Ein albanischer Hilfskoch wird wegen Diebstahls gefeuert. Er hatte sich Gourmettempelsalz auf seine Pausenbrot-Eier gestreut. Musste der Chef deshalb sterben?

Wer ist der erstochene Mann zwischen den Mülltonnen? Hatte er nicht gerade erst einen Auftritt in der Prominenten-Tratschsendung des Fernsehens? Die Frau im Polizeibus ist seine Witwe und schaut recht unverwandt zu Boden. So beginnt der neue Wiener «Tatort». Er heisst schlicht «Messer», hat aber nicht einmal geschliffene Dialoge zu bieten.

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Die klassische Frage bei einem Mord: Gab es Feinde? In diesem Fall hatte der Ermordete definitiv mehr Feinde, als seiner Gesundheit zuträglich sein konnte. André Brauer (Daniel Keberle) war Chefkoch eines Nobelrestaurants. Bekannt dafür, das untergebene Personal zu quälen und unerbittlich zur Arbeit anzutreiben. Die Ehefrau (Martina Ebm), die auch als Geschäftsführerin des Lokals firmierte, musste sich seine amourösen Affären gefallen lassen.

Schneidfähige Kochutensilien konfiszieren

Als Souschef diente eine Art Ziehsohn des Toten: gedemütigt, ausgelaugt, unter einem Aneurysma im Gehirn leidend. Sein Bruder will ihn zur Operation überreden, aber da ist nichts zu machen. Lars (Simon Morzé) schiebt weiter seine Sechzehn-Stunden-Schichten im Restaurant. «Wir sind ausreserviert!», brüllt er den Kommissaren entgegen, als die erst einmal alle schneidfähigen Kochutensilien konfiszieren wollen, um nach Spuren zu suchen.

In «Messer» haben alle ein Motiv. Man ist fast schon froh, dass die beiden Wiener Ermittler Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) nicht als Täter in Betracht kommen. So können sie so sorgenvoll schauen wie immer.

Dieser «Tatort» könnte eine Koch-Show der etwas anderen Art sein. Gourmetpersonal am Rande des Nervenzusammenbruchs, ein erstochener Chef und am Ende auch noch ein abgefackeltes Restaurant. Aber die Geschichte zieht sich anderthalb Stunden hin.

Weder ist der Fall besonders interessant noch das Milieu, in dem er sich zuträgt. Man sieht den blitzenden Edelstahl einer High-End-Küche und von Adrenalin und Drogen aufgeputschte Konkurrenzverhältnisse. Das alles ist auf bizarre Weise übertrieben und hat auch noch eine sozialkritische Note, mit der mögliche Mordmotive angedeutet werden.

Eine junge Frau aus der Kochbrigade war Übergriffen Brauers ausgesetzt. «Sexuelle Belästigung in der Gastro ist so alltäglich wie Zwiebelschneiden», sagt sie desillusioniert. Ein albanischer Hilfskoch wurde wegen Diebstahls gefeuert. Er hatte sich Gourmettempelsalz auf seine Pausenbrot-Eier gestreut. Und dann ist da noch der Bruder von Lars, der sich «Ratte» nennt und von Manuel Sefciuc gespielt wird.

Er hat eine Junkie-Vergangenheit hinter sich, hat aber sein Aggressionsproblem noch nicht abgelegt. Verbittert sitzt Frau Brauer abends allein zu Hause, denn nach Feierabend zieht die Kochbrigade noch durch die Klubs. In der Nacht des Mordes hat das Opfer 1,8 Promille Alkohol im Blut und auch eine gehörige Dosis Kokain.

Gespräche im Rumstehen über den Dächern Wiens

Lustlos arbeiten sich Eisner und Fellner durchs Drehbuch (Sarah Wassermair). Weil es der Sache an Handlung fehlt, führen sie ihre Gespräche im Rumstehen oder Rumsitzen. Über den Dächern von Wien, was immerhin einen schönen Panoramablick ergibt, oder auf den leeren Rängen eines Fussballplatzes.

Privatmenschliches gibt es da auch zu bereden. Bibi Fellner ist nahe am Burnout und möchte in ruhigere Zonen der kriminalistischen Arbeit wechseln. Moritz Eisner muss ihr zuraten und darf gleichzeitig nicht verbergen, wie schmerzlich diese Trennung für ihn wäre.

Einen richtigen Showdown hat dieser «Tatort» nicht. Wenn am Ende einer der vielen Verdächtigen auch als Täter feststeht, nimmt man das gleichgültig zur Kenntnis. Zum Grübeln ist eher die Frage, warum die Witwe des Toten am Ende das Restaurant anzündet. Und wer sich dessen scheusslichen Namen «Efeukron» ausgedacht hat.

«Tatort» aus Wien: «Messer». Sonntag, 20.05 / 20.15 Uhr, SRF 1 / ARD.

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