The Market zeigt monatlich die Schweizer Unternehmen, die im Fokus der Leerverkäufer stehen. Diese setzen darauf, dass die Aktienkurse sinken werden. Im Mai stehen drei neue Unternehmen auf ihrer Liste.

Im Juni haben die Short-Seller ihre Leerverkaufspositionen tendenziell erhöht. Unverändert an der Spitze steht weiterhin DocMorris, gefolgt von Idorsia. Neu auf dem Podest findet sich Meyer Burger. Den Wiedereinstieg schafft Sensirion, neu unter den zehn am stärksten leerverkauften Aktien taucht Leonteq auf, und der Wetteinsatz gegen Komax steigt um 20%.

Short-Seller leihen sich Aktien aus, verkaufen sie am Markt und hoffen, sich später günstiger wieder mit den Titeln einzudecken, um sie dem Eigentümer zurückzugeben. Die Differenz aus dem Verkaufs- und dem Rückkaufkurs ist ihr Gewinn.

In der Schweiz werden die Short-Positionen nicht offiziell erfasst. The Market präsentiert deshalb im Monatsrhythmus Erhebungen von S&P Global Market Intelligence. Der Datenanbieter trägt das Volumen der ausgeliehenen Aktien zusammen.

DocMorris

Wie im vergangenen Monat belegt auch im Juni DocMorris den Spitzenplatz unter den am meisten leerverkauften Schweizer Aktien. Nachdem im Mai die Positionen gegen die Versandapotheke kräftig auf mehr als ein Drittel aller ausstehenden Aktien ausgebaut worden waren, blieb die Ausleihquote in diesem Monat nahezu stabil.

Die offensive M&A-Strategie hat DocMorris in den vergangenen Jahren viel Geld gekostet. Immer wieder musste das Unternehmen frisches Kapital aufnehmen. Fast das Genick brach der Gesellschaft die strategisch riskante Entscheidung, voll auf rezeptpflichtige Medikamente und damit auf das E-Rezept in Deutschland zu setzen. Der Aktienkurs verlor zwischenzeitlich mehr als 90% an Wert.

Erst durch den Verkauf des Schweizer Geschäfts an Migros konnte die drohende Pleite abgewendet und das Vertrauen an der Börse langsam zurückgewonnen werden. Seither hat sich der Aktienkurs mehr als verdoppelt, im Mai sowie im Juni hat er allerdings wieder nachgegeben. Das Misstrauen vieler Anleger ist geblieben, wie auch die Short-Positionen zeigen.

Die Onlineapotheke muss beweisen, dass sie ihre Prognose erfüllen und einen genug grossen Marktanteil im Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten gewinnen kann.

DocMorris hat allerdings auch Wandelanleihen ausstehend. Damit gibt es ausser der Spekulation auf einen sinkenden Kurs noch einen technischen Grund, Leerverkaufspositionen in den Aktien einzugehen: Wandelanleihen enthalten neben dem Zinscoupon eine Aktienkomponente. Investoren, die diese angesichts der starken Kursausschläge neutralisieren wollen, verkaufen die Aktien leer – ohne dabei aus Überzeugung auf einen sinkenden Kurs zu setzen. Dieser Mechanismus gilt ebenfalls für Idorsia und Basilea, deren Valoren die Plätze zwei und acht der grössten Short-Positionen einnehmen.

Idorsia

Unter massivem Druck steht derzeit Idorsia. Der Kurs des unprofitablen Biotechunternehmens sinkt seit Jahren, die Gesellschaft hat bereits gegen 90% ihres Börsenwerts eingebüsst. Dennoch haben die Short-Seller im Juni ihre Leerverkaufsposition weiter auf über 19% aller Aktien ausgebaut.

Der Grund, weshalb die Short-Seller so stark auf einen weiter sinkenden Kurs von Idorsia setzen, ist einfach: Das Unternehmen verbrennt viel Geld – und dieses droht ihm auszugehen.

