Freitag, Dezember 27

Sechs Serientipps der Redaktion, die weder belehren noch herausfordern noch gross berühren wollen – und genau deshalb perfekt sind für die ruhigen Tage zwischen Weihnachten und Silvester.

Herzerwärmend ohne Kitsch: «Mütter der Pinguine» auf Netflix

Der siebenjährige Sohn der Mixed-Martial-Arts-Kämpferin Kama fliegt von der Schule – er hat ein anderes Kind angegriffen. Bald wird die Diagnose Autismus gestellt. Kama fällt es schwer, diese anzunehmen. In seiner neuen Schule mit integrativem Konzept treffen sie und Jaś auf andere Kinder mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen – und deren Eltern.

Die polnische Serie schafft es, sie liebevoll und auch immer wieder sehr lustig zu begleiten, ohne ins Kitschige abzudriften. Dafür sorgt auch der inklusive Cast, in dem Kinder mit und ohne Behinderung spielen.

«Mütter der Pinguine», 6 Folgen auf Netflix.

Tipp von Malena Ruder

Kleine, heitere «Verdauerli» mit 3-D-animierten Tieren: «Athleticus» auf Arte TV und Youtube

Allerlei exotische Tiere erlebt man in dieser Zeichentrickserie – hautnah und wie man sie noch nie gesehen hat: Schildkröte, Nashorn, Giraffe, Elefant. In Sportwettkämpfen messen sie sich in den unterschiedlichsten Disziplinen, mal im Hochsprung, mal an der Reckstange oder gar mal beim Bogenschiessen.

Vertigo!  | Athleticus SEASON 3 |  Cartoon in English

Die 3-D-animierten Protagonisten wirken dabei lebensecht; Farben, Licht und Kulisse sind ebenso wie Schnitt und Ton in surrealer Manier gestochen scharf hochstilisiert. Das hebt die jeweilige Absurdität und Situationskomik umso besser hervor. Die Episoden dieser Serie in drei Staffeln sind nicht abendfüllend, sind sie doch nur rund dreiminütige Clips, zu sehen auf Arte und dem eigenen Youtube-Kanal – kleine, heitere «Verdauerli» für zwischendurch oder als «Bettmümpfeli» vor der Nachtruhe.

«Athleticus» läuft auf Arte TV und auf Youtube.

Tipp von Kim Dang

Wer braucht schon Superkräfte: «Extraordinary» auf Disney+

In einer fiktiven Welt, in der alle mit achtzehn Jahren wie von Zauberhand eine Fähigkeit erlangen – mehr oder weniger nützliche wie fliegen, alles in ein PDF verwandeln oder Menschen mit nur einer Berührung zum Orgasmus bringen –, gehört die 25-jährige Jen zu den Spätzünderinnen. Ihre Superkraft hat sich bisher nicht gezeigt. Mit schmalzigen Aussagen wie «Vielleicht liegt die wahre Kraft darin, man selbst zu sein?» versuchen sie ihre Freunde zu trösten. Mit mässigem Erfolg. Dazu kämpft Jen mit einem deprimierenden Job, einem noch deprimierenderem Liebesleben (ihre Situationship stiehlt sich fliegend aus dem Fenster, während Jen auf der Toilette sitzt und gemeinsame Pläne schmiedet) und einer ichbezogenen Persönlichkeit, die ihr ständig im Weg steht.

Doch auch ihre drei Freunde stecken mitten in einer Quarterlife-Crisis – obwohl sie ihre Superkraft schon gefunden haben. Jens Mitbewohnerin und beste Freundin Carrie etwa kann Tote durch sich sprechen lassen. Das hat sie aber nicht weiter gebracht als in eine schäbige Anwaltskanzlei, wo über Testamente gestritten wird. Als ob das nicht frustrierend genug wäre, verlässt sie dazu noch ihren Freund, weil sie sich durch ihre Gabe in einen Künstler aus der Renaissance verguckt hat.

Wie wohl die allermeisten Endzwanziger, Anfangsdreissiger – wie ich – warten die Protagonistinnen und Protagonisten dieser britischen Comedy-Serie ständig auf etwas Besseres; die grosse Karriere, den tieferen Lebenssinn, die eine Bestimmung, die grosse Liebe. Alle ringsherum scheinen alles zu bekommen, man selbst bleibt auf halber Strecke stecken. Das Tröstende daran, anderen bei diesem Struggeln zuzuschauen, ist, dass man plötzlich erkennt: Niemandes Leben läuft so glatt, wie es von aussen wirkt, und kein Mensch hat wirklich alles im Griff – nicht einmal die mit Superkräften.

