Sonntag, Januar 12

Rutschige Wege und tiefe Temperaturen stellen keinen Grund dar, im Winter auf Laufsport zu verzichten. Worauf zu achten ist.

Federnde Schritte im frischen Schnee, glitzernde Eiskristalle unter blauem Himmel oder kitschige Sonnenuntergänge: Laufsport im Winter kann märchenhaft anmuten. Doch auch Hochnebel mit Bise oder Graupel sind kein Grund, in der kalten Jahreszeit aufs Laufen zu verzichten. Im Gegenteil. Regelmässiges Joggen im Freien stärkt das Immunsystem und katapultiert einen in ein Stimmungshoch, das für Stunden anhält. Was es dazu braucht? Eine flexible Trainingsgestaltung, ein gutes Körpergefühl und eine angepasste Bekleidung.

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Zwei Faktoren machen das Laufen im Winter besonders herausfordernd: eisiger, unebener Untergrund sowie Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Diese Unannehmlichkeiten gilt es gegeneinander abzuwägen, so dass ein individuell optimales Training bei minimaler Verletzungsgefahr resultiert.

Umfänge im Winter anpassen

Joggen auf Schnee und Eis kann den Bewegungsapparat stark belasten. Sind Muskeln, Sehnen und Bänder anspruchsloses Vorwärtslaufen gewohnt, verlangen winterliche Verhältnisse dem ganzen Körper permanente 3-D-Bewegungen ab, um Unebenheiten abzufedern und ein Wegrutschen oder Einsinken aufzufangen.

Selbst erfahrene Trail-Runner, die wurzlige Pfade und holprige Wege gewohnt sind, klagen nach einem Longrun durch weisse Winterlandschaften gelegentlich über Muskelkater. Die erhöhten Anforderungen müssen in der Trainingsplanung berücksichtigt werden, indem die Umfänge den Verhältnissen angepasst und gegebenenfalls nach unten korrigiert werden.

Das Positive daran: Selbst wenn das Training auf Schnee kürzer ausfällt, stellen die ungewohnten Reize eine wertvolle Ergänzung im Bereich Koordination und Kräftigung dar, was am Ende auf das Konto der läuferischen Leistungsfähigkeit einzahlt.

Wie intensiv man auf winterlichem Untergrund unterwegs ist, hängt von der individuellen Leidensbereitschaft und der Verletzungsgeschichte ab. Läuft man im Winter hauptsächlich wegen der gesundheitlichen Vorteile und der Glücksmomente draussen, gibt man sich mit niedrigen bis mittleren Intensitäten zufrieden und achtet auf eine besonnene Routenwahl. Um Fehltritte und Verletzungen zu vermeiden, legt man unverhoffte Steilpassagen besser gehend zurück.

Wer sich im winterlichen Gelände sicher fühlt und Spass daran hat, absolviert einige Abschnitte in erhöhten Intensitäten, um unterschiedliche Trainingsreize zu schaffen. Nach einem gewissenhaften Aufwärmen oder einem ausgedehnten Einlaufen folgen kurze Fahrtspiele, Intervalle oder Steigerungsläufe, die sich unbedingt nach dem wahrgenommenen Wohlbefinden und nicht nach der Sekundenanzeige auf der Laufuhr richten sollen.

Tiefe Temperaturen können die sportliche Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen. Liegt die eingeatmete Luft zweistellig unter null, steigt das Risiko, dass die oberen Atemwege wie auch Nebenhöhlen und Bronchien bei starker Anstrengung gereizt reagieren. Wer diesbezüglich kaum Probleme bekundet, schützt Mund und Nase mit einem Schlauchtuch und vertraut auf sein Körpergefühl, das einen zur rechten Zeit massregelt. Im Zweifelsfall schaltet man einen Gang runter im Wissen, dass der Körper mehr Energie zur Aufrechterhaltung elementarer Funktionen benötigt und Kältestress den Sauerstofftransport beeinträchtigt, worunter Koordination und Schnelligkeit leiden.

Leicht fröstelnd loslaufen

Alle, die sehr empfindlich auf Kälte reagieren, sind vor dem Gang nach draussen minutenlang damit beschäftigt, sich angemessen zu kleiden. Einerseits gilt es zu verhindern, dass Finger und Zehen schmerzhaft einfrieren. Andererseits will die Ausrüstung so gewählt werden, dass kein Hitzestau die Leistung drosselt oder nasser Schweiss den Körper auskühlt.

Es lohnt sich, bei der untersten Bekleidungsschicht auf Merino-Produkte (nachhaltig und artgerecht produziert) zu setzen, welche die Haut trocken halten. Erst als zweite oder dritte Schicht kommen dann isolierende und wetterabweisende Textilien zum Einsatz. Wer beim Loslaufen leicht fröstelt, kommt erfahrungsgemäss gut über die Runden.

Und auch wenn sich mit passender Ausrüstung und überlegter Trainingsgestaltung viele gewinnbringende Lauftrainings in der Winterlandschaft realisieren lassen: Es ist keine Schande, einen Lauf abzubrechen oder aufs Laufband zu verlegen.


Schneeketten für Laufschuhe

Im Winter stellen Naturpfade zuweilen ein gefährliches Terrain dar. Sie sind uneben und ungleichmässig gefroren, verlangen Läuferinnen und Läufern eine enorme Körperbeherrschung ab und bergen ein hohes Verletzungsrisiko. In solchen Fällen tut passendes Schuhwerk not.

Auf Strecken ohne nennenswerte Steigungen mögen Trailrunning-Schuhe mit stark profilierten Sohlen genügen. Auf Eis verlangen sie allerdings nach kontrolliertem Auftreten, was einen vorsichtigen, langsameren Gang zur Folge hat. Ihr Vorteil: Wird der Weg plötzlich aper, lässt sich das Training nahtlos fortsetzen.

Laufschuhe mit in die Sohlen eingearbeiteten Spikes liefern starken Grip in eisigem oder matschig-rutschigem Gelände, bedeuten aber eine zusätzliche Anschaffung und eine vorausschauende Routenwahl, da Laufen auf Teer und Asphalt die Lebensdauer der Hartmetallstifte verringert.

Einen idealen Kompromiss bieten überziehbare Spikes, in deutschsprachigen Nachbarländern «Grödel» genannt. Im Outdoor-Fachhandel liegen sie in verschiedenen Ausführungen vor: als taillierte Gummisohlen mit punktuellen Metallstiften, die man für eher flachere Läufe über Eis und Schnee unter beliebigen Laufschuhen fixiert. Oder als veritable Schneeketten mit kurzen Metallzähnen, die an Mikro-Steigeisen erinnern.

Für ambitionierte Winter-Runs in coupiertem Gelände eignen sich die Schneeketten ganz besonders: Sie sind einfach anzuziehen, können dank geringem Gewicht und ebensolchem Packmass problemlos mitgeführt werden und punkten mit hervorragendem Halt und angenehmem Laufkomfort – selbst bei stark abschüssigen und vereisten Passagen sowie bei hohem Tempo.

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