Ende März hatte Idorsia nach Verkäufen von Unternehmensteilen zwar 335 Mio. Fr. in der Kasse. Das Management erwartet allerdings für das Geschäftsjahr 2024 einen operativen Verlust von 340 Mio. Fr. Ohne zusätzliche Finanzmittel wird das Unternehmen nicht über das Jahresende hinaus liquide bleiben.

Meyer Burger

Meyer Burger war bis im März viele Monate in der Top Ten der Shorts – von November bis Februar gar an deren Spitze. Während der Kapitalerhöhung im April nahmen die Aktien jedoch eine kurze Auszeit. Doch bereits im Mai war Meyer Burger wieder zurück und belegt im Juni nun den dritten Platz. Obschon die Aktien des Solarmodulherstellers allein seit Jahresbeginn 95% an Wert eingebüsst haben sind nun wieder knapp 12% all ihrer Aktien – 30% mehr als noch im Vormonat – in den Händen der Short-Seller, die auf einen weiter sinkenden Kurs setzen.

Meyer Burger ist zwar in einem scheinbar höchst attraktiven Themenfeld aktiv. Um den Klimawandel zu bekämpfen, braucht es Investitionen in erneuerbare Energien. Dabei lassen die Produktionsstätten in Europa und den USA den Hersteller von Solarpaneelen auch aus geopolitischen Überlegungen gut positioniert erscheinen.

Doch so einfach ist es nicht, in diesem Geschäft zum Erfolg zu gelangen: Seit mehr als zehn Jahren schreibt das Unternehmen Verluste.

Chinesische Billigkonkurrenz und ein Überangebot drücken im Solarmarkt auf die Preise und verhindern bisher, dass Meyer Burger auf einen grünen Zweig kommt.

Swatch Group

Seit März steht Swatch Group auf der Liste der zehn grössten Shorts. Nachdem Short-Seller ihre Positionen im Monat davor markant ausgebaut hatten, ist der Anteil ausgeliehener Aktien seither weitgehend konstant geblieben. Der Kurs kannte derweil weiterhin nur eine Richtung: nach unten.

Die Nachfrage im Luxusgütersegment bleibt schwach, insbesondere die Uhrenexporte nach China, von denen Swatch Group stark abhängig ist, sind in diesem Jahr deutlich rückläufig. Der französische Konzern Kering meldete entsprechend einen Umsatzeinbruch in Fernost. Auch Richemont schrumpfte im ersten Quartal, wenn auch nur leicht. Für das auf Uhren ausgerichtet Geschäft der Swatch Group verheisst das gleichwohl nichts Gutes. Dazu kommen europäische Zollschranken gegen chinesische Autoimporte, die China allenfalls mit Gegenmassnahmen auf europäische Luxusgüter kontern könnte.

Ausserdem leidet die Swatch Group unter der schwachen Führung. CEO Nick Hayek schaltet und waltet in Biel, wie er will. Einen effektiven, unabhängigen Verwaltungsrat gibt es nicht. Das belastet die ohnehin gedrückte Bewertung der Swatch-Group-Papiere zusätzlich.

SIG Group

Weiterhin den fünften Platz belegt im Juni die SIG Group. Die Wetten auf sinkende Kurse begannen, nachdem die Titel im vergangenen Jahr auf mehr als 25 Fr. zugelegt hatten – zu viel in den Augen der Short-Seller.

Grund für die Skepsis war die hohe Bewertung in Kombination mit einer Konsumflaute, die bei der Konkurrenz zu einer rückläufigen Nachfrage nach abgepackten Getränken führte, während gleichzeitig die Gewinnmargen von SIG durch Übernahmen belastet wurden. Hinzu kam, dass SIG ihre Zahlen jeweils stark bereinigt präsentiert – und sich damit in ein besseres Licht rückt, als es gemäss Rechnungslegungsstandard möglich wäre.

Im ersten Quartal 2024 hat SIG denn auch klar enttäuscht: Der Umsatz ging leicht, der Gewinn jedoch deutlich zurück. Dennoch erwartet CEO Samuel Sigrist, dass sich das Volumenwachstum im Laufe des Jahres beschleunigt und die Profitabilität in der zweiten Jahreshälfte vom Umsatzwachstum profitiert.

