The Market zeigt monatlich die Schweizer Unternehmen, die im Fokus der Leerverkäufer stehen. Diese setzen darauf, dass die Aktienkurse sinken werden. Im Mai stehen drei neue Unternehmen auf ihrer Liste.
Die Short-Seller haben im Mai kräftig umgeschichtet. Zurück unter den am meisten leerverkauften Aktien befindet sich zum Monatsende Meyer Burger. Neu in der Top Ten sind zudem Swiss Steel und Barry Callebaut zu finden. Unverändert an der Spitze steht DocMorris.
Short-Seller leihen sich Aktien aus, verkaufen sie am Markt und hoffen, sich später günstiger wieder mit den Titeln einzudecken, um sie dem Eigentümer zurückzugeben. Die Differenz aus dem Verkaufs- und dem Rückkaufkurs ist ihr Gewinn.
In der Schweiz werden die Short-Positionen nicht offiziell erfasst. The Market präsentiert deshalb im Monatsrhythmus Erhebungen von S&P Global Market Intelligence. Der Datenanbieter trägt das Volumen der ausgeliehenen Aktien zusammen.
DocMorris
Wie im vergangenen Monat belegt auch im Mai DocMorris den Spitzenplatz unter den am meisten leerverkauften Schweizer Aktien. Gegenüber der letzten Erhebung haben sie ihre Positionen gegen die Versandapotheke gar erneut kräftig auf mehr als ein Drittel aller ausstehenden Aktien ausgebaut.
Die offensive M&A-Strategie hat DocMorris in den vergangenen Jahren viel Geld gekostet. Immer wieder musste das Unternehmen frisches Kapital aufnehmen. Fast das Genick brach der Gesellschaft die strategisch riskante Entscheidung, voll auf rezeptpflichtige Medikamente und damit auf das E-Rezept in Deutschland zu setzen. Der Aktienkurs verlor zwischenzeitlich mehr als 90% an Wert.
Erst durch den Verkauf des Schweizer Geschäfts an Migros konnte die drohende Pleite abgewendet und das Vertrauen an der Börse langsam zurückgewonnen werden. Seither hat sich der Aktienkurs mehr als verdoppelt, im Mai hat er allerdings wieder nachgegeben.
Das Misstrauen vieler Anleger ist geblieben, wie die Short-Positionen zeigen. Die Onlineapotheke muss beweisen, dass sie ihre Prognose erfüllen und einen genug grossen Marktanteil im Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten gewinnen kann.
DocMorris hat allerdings auch Wandelanleihen ausstehend. Damit gibt es ausser der Spekulation auf einen sinkenden Kurs noch einen technischen Grund, Leerverkaufspositionen in den Aktien einzugehen: Wandelanleihen enthalten neben dem Zinscoupon eine Aktienkomponente. Investoren, die diese angesichts der starken Kursausschläge neutralisieren wollen, verkaufen die Aktien leer – ohne dabei aus Überzeugung auf einen sinkenden Kurs zu setzen. Dieser Mechanismus gilt ebenfalls für Idorsia und Basilea, deren Valoren die Plätze zwei und sieben der grössten Short-Positionen einnehmen.
Idorsia
Unter massivem Druck steht derzeit Idorsia. Der Kurs des unprofitablen Pharmaunternehmens sinkt seit Jahren, das Unternehmen hat bereits 90% seines Börsenwerts eingebüsst.
Dennoch haben die Short-Seller im Mai ihre Leerverkaufsposition um weitere 8% auf fast 19% aller Aktien ausgebaut.
Der Grund, weshalb die Short-Seller so stark auf einen weiter sinkenden Kurs von Idorsia setzen, ist einfach: Das Unternehmen verbrennt viel Geld – und dieses droht ihm auszugehen.
Ende März hatte Idorsia nach Verkäufen von Unternehmensteilen zwar 335 Mio. Fr. in der Kasse. Das Management erwartet allerdings für das Geschäftsjahr 2024 einen operativen Verlust von 340 Mio. Fr. Ohne zusätzliche Finanzmittel wird das Unternehmen nicht über das Jahresende hinaus liquide bleiben.
Swatch Group
Seit März steht Swatch Group auf der Liste der zehn grössten Positionen. Nach dem Short-Seller ihre Position im Monat davor markant ausgebaut hatten, ist der Anteil ausgeliehener Aktien im April weitgehend konstant geblieben. Der Kurs kannte derweil weiterhin nur eine Richtung: nach unten.
