabend vor rund 200 freisinnigen Parteimitgliedern. Trump habe von einem «Liberation day» gesprochen, als er die Zölle verhängt habe, tatsächlich sei es ein «Unsicherheits-day» geworden. Und diese Unsicherheit werde bleiben.

Die Schweiz wurde mit einem Tarif von 31 Prozent belegt. Die Möglichkeit, dass der Bund kurzfristig eine Lösung mit der amerikanischen Regierung finde, verortete Ermotti bei lediglich 20 bis 30 Prozent. Dass die Situation weiter ausser Kontrolle gerate, sei hingegen wahrscheinlicher – «bei über 50 Prozent». Man bereite sich auf alle Szenarien vor.

Zu erwarten sei eine Stagflation in den USA, in der Schweiz könnte es zu einer Rezession kommen. «Wir werden nun getestet mit etwas, das viele noch nie erlebt haben», sagte Ermotti. Für ihn sei es nicht die erste heikle Situation in seinem Berufsleben. «Es ist schon meine 16. Krise», sagte er. Viele Zuschauer im Saal wussten nicht so recht, ob sie lachen sollten.

In den kritischen Dialog treten

Dass der wichtigste Banker des Landes der Zürcher FDP an einer Delegiertenversammlung spricht, ist keine Selbstverständlichkeit. In den letzten Jahren ist die Beziehung zwischen Finanzindustrie und Freisinn abgekühlt.

Mit der Internationalisierung des Bankenwesens nahmen immer mehr ausländische Kaderleute die wichtigen Management- und Verwaltungsratsposten ein. Der Bezug zur Scholle, zu den einstigen Netzwerken in Zürich und der Schweiz, ging verloren.

Das sei ein Grund gewesen, weshalb er Ermotti eingeladen habe, sagt Filippo Leutenegger auf Anfrage. «Die Banken haben sich von der Politik entfernt», sagt der Zürcher FDP-Präsident. Das sei bedauerlich, denn so entstünden Vorurteile. Ermotti habe die Chance genutzt, sich vor den FDP-Delegierten einem kritischen Dialog zu stellen. Das sei gut angekommen, gerade auch bei Parteimitgliedern, die zuvor Vorbehalte gegen die Einladung gehabt hätten.

Der frühere Moderator Leutenegger befragte Ermotti in alter «Arena»-Manier. Auch unangenehme Themen wie jene der Entschädigungen sprach er an. Der UBS-CEO verdiente für das vergangene Jahr knapp 15 Millionen Franken. «Viele Leute, auch in der FDP, verstehen solch hohe Bezüge nicht und sind sauer, trotzdem wollen sie keinen Lohndeckel», sagte Leutenegger.

Ermotti sprach davon, dass die Vergütungen bei der UBS einen «Nachhaltigkeitsfaktor» hätten, der Grossteil des zugesprochenen Geldes werde erst in den folgenden Jahren ausbezahlt. Grundsätzlich befände man sich bei den Löhnen in einem internationalen Wettbewerb. «Wollen wir die besten Leute?» Diese Frage müsse man sich stellen. Er selber habe einst mit einem Lehrlingslohn von 350 Franken im Monat begonnen.

Nicht weiter ins Hintertreffen geraten

In seiner Rede sprach Ermotti davon, den «proaktiven Dialog» zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft pflegen zu wollen. Das tut der Tessiner zurzeit etwa, wenn in Bern über eine schärfere Bankenregulierung im Nachgang des CS-Aus verhandelt wird.

Seit der Finanzkrise 2007 habe die UBS ihre Risiken «massiv reduziert». Weitere Erhöhungen der Kapitalanforderungen, wie sie diskutiert werden, würden laut Ermotti der Wettbewerbsfähigkeit schaden. Sie würden zusätzliche Kosten für die Kunden verursachen und in weniger Steuereinnahmen resultieren. Zürich befinde sich in einem aggressiven Wettbewerb mit anderen wichtigen Finanzzentren wie Singapur oder Hongkong. «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht noch weiter ins Hintertreffen geraten – aus Selbstzufriedenheit oder weil manche denken, wir können und wissen es besser als die anderen.»

Ermotti schloss seine Ausführungen mit einer liberalen Note: «Wenn wir uns darauf verlassen, dass der Staat und die Regulierung alles richten, wissen wir, wo das endet.» Die FDP-Delegierten quittierten es mit freundlichem Applaus.

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