Montag, Oktober 7

Wenn Leerverkäufer ein Unternehmen ins Visier nehmen, kann das ein Warnsignal sein. The Market zeigt regelmässig, wo diese Investoren an der deutschen Börse auf Kursverluste wetten. Diesmal im Fokus: Porsche, Thyssenkrupp Nucera und Hugo Boss.

Eigentlich haben die Leerverkäufer ihre Wetten am deutschen Aktienmarkt Anfang Oktober weiter ausgeweitet. Gegenüber dem Vormonat ist das hiesige Short-Volumen um knapp 6% auf 23,31 Mrd. $ gestiegen. Das ist der höchste Stand seit über einem Jahr, wie Zahlen des US-Finanzdatenanbieters S3 Partners zeigen, die The Market vorliegen.

Short-Seller verabschieden sich von Porsche

Doch beim bisherigen Spitzenreiter der am meisten leerverkauften Dax-Aktien haben die Short-Seller geradezu einen Exodus vollzogen. Die Ausleihquote bei den Aktien von Porsche hat sich innerhalb von nur vier Wochen von über 12% auf nur noch 3,2% nahezu geviertelt. Der Sportwagenhersteller leidet derzeit wie die gesamte europäische Autoindustrie unter einer schwächelnden Nachfrage in China sowie Lieferengpässen bei wichtigen Teilen.

Zudem führten u. a. Komplikationen bei der Software sowie Managementfehler zu Verzögerungen bei der elektrischen Variante des SUV-Kassenschlagers Macan – der erst jetzt, seit Ende September und nach über einem Jahr Verspätung, ausgeliefert werden kann. Dass die Leerverkäufer gerade jetzt ihre Wetten im grossen Stil glattstellen, könnte mit der lang ersehnten und nun erfolgten Einführung des Macan 4 Electric zusammenhängen.

UBS-Analyst Patrick Hummel rechnet mit weiteren Gewinnwarnungen im Autosektor, betont dabei aber, dass Porsche ausser Ferrari der einzige Autobauer sei, bei dem für 2025 ein Trend zum Gewinnwachstum erkennbar sei.

Leerverkäufer leihen sich Aktien, verkaufen sie am Markt und hoffen, sie später günstiger zurückkaufen zu können – um sie dann dem Eigentümer zurückzugeben. Geht die Wette auf, streichen sie die Differenz aus dem Verkaufs- und dem Rückkaufspreis als Gewinn ein. The Market beleuchtet regelmässig, gegen welche deutschen Aktien die grössten Short-Wetten laufen (die neuesten Short-Positionen unter den Schweizer Aktien finden Sie hier).

BMW im Visier der Leerverkäufer

Gegen einen anderen traditionsreichen Autobauer haben sich hingegen die Wetten erhöht. Bei BMW ist die Short-Quote auf 3,8% gestiegen, womit die Münchener in der Rangliste Porsche überholen und auf Platz vier vorstossen. Vor rund vier Wochen enttäuschte BMW die Börse mit einer Gewinnwarnung. Als Grund nannte der Autobauer Rückrufe und Auslieferungssperren bei 1,5 Mio. Fahrzeugen mit womöglich fehlerhaften Bremsen sowie eine weiter gedämpfte Nachfrage in China. Anfang August hatte das Management seine Ziele für 2024 noch bestätigt. Aus Sicht von The Market hat das Management damit viel Vertrauen verschenkt. Die Gewinnwarnung scheint jedenfalls mehr Leerverkäufer auf den Plan gerufen zu haben.

Neu in den Top Ten der Dax-Aktien sind neben Daimler Truck und Qiagen der Konsumgüterhersteller Henkel. Die Düsseldorfer kämpfen seit Jahren mit einem Gewinnrückgang; doch nach Einschätzung von The Markte könnte sich der Knoten bald lösen. Ausgeschieden aus den Top Ten sind Mercedes-Benz, Zalando und Covestro.

Thyssenkrupp Nucera weiter im Fokus

Am breiten Markt baut Thyssenkrupp Nucera ihre Spitzenposition aus. Mittlerweile sind knapp 38% der ausstehenden Aktien leerverkauft. Die Aktien der im Sommer 2023 via Spin-off an die Börse gebrachten Wasserstoffsparte von Thyssenkrupp befanden sich lange im Abwärtstrend, versuchen sich jedoch seit kurzem an einer Bodenbildung. Wenig helfen dürfte ein Bericht des «Handelsblatts» vom Montag, dass die Nucera-Mutter Thyssenkrupp die Umstellung ihrer Stahlhütten auf die Produktion von grünem Stahl mithilfe von Wasserstoff – ein milliardenschweres Vorzeigeprojekt – abbrechen könnte.

Mit dem geplanten Bau einer Direktreduktionsanlage sollte die Stahlerzeugung künftig dekarbonisiert werden. Ein Abbruch des Projekts würde die bereits gedämpfte Stimmung in der Wasserstoffbranche weiter verschlechtern. Nucera stellt Elektrolyseanlagen her, die zur Produktion von grünem Wasserstoff eingesetzt werden. Die jüngste vorsichtige Kurserholung droht damit in Gefahr zu geraten.

Deutlich zurückgegangen wiederum – von 22 auf unter 15% – ist die Ausleihquote bei Hugo Boss. Das Modeunternehmen war erst im vergangenen Monat in die Top Ten aufgestiegen und hatte es auf Anhieb auf Platz 3 geschafft. Bei Hugo Boss stottert der Wachstumsmotor: Nach einem Umsatzplus von 27% und 18% in den Jahren 2022 und 2023 dürfte sich der Zuwachs im laufenden Jahr auf höchstens 4% belaufen.

Gemäss Daten von Bloomberg hat das US-Investmenthaus SIH Partners LP seine zuvor massiv ausgebaute Short-Position gegen Hugo Boss Ende September um knapp 17% reduziert – auf nun noch 3,5 Mio. Aktien, was etwa 5% der ausstehenden Titel entspricht. Direkte Gründe für den Rückzug der Leerverkäufe sind nicht ersichtlich. Immerhin: Konzernchef Daniel Grieder hatte zuletzt Aktien im Wert von 1 Mio. € gekauft, wie am 20. September aus Stimmrechtsmitteilungen hervorging. Damit hat sich sein Aktienpaket um einen Viertel vergrössert.

Neu in den Top Ten am deutschen Aktienmarkt sind Salzgitter und Hellofresh, ausgeschieden sind dagegen BayWa und Fraport. Beim Flughafenbetreiber ist die Short-Quote von 14 auf nur noch 5,7% deutlich zurückgegangen. Der Konzern hat jahrelang in seine Infrastruktur investiert, was die Aktien unbeliebt machte – vom Corona-Schock haben sich die Titel nie richtig erholt. Doch jetzt ist ein Ende der Investitionen absehbar. The Market sieht gute Chancen, dass die Stimmung nun dreht und die Aktien den Abstand zum Überflieger-Titel Flughafen Zürich verringern können.

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