Freitag, Oktober 4

Apollo Quiboloy war der «spirituelle Berater» des früheren Präsidenten Rodrigo Duterte und hat Millionen von Anhängern auf der ganzen Welt. Der neue Staatschef, Ferdinand Marcos, lässt ihn festnehmen.

Der selbsternannte Sohn Gottes und Führer der Erweckungsbewegung Kingdom of Jesus Christ versteckte sich tagelang in seinem Luxusanwesen in der Provinzmetropole Davao. Seine Anhänger schirmten das Gelände mit Barrikaden und Körpereinsatz vor den angerückten Sicherheitskräften ab. Am Sonntagabend ist der surreale Spuk zu Ende gegangen: Flankiert von betenden und singenden Jüngern, hat sich der 74-jährige Apollo Quiboloy der Polizei ergeben. Er wurde umgehend nach Manila ausgeflogen und inhaftiert.

Ein Sektenguru mit politischer Macht

Dem Prediger und spirituellen Manipulator, der auf eine Gefolgschaft von mehreren Millionen Anhängern rund um den Globus blickt, werden unter anderem sexueller Missbrauch, darunter Vergewaltigung von minderjährigen Mädchen, das Betreiben eines weltweiten Sexrings mit Handel von Frauen und Kindern, Ausbeutung und Veruntreuung von Spendengeldern vorgeworfen. In den USA gehört er seit 2021 zu den vom FBI gesuchten Personen. Bisher musste Quiboloy aber weder mit einer Verhaftung noch mit der Auslieferung an die Vereinigten Staaten rechnen.

Nun hat sich das Blatt gewendet. Unter wachsender Beweislast und – vermutlich – auf Druck der USA haben die philippinischen Behörden durchgegriffen. Das bunkerähnliche Anwesen, zu dessen weitläufigem Umfeld ein riesiges Stadion und ein Flugfeld gehören, ist von etwa 2000 Polizisten umstellt und belagert worden. Nachdem ein Ultimatum verstrichen war, rückte die Polizei vor. Bei Handgemengen mit Quiboloys Jüngern sollen etwa sechzig Personen verletzt worden sein.

Während die Detailbeschreibungen der Vorwürfe gegen ihn eindeutig und pikant sind, bleibt offen, wie hart man in Manila mit dem charismatischen Prediger aus Mindanao ins Gericht gehen wird. Äusserungen des Staatspräsidenten Marcos deuten darauf hin, dass sich die philippinische Justiz selbst des Falles annehmen wird. Das könnte durchaus auch politische Gründe haben: Die Anhängerschaft von Sekten wie des Kingdom of Jesus Christ oder der Gruppe Iglesia ni Cristo geht in die Millionen und folgt in der Regel auch den politischen Wahlempfehlungen ihrer spirituellen Führer.

Der Katholizismus, der vor über 500 Jahren auf dem Archipel Fuss fasste, ist nämlich nicht nur tief in der philippinischen Identität verankert, er hat auch eine bunte Vielfalt an christlichen Sekten und verweltlichten Glaubensrichtungen hervorgebracht, die ihre politische Macht ungeniert zur Schau stellen. So auch das Kingdom of Jesus Christ von Apollo Quiboloy: Der frühere Präsident Rodrigo Duterte, der ebenfalls aus Davao stammt, das Land bis Mitte 2022 regiert hat und bekanntlich weder vom Papst noch vom Katholizismus viel hielt, stand Apollo Quiboloy sehr nahe. Im Gegenzug konnte er bei Wahlen auf dessen Jünger zählen.

Die Fehde zweier Herrschaftsdynastien

Eine ungewöhnliche politische Komponente kommt der Verhaftung von Apollo Quiboloy noch aus einem anderen Grund zu: Sie verschärft die Rivalität zwischen der alteingesessenen Marcos-Dynastie und der vergleichsweise politisch noch jungen Duterte-Familie. Die eine stellt derzeit mit Ferdinand Marcos den Staatschef, die andere mit Sara Duterte die Vizepräsidentin, die in den vergangenen Tagen – wie schon ihr Vater – Quiboloy in Schutz genommen hat.

Damit ist auch endgültig klar, wie tief inzwischen der Riss in der Zweckallianz von Ferdinand Marcos und Sara Duterte geht. Die beiden Familien brauchten einander vor zweieinhalb Jahren für den Wahlsieg. Die Allianz brachte den Marcos auf der einen Seite die Rehabilitierung, für Rodrigo Duterte auf der anderen im Zusammenhang mit dem Drogenkrieg juristischen Schutz vor Strafverfolgung. Darüber hinaus gibt es derzeit kaum noch gemeinsame Interessen.

Dieser seltsamen Konstellation im Regierungspalast in Manila wächst gar noch eine geopolitische Komponente zu. Während Rodrigo Duterte in seiner sechsjährigen Amtszeit spektakulär die Annäherung an China probte und die USA wortstark hinauskomplimentierte, pflegt Ferdinand Marcos nun wieder (wie seinerzeit sein Vater) den Schulterschluss mit Amerika.

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