Gleichwohl ist der Kurs im Juni auf ein Vierjahrestief gesunken. Der Markt traut der versprochenen Erholung nicht. Im Vorfeld der Halbjahreszahlen liegt gar eine Gewinnwarnung in der Luft und es kursieren Gerüchte, der Stuhl des 2021 vom CFO-Posten zum CEO aufgerückten Sigrist wackle.

Komax

Kräftig ausgebaut haben die Short-Seller im Juni ihre Wetten gegen Komax. 7,4% aller ausstehenden Aktien sind in ihren Händen, 20% mehr als im Vormonat, und der Kursverlauf gibt den Leerverkäufern recht.

Die wachsende Dominanz der chinesischen Elektroautohersteller erschüttert derzeit die Lieferketten im Automobilsektor. Das trübt auch die Aussichten des Schweizer Herstellers von Maschinen zur Kabelverarbeitung, für den der Automobilsektor der wichtigste Abnehmer ist.

Letzte Woche musste Komax erneut eine Gewinnwarnung verschicken. Bereits seit Anfang Mai sind die Mitarbeitenden in der Produktion in Dierikon in Kurzarbeit, durchschnittlich zu etwa 30%.

Barry Callebaut

Seit Mai taucht Barry Callebaut unter den zehn am meisten leerverkauften Aktien auf und rückt im Juni um einen Platz auf Rang sieben vor.

Der hohe Kakaopreis – jüngst ist er allerdings wieder etwas zurückgekommen – gepaart mit der seit Anfang April gestarteten Trendwende im Aktienkurs haben bei den Short-Sellern Skepsis hervorgerufen. Dies vor dem Hintergrund einer Bewertung, die stattlich erscheint angesichts der langwierigen Restrukturierung, die der Schokoladenhersteller noch vor sich hat.

Auch The Market sieht Barry Callebaut derzeit im perfekten Sturm – deutet das mit Blick auf die lange Frist aber als Chance für einen Neueinstieg. Die kommenden Monate werden zeigen, wer Recht behalten wird.

Leonteq

Der einzige Neuzugang im Juni ist Leonteq. Mit einer auf 6% aller Aktien ausgebauten Wette setzen die Short-Seller darauf, dass der Kurs des Derivatehauses weiter sinkt. Im bisherigen Jahresverlauf haben die Titel 35% verloren.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Leonteq den Markt zweimal mit einer Gewinnwarnung aufgeschreckt. Letztendlich fiel der Gewinn mit 20 Mio. Fr. dann noch tiefer aus als zuletzt erhofft und die Dividende wurde auf 1 Fr. klar unter das in Aussicht gestellte Niveau von 2 Fr. gekappt.

Gleich beide Ertragsströme von Leonteq harzen derzeit. Die Volatilität ist so tief, dass ihr Absicherungsgeschäft kaum davon profitiert. Gleichzeitig halten sich die Kunden mit Engagements tendenziell zurück, was auch das Transaktionsgeschäft nicht in Fahrt kommen lässt.

Sensirion

Wie bereits im vergangenen Sommer, als Sensirion mit einer Gewinnwarnung aufgeschreckt hatte sowie nach der Publikation der Jahreszahlen im März setzen die Short-Seller nach einer Kurserholung im Juni nun erneut verstärkt darauf, dass die Titel wieder nachgeben werden.

Mit einer Ausleihquote von 5,4% ist der Sensorhersteller nach kurzer Abwesenheit wieder zurück unter den Top Ten.

Sensirion kämpft mit einer schwacher Nachfrage aufgrund unterschätzter und anhaltend hoher Lagerbestände bei den Kunden. Sie dürften erst Ende Jahr abgebaut sein. 2023 resultierte deswegen gar ein Verlust. Auch für das laufende Jahr erwartet das Management eine Marge von lediglich 5 bis 10% und damit nur die Hälfte dessen, was normalerweise drinliegt.

Ausgeschieden aus den zehn am stärksten leerverkauften Aktien sind im Juni übrigens Bachem und Swiss Steel.

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