Die Nachfrage im Luxusgütersegment bleibt schwach, insbesondere die Uhrenexporte nach China, von denen Swatch Group stark abhängig ist, sind in diesem Jahr deutlich rückläufig. Der französische Konzern Kering meldete entsprechend einen Umsatzeinbruch in Fernost. Auch Richemont schrumpfte im ersten Quartal, wenn auch nur leicht. Für das Uhrengeschäft der Swatch Group verheisst das nichts Gutes.
Swatch Group leidet zudem unter der schwachen Unternehmensführung. CEO Nick Hayek schaltet und waltet in Biel, wie er will. Einen effektiven, unabhängigen Verwaltungsrat gibt es nicht. Das belastet die ohnehin gedrückte Bewertung der Swatch-Group-Papiere zusätzlich.
Meyer Burger
Nachdem Meyer Burger bis im März viele Monate in der Top Ten der Shorts war – von November bis Februar gar an deren Spitze – sind sie im Mai bereits wieder zurück. Dies, obschon die Aktien des Solarmodulherstellers allein seit Jahresbeginn 85% an Wert eingebüsst haben. 9% all ihrer Aktien sind damit erneut in den Händen der Short-Seller, womit der Wiedereinstieg auf Platz vier gelingt.
Bei der Kapitalerhöhung im März waren die Leerverkaufspositionen zumindest soweit geschlossen worden, dass Meyer Burger aus den Top Ten gefallen war. Dies, weil die Aktionäre diese wohl zurückforderten, um ihre Stimm- und Bezugsrechte ausüben zu können.
Gemäss einem Marktteilnehmer liegt die Leihgebühr nun aber bei rund 25%. Bei diesem hohen Preis müssen die neuen Wetten gegen Meyer Burger von einer sehr grossen Überzeugung getragen sein, dass der Aktienkurs auch in Zukunft massiv weiter fallen wird.
SIG Group
Den fünften Platz belegt im Mai die SIG Group. Die Wetten auf sinkende Kurse begannen, nachdem die Titel im vergangenen Frühjahr mehr als 25% zugelegt hatten – zu viel in den Augen der Short-Seller.
Grund für die Skepsis war die hohe Bewertung in Kombination mit einer Konsumflaute, die bei der Konkurrenz zu einer rückläufigen Nachfrage nach abgepackten Getränken führte, während gleichzeitig die Gewinnmargen von SIG durch Übernahmen belastet wurden. Hinzu kam, dass SIG ihre Zahlen jeweils stark bereinigt präsentiert – und sich damit in ein besseres Licht rückt, als es gemäss Rechnungslegungsstandard möglich wäre.
Im ersten Quartal 2024 hat SIG nun erneut klar enttäuscht: Der Umsatz ging leicht, der Gewinn jedoch deutlich. Dennoch erwartet CEO Samuel Sigrist, dass sich das Volumenwachstum im Laufe des Jahres beschleunigt und die Profitabilität in der zweiten Jahreshälfte vom Umsatzwachstum profitiert.
Swiss Steel
Neu auf Platz sechs erscheint erstmalig Swiss Steel, mit einer Explosion der Leerverkaufsquote auf gegen 9%.
Der defizitäre Stahlhersteller hatte im März das Scheitern des Verkaufs von Unternehmensteilen bekanntgegeben, im April kam es zum Zerwürfnis mit Grossaktionär Peter Spuhler und im selben Monat unterstützte Mehrheitsaktionär Martin Haefner eine Kapitalerhöhung in Höhe von 300 Mio. Fr.
Damit ist Swiss Steel zwar vorerst finanziert. Die Short-Seller setzen aber offensichtlich vor allem darauf, dass dank der Kapitalspritze nun auch wieder Substanz vorhanden ist, die vernichtet werden kann, sprich: auf einen erneut sinkenden Kurs.
Barry Callebaut
Der dritte Neueinsteiger in diesem Monat ist Barry Callebaut auf Platz acht. Im Zuge der zuletzt guten Kursentwicklung haben die Short-Seller ihre Positionen auf zuletzt 6,8% ausgebaut.
Der hohe Kakaopreis – jüngst ist er allerdings wieder etwas zurückgekommen – gepaart mit der seit Anfang April gestarteten Trendwende im Aktienkurs rufen bei den Short-Seller offenbar zunehmend Skepsis hervor. Dies vor dem Hintergrund einer Bewertung, die stattlicher erscheint, insbesondere angesichts der langwierigen Restrukturierung, die der Schokoladenhersteller noch vor sich hat.
Auch The Market sieht Barry Callebaut derzeit im perfekten Sturm – deutet das mit Blick auf die lange Frist aber als Chance für einen Neueinstieg. Die kommenden Monate werden zeigen, wer Recht behalten wird.
Verabschiedet aus der Top Ten der am meisten leerverkauften Schweizer Aktien haben sich im Mai Santhera, U-Blox und Tecan.