«Extraordinary», zwei Staffeln auf Disney+.

Tipp von Sonja Siegenthaler

Romantisch und humorvoll: «Nobody Wants This» auf Netflix

Die Serie erzählt eine ungewöhnliche Liebesgeschichte: Joanne, die mit ihrer Schwester einen Sex-Podcast betreibt, trifft auf den Rabbiner Noah, der aus einem konservativen Umfeld stammt und in seiner Gemeinde eine Vorbildfunktion innehat. Trotz ihren unterschiedlichen Welten verbindet die beiden vor allem ihr Sinn für Humor. Gemeinsam versuchen sie, ihre Beziehung – trotz äusseren Hindernissen – auf ihre eigene Weise zu führen. Dabei brechen sie traditionelle Rollenmuster auf: Noah zeigt grosse Feinfühligkeit, während Joanne durch ihre direkte Art besticht.

Die Serie bietet viele humorvolle Momente, bleibt leicht, regt aber auch zum Nachdenken an – die perfekte Unterhaltung also für die besinnliche Zeit zwischen den Jahren.

«Nobody Wants This», 1. Staffel mit 10 Folgen auf Netflix.

Tipp von Valentina Winkler

Trash-Reality-Serie, die dennoch entspannt: «Real Housewives of Beverly Hills» auf Netflix

Bis heute habe ich keine einzige Staffel der Trash-Reality-Serie «Real Housewives of Beverly Hills» verpasst. Wer die Real Housewives nicht kennt, und das werden die meisten von sich nach aussen behaupten: Es geht um ein paar mehr oder weniger reiche Frauen, die angeblich befreundet sind – oder auch verwandt –, und deren Beziehungen untereinander.

Thematisiert wird unter dem immer mal wieder wechselnden Cast alles, was andere vielleicht eher für sich behalten würden. Wie teuer die Häuser sind, in denen sie leben, welche Schönheitseingriffe sie hinter sich haben, und auch die ernsteren Themen wie Alkoholsucht haben Platz. Es wäre falsch zu behaupten, dass es in dieser Serie entspannt zugeht. Erst recht, da die Protagonistinnen seit den letzten Staffeln eigentlich nur noch untereinander streiten und in ihren Luxuskleidern immer unmöglicher aussehen, nichts daran wirkt, als stehe es noch in irgendeinem Verhältnis zur Realität.

Aber es ist wohl das, was Entspannung in mir auslöst. Zu wissen, dass ich Freundinnen habe, mit denen ich mich noch nie derart mies und respektlos in einem Restaurant benommen habe. Dass ich nicht in Highheels durch die Gegend stöckeln und jeder sagen muss, wie «amazing» sie aussieht, wenn ich sie treffe. Zu wissen, dass wir durchaus andere Gespräche haben als diese, wirkt beruhigend.

Kommt hinzu, dass man bei dieser Serie nie etwas verpassen kann. Während die «Real Housewives» laufen, kann ich kochen, essen, an meinem Smartphone herumspielen, ohne dass ich den Anschluss verlieren würde. Denn eigentlich passiert immer nur eines: Sie reisen, streiten, versöhnen sich wieder, und schon ist die nächste Staffel vorbei.

«Real Housewifes of Beverly Hills», 24 Folgen auf Netflix.

Tipp von Kerstin Netsch

Für die gute Laune: «Ted Lasso» auf Apple TV+

Ein amerikanischer Coach, der keine Ahnung von Fussball hat, landet bei einem britischen Premier-League-Team. Klingt wie der Anfang eines schlechten Witzes, ist aber eine Serie, die das Herz des Publikums im Sturm erobern kann. «Ted Lasso» ist witzig, klug und überraschend warmherzig, ohne ins Kitschige abzudriften.

Jason Sudeikis spielt den Titelhelden mit Schnauzbart, Selbstironie und der Gabe, selbst die miesepetrigsten Briten aus der Reserve zu locken. Die Serie bietet bissige Dialoge, schräge Figuren und jede Menge gute Laune – perfekt, um den Kopf auszuschalten und trotzdem was fürs Herz zu haben.

«Ted Lasso», drei Staffeln auf Apple TV+.

Tipp von Simone Lo Bartolo

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