Mittwoch, Oktober 2

Die Wirtschaft in den USA hat sich lange überraschend robust entwickelt. Doch seit einigen Wochen schwächen sich die Konjunkturdaten ab. Umso wichtiger wird der monatliche Arbeitsmarktbericht heute Freitag. Auf diese drei Trends werden die Finanzmärkte achten.

War da mal etwas von einer Rezession? Obschon Ökonomen und Wallstreet-Auguren Ende 2022 Amerika fast einhellig eine Rezession vorhersagten, expandiert die weltgrösste Wirtschaft anderthalb Jahre später noch immer.

Befürchtungen eines Abschwungs waren zwischenzeitlich sogar praktisch vollständig verblasst. Das Basisszenario für den Konsens ist derzeit eine weiche Landung, in der es der US-Notenbank gelingt, die Inflation unter Kontrolle zu bringen, ohne die Konjunktur abzuwürgen.

Seit einigen Wochen scheint sich aber etwas zu verändern. Ende Mai wurde die Schätzung zum US-Wirtschaftswachstum im ersten Quartal überraschend deutlich von 1,6 auf 1,3% nach unten revidiert. Dies, nachdem das Expansionstempo in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres ausgesprochen robuste 3,6% betragen hatte.

Auch andere Daten deuten auf eine Abschwächung hin. Der Citigroup Economic Surprise Index ist Anfang Mai unter null gefallen. Das bedeutet, dass die Zahlen zur US-Konjunktur schlechter ausfallen, als von Ökonomen im Vorfeld prognostiziert.

Signale für eine Abkühlung sind in den letzten Tagen ebenso aus der amerikanischen Industrie und aus dem Häusermarkt eingetroffen. An den Rohstoffmärkten haben die Preise für Öl und Kupfer korrigiert. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen, ebenfalls ein Indikator zur Konjunkturlage, ist gestern Donnerstag erstmals seit Anfang April unter 4,3% gefallen.

Risse tun sich nun möglicherweise auch am Arbeitsmarkt auf. Gemäss der im früheren Verlauf dieser Woche veröffentlichten Job Openings and Labor Turnover Summary, meist kurz «JOLTS Report» genannt, ist die Zahl der offenen Stellen im April weiter um 300’000 auf 8,06 Mio. gesunken. Das ist der niedrigste Wert seit Februar 2021.

Derweil nehmen die Anträge auf Arbeitslosenunterstützung zu. Wie das Department of Labor meldet, haben in der vergangenen Woche 229’000 Personen staatliche Hilfe beantragt. In der Vorwoche waren es 221’000. Ökonomen hatten mit 219’000 gerechnet. Der gleitende Durchschnittswert der letzten vier Wochen bewegt sich zwar noch immer auf relativ tiefem Niveau, tendiert seit dem Tief von Mitte Januar aber aufwärts.

Umso mehr Gewicht kommt dem monatlichen Bericht zum Arbeitsmarkt zu, der heute Nachmittag um 14:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit veröffentlicht wird. Die Daten dürften an der Sitzung der US-Notenbank von nächster Woche ein wichtiger Diskussionspunkt zur Zinspolitik sein. Auf diese drei Trends werden die Finanzmärkte besonders genau achten.

1) Stellenwachstum

Der Konsens erwartet, dass im Mai 185’000 neue Stellen hinzugekommen sind. Nach 175’000 im April wäre das ein leichter Anstieg.

Im längerfristigen Vergleich hat sich das Jobwachstum aber merklich abgeflacht. Das zeigt sich beim gleitenden Durchschnitt der letzten drei Monate.

Bemerkenswert ist, dass die Daten zum Jobwachstum seit der Pandemie praktisch immer besser ausgefallen sind, als von Ökonomen prognostiziert. Wie diese Grafik von Bianco Research zeigt, zählte der Arbeitsmarktbericht zum April zu den raren Ausnahmen, in denen die Zahlen negativ überraschten.

2) Arbeitslosenquote

Was die Arbeitslosenquote betrifft, wird für Mai mit einem unveränderten Niveau von 3,9% gerechnet. Das ist im historischen Vergleich nach wie vor aussergewöhnlich niedrig. Allerdings steigt die Quote seit dem Tief (3,4%) vom April 2023 an. Die US-Notenbank hat in ihrem letzten Konjunkturausblick Mitte März signalisiert, dass sie per Ende Jahr mit 4% rechnet.

3) Lohnentwicklung

Im Kampf gegen die Inflation behält das Fed vor allem auch die Entwicklung der Löhne genau im Auge. Sie sind im April im Vergleich zum März um bloss 0,2% gestiegen. Im Vorjahresvergleich betrug das Lohnwachstum 3,9%, was dem niedrigsten Stand seit Juni 2021 entspricht.

Während die Europäische Zentralbank diese Woche die Zinsen erstmals etwas gelockert hat, hält das Fed das Zielband für den Leitzins seit Juli 2023 unverändert auf 5,5%. Was für einen Einfluss könnten die Jobdaten vom Freitag also auf die Geldpolitik in den USA haben?

«Die Aussichten auf eine Verlangsamung der Neueinstellungen und zunehmende Entlassungen deuten darauf hin, dass das Beschäftigungswachstum im Lauf des Sommers auf unter 100’000 pro Monat sinken wird und möglicherweise sogar gegen null fällt», meint Ian Shepherdson vom Researchhaus Pantheon Macroeconomics. «Daher gehen wir davon aus, dass die heutigen Arbeitsmarktdaten für eine baldige Lockerung der Geldpolitik sprechen werden.»

Solche Erwartungen haben sich in diesem Zinszyklus allerdings bisher stets als verfrüht erwiesen. Noch Anfang Jahr ging der Konsens an den Finanzmärkten für dieses Jahr von fünf bis sechs Zinssenkungen in den USA aus. Aktuell indizieren die Futures-Märkte einen ersten Schritt Mitte September, wobei die Wahrscheinlichkeit dafür in den vergangenen Tagen gegen 70% gestiegen ist.

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